18.51

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Es freut mich besonders, dass wir im Bundesrat das Ar­beitsprogramm der Europäischen Kommission sowie das Jahresprogramm des Rates behandeln und ich darüber berichten darf. Es ist das erste Mal, dass ich dazu berichte.

Das Arbeitsprogramm 2022 ist äußerst ambitioniert, zeigt die nächsten Schritte auf einer ehrgeizigen, aber notwendigen Transformationsagenda hin zu einem grüneren, zu ei­nem gerechteren, zu einem digital besser aufgestellten, zu einem krisenfesteren Europa nach Überwindung der Covid-Krise auf. Die EU hat mit dem Green Deal – da kann ich Abgeordnetem Schennach nur zustimmen – das zentrale Zukunftsprogramm auf der Agenda, und dieses Programm bleibt zentral auf der Agenda. Wenn man aus der aktuel­len Situation eines lernt, dann das, dass es nur noch wichtiger ist, diesen Green Deal ambitioniert, rasch und umfassend umzusetzen.

Der Bericht über das Arbeitsprogramm fällt in politisch schwierige Zeiten. Wir haben auf der einen Seite eben die Pandemie, die uns noch immer beschäftigt, wir haben auf der anderen Seite die ungerechtfertigten kriegerischen Aktionen gegen die Ukraine. Vor die­sem Hintergrund, dafür bitte ich um Verständnis, wird sich das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission auch dahin gehend verändern, dass wir eine raschere Ener­gieunabhängigkeit von Russland brauchen, denn die Abhängigkeit macht uns erpress­bar. Deswegen sitzen wir vor den Bildschirmen und schauen uns jede Äußerung an, die in diesem Bereich gemacht wird.

Die Abhängigkeit macht uns erpressbar, deswegen müssen wir so schnell wie möglich aus dieser Abhängigkeit rauskommen. In diese Richtung geht auch die gestrige Mittei­lung der Kommission unter dem Titel REPowerEU, eine Mitteilung, die darauf abzielt, so rasch wie möglich die Abhängigkeit von russischem Erdgas um zwei Drittel zu senken. Ich freue mich sehr, dass die EU mit dieser Mitteilung auch wirklich die drei Dinge, die wir jetzt in Österreich angehen, und zwar gleichzeitig angehen, unterstützt und wir ei­gentlich für das, was wir machen, Rückenwind haben.

Welche drei Dinge sind das? Wir müssen erstens dafür sorgen, dass wir diversifizieren. Herr Bundesrat Krumböck hat auf die Reise angespielt, auf der ich war. Es kann nicht unser Ziel sein, eine Abhängigkeit von einem nicht demokratischen Regime durch eine nächste Abhängigkeit zu ersetzen, deswegen brauchen wir Diversifizierung, deswegen ist es trotzdem notwendig, kurzfristig dorthin zu schauen, wo es Kapazitäten gibt. Die gibt es aber nicht nur in Katar, die gibt es auch zu Hause: Grüngasquote, Biogasförde­rung. Das gilt es jetzt intensiv und umfassend anzugehen, denn da sind auch in Öster­reich Potenziale, die wir noch heben können und die den Umstieg auf erneuerbare Ener­gien vorantreiben – das ist ein erster Schritt.

Ein zweiter Schritt sind Speicher, deswegen werden wir uns sowohl auf europäischer als auch auf österreichischer Ebene mit der Speicherbevorratung beschäftigen. Ein rascher, ambitionierter Umstieg auf erneuerbare Energien in Richtung Effizienz ist nötig, wir müs­sen den Gasverbrauch senken, damit wir ihn erneuerbar decken können. Das alles sind Ansprüche, die die Kommission gestern noch einmal sehr deutlich und mit sehr viel Kraft untermauert hat. Das sind die Themen, die wir in Österreich gerade vorantreiben, und das sind sicher Themen, die auf diese Jahresvorschau in der Umsetzung noch einmal einen Einfluss haben werden.

Dennoch, das Arbeitsprogramm hat insgesamt 42 neue politische Initiativen zu allen übergreifenden Zielen und Leitlinien der Kommissionspräsidentin. Zentrales Ziel ist die Klimaneutralität 2050, dabei sind aber auch – auch das haben wir schon in vorigen Ta­gesordnungspunkten diskutiert – die soziale Marktwirtschaft, die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, aber auch die Verteidigung unserer Werte inner- und außerhalb Euro­pas.

Es unterstreicht, glaube ich, in Summe den Willen, aus den Krisen gestärkt hervorzu­gehen und diese Krisen als Anlass zu nehmen, Dinge auch anders zu machen, denn das Weiter-wie-bisher führt uns schnurstracks in die nächste Krise. Die Krise soll als Anlass genommen werden, Dinge anders zu machen und sich auf den grünen, auf den digitalen Wandel einzustellen und ihn voranzutreiben.

