9.02

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Schönen guten Morgen al­lerseits! Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Viel zu viele fossile Brennstoffe sind in den letzten Jahrzehnten angezündet worden. (Ruf bei der FPÖ: Geht’s zu Fuß!) Wir setzen die Welt damit förmlich in Flammen, erhitzen die Atmo­sphäre mit gigantischen Energiemengen, die sich dann in Stürmen, Fluten und Hitze entladen.

Die Welt wird in Flammen gesetzt, indem Kriege um Gas und Öl geführt werden, indem Energie als geopolitische Waffe missbraucht wird – beides nicht neu, beides erleben wir aber derzeit schmerzlich, und diesmal sind wir in Europa direkt betroffen, wenn auch in keinem Verhältnis zu anderen Weltgegenden.

Die Preise für fossile Energie jagen nach oben, die Tragik der Abhängigkeit von diesen fossilen Klimakillern wird allen plötzlich bewusst.

Leider sind das Versagen der Klimapolitik in den letzten Perioden und die extreme und einseitige Abhängigkeit von Gas und Öl selbst gemacht. Über Jahrzehnte wurde eine offensive und weitsichtige Energie- und Klimapolitik behindert, vor allem von jenen be­hindert, die jetzt am lautesten nach Konzepten und Maßnahmen schreien.

Nein, sage ich den Leuten, die jetzt sagen: Nach vorne schauen!, nein, schon nach vorne schauen, aber das Blockieren und systematische Abhängigmachen von fossilen Ener­gieträgern ist nicht verjährt, denn wir wären heute in einer fundamental anderen und besseren Position, wenn viel früher – und das Erfordernis einer Energiewende ist nun definitiv nichts Neues – gehandelt worden wäre. Stattdessen waren Vorteile für die eige­ne Klientel wichtiger, stattdessen wollte man sich mit geschlossenen Augen auf immer­während niedrige Energiepreise und auf kostenlose CO2-Freisetzung verlassen. Wie oft haben wir das gehört: Klimapolitik, Energiewende, ach, das machen wir später, jetzt ge­rade ist etwas anderes wichtiger!?

Wir haben dazu in den letzten Wochen überaus anschauliche Beispiele von Spitzenfunk­tionären aus der Industrie und vor ein paar Tagen von einem Landeshauptmann erlebt, die meinten, man solle doch den Klimaschutz, mithin die CO2-Bepreisung, verschie­ben. – Ja, haargenau diese Haltung, genau diese Haltung, hat dazu geführt, dass wir heute in dieser Misere stecken.

Was man uns Grünen ganz bestimmt nicht vorwerfen kann, ist, dass wir Energiewende und Klimaschutz nicht schon eingefordert hätten, seit es uns gibt – das ist doch schon einige Jahrzehnte. Wir haben das nicht nur eingefordert, sondern ebenso hat seit vielen Jahren eine intensive fachliche Auseinandersetzung damit stattgefunden. Seit zig Jah­ren weisen wir darauf hin, dass eine umfassende Transformation zu einer ökologischen und sozial gerechten Wirtschaftsweise eine Notwendigkeit ist, die uns einholen wird, wenn sie nicht aktiv angegangen wird.

Es ist schon interessant, dass jetzt diejenigen, die das immer abgetan haben, nun Pläne einfordern. Aber ich sage Ihnen, diese Pläne sind da – und nicht nur die Pläne. Werfen Sie einen Blick zum Beispiel in das Regierungsprogramm! Dort steht: „Klimaneutralität bis 2040“. Da mögen so manche locker drüberlesen, aber das heißt zum Beispiel nicht weniger, als innerhalb von nicht einmal 20 Jahren die gesamte Energiewirtschaft und die Energienutzungssysteme umzubauen. Es folgen dann in vielen Kapiteln detaillierte Maß­nahmen dazu. (Bundesrat Steiner: Verlängerung von Atom...!)

Beschlossen ist das EAG, das für einen systematischen Umstieg auf 100 Prozent Öko­strom bis 2030 die Rahmenbedingungen definiert, inklusive Finanzierung. Es liegt nun an den Ländern, dafür zu sorgen, dass insbesondere die Flächen, die es dafür braucht, bereitgestellt werden.

