21.44

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Kocher! Sehr geehrter Herr Minister Rauch! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen, die erkrankt sind und heute zuschauen: Alles Gute und bal­dige Genesung! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Teuerungswelle, die durch unser Land rollt, macht sich bereits am Frühstückstisch bemerkbar. So ist der Preis der Butter, die meist auf unser Frühstücksbrot gestrichen wird, um 62 Prozent gestiegen, jener des Zuckers für den Kaffee um 11 Prozent, das Brot und das Gebäck werden aufgrund der steigenden Getreidepreise ebenfalls teurer. Die Kosten für den Wocheneinkauf sowie für das Tanken sind doppelt so stark gestiegen wie die allgemeine Inflationsrate. Die Weltbank spricht bereits von einer sehr gefähr­lichen Situation.

Enorm gestiegen in den letzten zehn Jahren sind auch die Mieten: in etwa um 44 Pro­zent. Das ist sehr, sehr viel, und es gibt Leute, die sich das nur sehr schwer leisten können. Treibstoff- und Gaspreise erhöhen sich so rasant, dass man eigentlich den Überblick verliert. Die Verbraucherpreise in Österreich sind im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,9 Prozent gestiegen. Das ist ein so hoher Wert, dass auch die Experten überrascht sind.

Und weil die Energiepreise im europäischen Großhandel extrem gestiegen sind, haben viele Versorger ihre Tarife für Gas, Strom und auch Fernwärme stark wie noch nie an­heben müssen. Ein Durchschnittshaushalt zahlt um 180 Euro mehr für Strom und in etwa um 300 Euro mehr für Gas. Die aktuellen Preiserhöhungen sind enorm belastend für die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen beziehungsweise Pensionen.

Diese dramatische Teuerungswelle, die durch unser Land rollt, bereitet den Menschen große Sorgen, und manche haben auch schlaflose Nächte. Ich habe mit einigen gespro­chen, die von diesen Teuerungen betroffen sind, und sie sagen, sie haben wirklich ein Problem damit, denn sie können sich zwar das Nötigste leisten, aber schon gar nichts mehr für irgendwelche Reparaturen oder Neuankäufe zurücklegen.

Besonders hart betroffen von dieser Rekordteuerung sind natürlich die Geringverdie­nerInnen, die SozialhilfebezieherInnen, die Alleinerziehenden – hier vor allem Frauen –, Familien, junge Menschen und Pensionisten, Pensionistinnen. Als Bereichssprecherin für die Pensionisten fordere ich speziell für unsere ältere Generation, Herr Minister, drin­gend eine finanzielle Unterstützung ein. Die bisher beschlossene Einmalzahlung ist zwar schön, sie reicht aber bei Weitem nicht aus, um diese Gesamtbelastungen zu stemmen.

Zur Abdeckung des bereits entstandenen und auch noch bevorstehenden Kaufkraft­verlustes ist seitens der Regierung, soweit ich weiß, nichts geplant. Heizen oder essen – diese Entscheidung sollte in unserem Land niemand treffen müssen. In Österreich muss beides möglich sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe es schon erwähnt, ich habe mit einigen Pensionisten gesprochen, und sie sagen mir, auch wenn sie in den sogenannten Billigläden einkaufen gehen, bleibt ihnen am Monatsende kaum etwas im Börsel übrig. Für viele ist das sehr belastend, denn gerade die ältere Generation ist es gewohnt, sehr sparsam mit den Mitteln umzugehen – sie wollen ein paar Euro für ihre Enkelkinder ansparen –, aber sie haben Ängste, wenn der Fernseher oder die Waschmaschine kaputtgeht, denn sie können sich einen Neukauf nicht mehr leisten.

Ein Fall hat mich besonders berührt: ein Mann, der sich von der Aktion Essen auf Rädern abgemeldet hat, mit der Begründung, 8,50 Euro am Tag, das kann er sich nicht leisten. Da frage ich mich jetzt schon: In welchem Land leben wir, und was tun wir diesen Men­schen an?

Dr. Hannes Bauer, der Landespräsident des niederösterreichischen Pensionistenver­bandes, warnt, dass die Teuerungswelle nicht zur Armutsfalle werden darf, und auch der Präsident des österreichischen Pensionistenverbandes, Dr. Peter Kostelka, meint: „Ar­mut ist weiblich und meist in Pension“. – Ich schließe mich diesen Befürchtungen leider an.

Unsere Pensionisten und Pensionistinnen haben vor zwei Tagen sogar eine Protest­kundgebung gemacht und haben ihren Unmut lautstark bekannt gegeben. Also mir – ich werde Ende des Jahres 60 – ist das bisher noch nie passiert, dass ich erfahren habe, dass unsere Pensionisten auf die Straße gehen und streiken. Ja, sie fordern eine Pen­sionsanpassung, sie fordern, dass die Mehrwertsteuer auf die Haushaltsenergie gesenkt wird, sie fordern 300 Euro Winterzuschuss und zusätzlich einen Kaufkraftsicherungs­hunderter.

In den letzten Tagen haben diese Pensionisten ein Informationsschreiben von der Pensionsversicherungsanstalt bekommen, und darin sehen sie jetzt schwarz auf weiß, was ihnen die Regierung beschert hat: Sie bekommen zwischen 15 und 25 Euro netto mehr am Konto. – Das ist in diesen Zeiten, in denen die Preise so explodieren, eindeutig zu wenig.

Es gibt in unserem Land, ich habe es letztes Mal schon gesagt, 200 000 – das ist viel, 200 000! – PensionistInnen mit einer Ausgleichszulage. Rund eine Million Pensionen werden um circa 3 Prozent erhöht. Das Ziel der Pensionsanpassung ist die Armutsbe­kämpfung, das geht aber hier bei 80 Prozent eigentlich daneben. Bruttopensionen ab 1 300 Euro werden überhaupt nur um 1,8 Prozent erhöht. Die durchschnittliche Teue­rungsrate liegt wie gesagt bei fast 6 Prozent, und da sind die 1,8 Prozent eindeutig und völlig unzureichend.

Gute und wirksame Vorschläge von der SPÖ und dem Pensionistenverband Österreichs liegen auf dem Tisch, und diese sollten umgehend umgesetzt werden. Eine vorgezogene Pensionsanpassung ist, meine ich, der einzige Weg, dieser Teuerungs- und Armutsfalle entgegenzutreten. Eine vorgezogene Pensionsanpassung sichert die Kaufkraft und hilft auch der Wirtschaft.

Es braucht rasch eine dauerhafte Lösung, um diese enormen Differenzen zwischen der unzureichenden Pensionsanpassung und den Höchstpreisen für Energie, Wohnen und Lebensmittel zu finanzieren. Deshalb soll auf Basis der Inflation im Beobachtungszeit­raum August 2021 bis Jänner 2022 eine vorgezogene Pensionsanpassung stattfinden, um den Kaufkraftverlust von circa zwei Millionen PensionistInnen auszugleichen. Diese außerordentliche Anpassung soll bei der nächsten regulären Anpassung angerechnet werden.

Um die Altersarmut zu stoppen, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „vorgezogene Pensionsanpassung zur Abfederung der Teuerung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, spätestens im zweiten Quartal 2022 dem Nationalrat sowie dem Bundesrat eine Regierungsvorlage für eine vorgezogene Pen­sionsanpassung 2023 in Höhe von zumindest 4 Prozent zur Beschlussfassung zu übermitteln.“

*****

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.52

Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „vorgezogene Pensionsanpas­sung zur Abfederung der Teuerung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm das Wort.