19.29

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Ich darf mit Punkt 15 beginnen, dem Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird, und darf gleich vorausschicken, dass wir diesem Entwurf unsere Zustimmung nicht erteilen werden.

Inhaltlich geht es darum, dass die Regelung, dass Bürgermeistern die Namen und die erforderlichen Kontaktdaten der von Absonderungsmaßnahmen gemäß dem Epidemie­gesetz betroffenen Personen, die im Gemeindegebiet des Bürgermeisters wohnhaft sind, mitgeteilt werden, bis 30. Juni 2022 verlängert werden soll.

Wie schaut das in der Praxis aus? – Die BHs sind überfordert, wir sind froh, wenn wir von den Gemeindebediensteten wenigstens bis zum Ende der Absonderungszeit die Be­scheide kriegen – ich spreche gar nicht von den anderen Gemeindebürgerinnen und -bür­gern, die da betroffen sind. Nehmen wir den aktuellen Stand meiner Gemeinde her: Es gibt zurzeit 229 Erkrankte in meiner Gemeinde – wir sind ein Bezirk mit 19 Gemeinden – und die Inzidenz ist bei 3 000. Wenn ich den Kollegen aus Hüttenberg hernehme, wird mir dieser sicher das Gleiche von seiner Bezirksverwaltungsbehörde mitteilen. Dort gibt es derzeit 71 Erkrankte und als Letztstand eine Inzidenz von 2 924. Was wir da jetzt wirklich sinnvoll gestalten, verschließt sich meinem Wissen.

Das Nächste ist die Grundlage für eine Neuregelung der Teststrategie. Es wird eine Ver­ordnungsermächtigung des Gesundheitsministers im Einvernehmen mit dem Finanzmi­nister erstellt und festgelegt, welche Tests in Zukunft auf Kosten des Bundes durchge­führt werden sollen. Auch wenn jetzt die Vorarlberger Achse Rauch–Brunner gut funk­tionieren sollte, sehen wir den Grund, warum wir dagegen sind, eigentlich schon dahin gehend, dass die gesundheitspolitischen Kompetenzen des Gesundheitsministers ein­geschränkt und beschnitten werden. (Bundesrätin Schumann nickt.) Ich glaube, das ist nicht sinnvoll, und da werfen wir uns für Sie, Herr Bundesminister, auf die Gleise, um diesen Einschnitten entgegenzuwirken. (Beifall bei der SPÖ.) – So viel zu Tagesord­nungspunkt 15.

Bei Punkt 14 sind wir mit dabei, da erfolgt unsere Zustimmung. Es geht um die Ver­längerung der Kostenersätze durch den Bund an die Länder bis zum Ende dieses Jahres, des Jahres 2022. Das betrifft im Besonderen die Bereiche Schutzausrüstung, Personalkosten, Infrastrukturkosten – das, was bei den Impfstellen für die bevölkerungs­weiten Impfaktionen notwendig ist. Da ist sichergestellt, dass den Ländern die Kosten der Finanzierung spezifischer Testinfrastrukturen durch den Bund refundiert werden. Das ist eine sinnvolle Maßnahme; als Länderkammer können wir da nur dafür sein.

Da heute schon so viel über Krisen geredet worden ist und von Geld, das den Ländern vom Bund zur Verfügung gestellt wird: Für uns ist eine wirklich große Angelegenheit die Geschichte mit den Kindern, die ich schon eingangs erwähnt habe. Da hoffen wir, dass wir mit dem Herrn Bundesminister vielleicht in dieser Richtung etwas bewegen können. Daher möchte ich auch einen Entschließungsantrag einbringen, der sofortige Maßnah­men gegen den Vormarsch der Zweiklassenmedizin, insbesondere durch den Kinderärz­temangel, als erforderlich begründet.

Wie schaut es derzeit aus? – Es gibt einen vermehrten Betreuungsbedarf für Kinder und Jugendliche, hervorgerufen unter anderem durch die Covid-Maßnahmen, aber auch durch das, was sich derzeit in der Ukraine abspielt, mit den täglichen Berichterstattungen im Fernsehen, in den Zeitungen, wodurch die Kinder verunsichert sind und Angst haben. Sie hören vom Blackout, dass es keinen Strom mehr gibt. Wir bringen sie eigentlich nur mit negativen Botschaften in Kontakt.

Das verlangt auch eine dementsprechende ärztliche Betreuung, aber die ist zurzeit leider nicht mehr so gegeben, wie es sein sollte. Da gibt es aus den letzten Wochen und Mo­naten alarmierende Zahlen. Es gibt in Wien einen akuten Kinderärztemangel. Auf rund 280 000 Kinder kommen in Wien noch 71 Kinderärzte und -ärztinnen, die mit einem Kassenvertrag ausgestattet sind. Die Eltern sind verzweifelt. In Tirol ist es das Gleiche, da wird schon über längere Zeit eine große Anzahl von Arztpraxenstellen mit Kassen­verträgen gar nicht mehr nachbesetzt, und auch in Niederösterreich sind zurzeit 43 Stel­len unbesetzt. Insgesamt sind von den 609 Praxen in Österreich nur 250 mit Kassenver­trägen ausgestattet, 30 mit den sogenannten kleinen Kassen und 330, also die Mehrheit, sind Privatordinationen. Unter dem Aspekt der massiven Teuerung wird auch dieser Gang zum Arzt für Familien mit Kindern wirklich unerschwinglich. Daher rührt unsere Forderung, den Vormarsch der Zweiklassengesellschaft zu stoppen, und wir hoffen da auf Ihre Mithilfe, Herr Bundesminister.

Ich bringe daher namens der unterfertigten Bundesräte folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Maßnah­men gegen den Vormarsch der ‚Zwei-Klassen-Medizin‘ insbesondere durch den Kinder­ärzt*innenmangel“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, in den kommenden fünf Jahren die Bereitstel­lung der versprochenen Patientenmilliarde dadurch sicherzustellen, dass jährlich mindes­tens 200 Mio. Euro zusätzlich in den Ausbau der Gesundheitsversorgung investiert wer­den, damit der Vormarsch der Zwei-Klassen-Medizin gestoppt wird und Krankenbehand­lung für die Bevölkerung leistbar bleibt. Insbesondere soll damit sofort ein Anreizsystem finanziert werden, damit insbesondere Kinderärzt*innen in das Sachleistungssystem der Sozialversicherung einsteigen, um so der Mangelversorgung rasch entgegenzuwirken.“

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Wir hoffen hier auf eure Unterstützung. Ich danke schon im Voraus. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofortige Maßnahmen ge­gen den Vormarsch der ‚Zwei-Klassen-Medizin‘ insbesondere durch den Kinderärzt*in­nenmangel“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.