Das BMK hat es gemeinsam mit den Ländern geschafft, ein unterschriebenes, also von allen unterschriebenes, Strategiepapier auf den Weg zu bringen, das die vollständige Dekarbonisierung der Wärmeversorgung festschreibt – oder mit anderen Worten: keine Öl- und keine Gasheizungen mehr bis 2040. Ein Kernstück darin ist das Erneuerbaren-Wärmegesetz – aus unserer Sicht längst ausformuliert –, das dafür einen Rechtsrah­men, der Planbarkeit ermöglicht, definiert.

Damit die Betroffenen nicht allein gelassen werden, darauf habe ich schon oft hingewie­sen, gibt es allein letztes Jahr und heuer 600 Millionen Euro, um den Kesseltausch auf erneuerbare Energieträger zu unterstützen. Schon bald ein Jahr liegt es zurück, dass der Masterplan Wärme vorgelegt wurde, eine Strategie eines nachhaltigen Verkehrssys­tems mit hoch ambitionierten Zielen. – Übrigens auch ein wunderbares Thema, bei dem sich zeigt, wie ernst es so manche jetzt laut nach der Energiewende Rufenden meinen, wenn es darauf ankommt.

Ich erinnere an den Shitstorm und die Aufschreie weiter Kreise, als sich die Klimami­nisterin etwa vor einem Jahr dafür aussprach, die EU möge, weil das nur europaweit durchführbar ist, im Idealfall ab 2030 keine Verbrenner mehr zulassen. Die Welt ging praktisch unter. Oder: Ich erinnere an die Empörung, als die Ministerin festgelegt hat, dass jetzt einige Straßenprojekte auf die Zeitgemäßheit überprüft werden, aufgrund des Klimaschutzes und damit natürlich der Energiewende. Die Welt ist untergegangen.

Das BMK hat weiters zum Beispiel eine Roadmap Geothermie erstellt. Es gibt eine ge­setzliche Vorgabe, Netzentwicklungspläne zu erstellen, um der Energiewende gerecht zu werden.

Wir haben auf Initiative der Grünen eine sozial-ökologische Steuerreform auf den Weg gebracht, mit einer vollständigen Rückführung der zusätzlichen Einnahmen.

In kürzester Zeit wurde – aktuell – ein Krisenbevorratungsgesetz für Gas auf die Reihe gebracht, mit umfänglichen Detailplänen im Rahmen der Energielenkung. Das BMK hat, exzellent ausgearbeitet von der Energieagentur, einen Ausstiegsplan betreffend russi­sches Gas bis 2027 vorgelegt. Ich rate Ihnen wirklich, diesen Plan zu lesen; immerhin geht es da um viel. Die Umsetzung dieses Planes wird Konsequenzen haben. (Bundes­rat Steiner: Da seid ihr nicht mehr in Regierungsverantwortung, also ist das ...!)

Raus aus Öl und Gas, raus aus der massiven Abhängigkeit von Gas aus dem Krieg führenden Russland wird uns einiges abverlangen. Das wird nur möglich sein, wenn wir alle gemeinsam bereit sind, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen jetzt zu definie­ren – und die haben es in sich: 33 Prozent Energieeinsparung bei Gas bis 2030; das geht nicht von selber. Die Energiewende braucht daher alle. Die Energiewende ist nicht delegierbar. Sie wird nur dann gelingen, wenn sie als gemeinsamer nationaler Kraftakt verstanden wird, wenn das so etwas wie Staatsräson wird.

Das wird noch heftige Diskussionen und Turbulenzen verursachen. Man muss da not­wendigerweise an den Strukturen ansetzen, aber – und das ist das Schöne – das Ergeb­nis wird wunderbar sein (Zwischenruf des Bundesrates Steiner): eine Energieversor­gung ohne Klimagifte, eine Energieversorgung, die dezentral auf lokalen Ressourcen beruht, eine Energieversorgung, die riesige Investitionen mit sich bringt und Einkommen schafft, eine Energieversorgung zu stabilen Preisen, die leistbar sind, eine Energiever­sorgung, die nicht einfach abgedreht werden kann.

Lassen Sie uns das bei allen Detaildifferenzen mutig angehen und den Weg dorthin durchstehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

9.10

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Florian Krumböck zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm die­ses.