11.42

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf als Kommunalsprecher mit meinem Redebeitrag einen Bereich ansprechen, der auch enorm unter der Teuerung und unter anderen Belastungen leidet. Ich lege den Fokus auf die Gemeinden und Städte und darf dabei gleich zu Beginn fest­halten, sehr geehrter Herr Bundeskanzler: Ohne die Gemeinden hätten Sie bei der Pan­demiebekämpfung längst kapitulieren und Ihr Versagen eingestehen müssen. Es waren und sind nämlich die Gemeinden, die seit Monaten den Job der Regierung machen und die, wenn es darauf ankommt, auch die Kohlen aus dem Feuer holen müssen (Beifall bei der SPÖ), und zwar genau dann, wenn die Bundesregierung – ein gutes Beispiel ist auch die oberösterreichische Landesregierung – massiv in Not gerät. Ich kann Ihnen eines sagen: Das alles ist nicht selbstverständlich und ist auf Dauer auch nicht mehr machbar, weil die Gemeinden – salopp formuliert – finanziell aus dem letzten Loch pfeifen.

Ein Beispiel dazu: Durch den Einbruch bei den Ertragsanteilen und durch Ausgabenstei­gerungen in vielen Bereichen – einer davon ist zum Beispiel der Gesundheitsbereich – sind die Gemeindefinanzen in eine extreme Schieflage geraten.

Um das Ganze zu untermauern, folgende Größenordnung dazu: Meine Gemeinde konn­te bis zur Pandemie immer ihren Haushalt ausgleichen. Im Voranschlag für 2022 steht jetzt ein Minus von rund 400 000 Euro, und das bei absolut sparsamer Haushaltsfüh­rung. Uns droht jetzt wie vielen anderen betroffenen Gemeinden der Status Härteaus­gleich-Gemeinde. Was heißt das? – Das heißt, es wird in unterschiedlichsten Bereichen Kürzungen geben: bei den Investitionen, bei der Instandhaltung, bei Förderungen, bei den Vereinen, bei Personal und bei vielem mehr. Das ist sicher kein Einzelschicksal, das wird viele Gemeinden hart treffen, und vor allem wird es die Bevölkerung in den Ge­meinden spüren – spüren müssen.

Die Regierung hat auf viel Drängen jetzt endlich reagiert. Sie verzichtet auf die Rückzah­lung von 275 Millionen Euro bei der – wenn man so sagen will – Vorschussmilliarde aus dem zweiten Gemeindehilfspaket. Ganz ehrlich: Herr Bundeskanzler, da gibt es von mir, da gibt es auch von uns lobende Zustimmung. Das ist eigentlich der richtige Ansatz, um unbürokratisch, schnell und direkt zu helfen. (Beifall des Bundesrates Raggl.)

Das haben wir als SPÖ seit Monaten gefordert. Es ist aber eben nur ein Ansatz und leider nicht genug. Wir brauchen schnell direkte Hilfe über Direktzahlungen. Was ma­chen Sie und Ihre Regierung jetzt, Herr Bundeskanzler? – Sie zwingen die Gemeinden aus meiner Sicht in einen inakzeptablen Wettbewerb, indem Sie uns gewünschte Impf­quoten wie eine Karotte vor die Nase halten und uns nur bei Erreichung dieser Quoten weitere Finanzmittel zusichern.

Es gibt dazu schon Berechnungen: In Oberösterreich würden sich von 438 Gemeinden derzeit nur 13 dafür qualifizieren. Dass Sie die Gemeinden einem direkten Druck ausset­zen, ist aus meiner Sicht völlig unfair. Wir sollen nämlich jetzt das schaffen, was Sie und Ihre Regierung bis jetzt nicht auf die Reihe gekriegt haben. Diese Kritik kann ich Ihnen leider nicht ersparen. Ich darf Sie bitten: Denken Sie ernsthaft über faire Alternativen nach! (Beifall bei der SPÖ.)

Was glauben Sie denn überhaupt, was wir bis jetzt in den Kommunen gemacht haben? – Es waren und sind doch die Gemeinden, die von Anfang an bemüht waren, Ihr ver­korkstes Krisenmanagement zu retten. Ich denke an die Organisation von Teststraßen, an die Organisation von Impfstraßen, an die Öffentlichkeitsarbeit und – jetzt ganz neu – an die Verteilung der Antigentestsets, die wir von einem Tag auf den anderen sicherstel­len müssen. All das stemmen die Gemeinden, und das seit Monaten. Dafür gibt es kein zusätzliches Personal, kein zusätzliches Geld, ganz im Gegenteil: Wir müssen diese zu­sätzlichen Arbeiten oft mit weniger Personal leisten, weil natürlich auch wir krankheits­bedingte Ausfälle und Quarantänefälle haben.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir haben die Belastungsgrenze in den Gemeinden erreicht, vielerorts sogar überschritten. Ich ersuche Sie wirklich: Gehen Sie in sich und denken Sie über diesen unrühmlichen Plan der Impfprämie für die Gemeinden nach! Wir werden das heute noch in einem Entschließungsantrag thematisieren, dem wir bei aller Kritik deshalb zustimmen, weil er wieder einmal mit einem Thema verknüpft ist, das uns sehr wichtig ist. Wir erwarten aber schon von der Regierung, dass es einen formulierten Gesetzesvorschlag geben wird, dem wir zustimmen können und der die Gemeinden wirklich finanziell stärkt und nicht unnötig unter Druck setzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend kann ich Ihnen versprechen, dass die Gemeinden schon Ihre Partner sind, wenn Sie ihnen respektvoll und auf Augenhöhe begegnen. Spielen Sie die Gemeinden nicht gegeneinander aus und machen Sie finanzielle Hilfen für die Menschen in den Kommunen nicht von Impfquoten abhängig! Arbeiten wir bitte gemeinsam daran, dass wir diese Gesundheitskrise endlich hinter uns bringen! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm das Wort.