Ich werde jetzt aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und aufgrund der Tatsache, dass viele von Ihnen ja schon einzelne Elemente aus dem Arbeitsprogramm und aus den euro­päischen Initiativen angesprochen haben, nur noch kurz ein paar Punkte von Ihnen auf­greifen.

Herr Abgeordneter Schennach hat noch zwei Fragen gehabt. (Bundesrat Schennach: Breitspurbahn!) – Genau. Einen Kommentar kann ich mir nicht verkneifen: Die Bahn muss europäischer werden, das ist eine zentrale Aufgabe. Es darf uns 2022 eigentlich nicht zufriedenstellen, dass wir uns über eine Richtlinie für die Triebfahrzeugführer freuen. Schaut man sich an, was die Luftfahrtindustrie zustande gebracht hat, wie schwierig es aber im Gegenzug ist, innereuropäisch ein Zugticket zu buchen, wie oft ein Güterzug auf dem Weg vom Schwarzen Meer zur Nordsee oder wo auch immer Sie ihn hinschicken wollen  die Triebfahrzeugführer wechseln muss, dann muss man sa­gen, dass wir da im europäischen Eisenbahnwesen eine wirklich große Aufgabe und eine Hausaufgabe für die Bahnen haben. Es freut mich, dass die Kommission das jetzt ernsthaft angeht, aber es ist ein Thema, das mir als leidenschaftliche Bahnfahrerin wirk­lich ganz besonders am Herzen liegt.

Sie hatten noch eine Frage zur Breitspurbahn: Was das Ministerium gemacht hat, ist, das Verfahren fortzuführen – ich kann im Nachgang gerne auch noch die parlamentari­schen Anfragen dazu übermitteln, zu denen wir das ausführlicher beschrieben haben, worum es bei dem Verfahren geht – und mit einem Interimsbericht abzuschließen. Sollte sich die Slowakei – denn daran hängt es ja – entschließen, dieses Projekt voranzutrei­ben, dann muss man sich überlegen, ob es Sinn macht, das fortzuführen, denn sonst kommen die Güter mit dem Lkw nach Österreich.

Für diesen Teil gab es ein Verfahren, es gab aber in den letzten Jahren keine Bewegung in diesem Projekt, die Finanzierung ist in der Slowakei auch nicht gesichert; mir ist auch nichts bekannt, dass sich da jetzt irgendetwas geändert hätte. (Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.) Es gibt keine Forderungen, also es sind mir keine Forderungen an die ÖBB oder an sonst irgendjemanden bekannt  ich glaube, darauf hat Ihre Frage angespielt , aber ganz generell muss man jetzt, glaube ich, alle Zusammenarbeitsfra­gen gerade in einer solchen Situation auf den Prüfstand stellen, und das machen auch wir.

Erlauben Sie mir noch ein Schlusswort zu Herrn Bernard; Herr Bundesrat Gross hat es eh auch schon gesagt: Wenn Sie ein Problem mit meiner Politik haben, dann bitte ich, die Kritik an mich zu richten, nicht an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jeden Tag großartige Arbeit in diesem Ministerium leisten und die Aufgabe haben, auf das große Ganze und nicht auf ein Einzelprojekt zu schauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Bader.) Die müssen mir nämlich am Ende – und das ist auch meine Aufgabe – sicherstellen, dass das Gesamtsystem funktioniert.

Florian Krumböck hat zu Recht gesagt, unser Ziel ist, bis 2050 EU-weit 60 Prozent Bei­mischung alternativer Kraftstoffe oder E-Fuels im Flugverkehr zu erreichen, und allen, die wissen, dass 100 Prozent das Ganze wäre, um das klimaneutral zu machen, ist be­wusst, dass da noch 40 Prozent fehlen. Wenn Sie wie ich und wir alle sicherstellen wollen, dass wir in Zukunft auch noch gut und klimaneutral fliegen können, dann gehören die alternativen Kraftstoffe dort hinein und nicht in das Auto, denn dafür haben wir eine bessere, eine effizientere und eine gescheitere Alternative. Wenn Sie mir das nicht glau­ben, sei Ihnen das unbenommen, ich schicke Sie zu Ford, zu Opel, zu Jaguar, zu Volks­wagen, zu Volvo, wer auch immer Ihnen noch einfällt, denn die setzen alle auf die bat­terieelektrischen Pkw.

Ich glaube, die Diskussion zur Differenzierung der Infrastruktur in den Städten versus auf der freien Strecke, gerade auch beim Wasserstoffthema, wurde gestern ausgiebig geführt, dazu muss ich mich jetzt nicht mehr äußern.

Ich bin die Ministerin, ich trage die Verantwortung und bitte daher, Kritik, wenn es sie denn gibt, an mich zu richten. Kritik am Arbeitsprogramm habe ich jetzt aber nicht viel gehört, deswegen hoffe ich und freue ich mich auf eine breite Kenntnisnahme des Gan­zen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.00

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Zu Wort gemeldet hat sich noch unser Kollege Ber­nard. – Bitte.