9.57

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen und vor allen Dingen: liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich in meine Rede eingehe, möchte ich ganz herzlich im Namen der sozialdemokratischen Fraktion (Bundesrat Steiner: Sozialis­tischen Fraktion!) Präsidentin Schwarz-Fuchs für ihre Präsidentschaft danken und vor allen Dingen für ihren wirklich wertschätzenden Umgang mit allen Bundesrätinnen und Bundesräten und für ihre zielorientierte Vorgangsweise bei Themen, wo wir uns wirklich finden, und ich glaube, auch das ist Vorbild für die nächste Präsidentschaft, auf deren Weg ich mich jetzt machen werde. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Frau Kollegin (in Richtung Bundesrätin Schartel), auf die Gewerkschaft hinhauen ist nicht klug, schon gar nicht deshalb, weil Tatsache ist, dass die Grundlage dieses Teuerungs­pakets, das nach langer Zeit jetzt endlich hier liegt, der Druck der Gewerkschaft ist. (Bundesrat Himmer: Es ist aber ein Antiteuerungspaket!) Das muss man ganz eindeutig sagen. Die „Preise runter!“-Konferenz von Tausenden Betriebsrätinnen und Betriebs­räten war einer der Gründe, warum der Druck so aufgebaut wurde, dass man genau an diesem Tag das jetzt vorliegende Teuerungs-Entlastungspaket vorgestellt hat. Die Kraft der Gewerkschaft zu hinterfragen, das ist absolut ein Fehler. (Beifall bei der SPÖ.)

So sind sie aber halt, die Fs, sie haben nicht ganz den Durchblick bei den Dingen. (Bundesrat Spanring: Ja, genau! Bin ja froh, dass Sie so gescheit sind!)

Ganz klar gesagt: Dieses Teuerungs-Entlastungspaket, das jetzt vorliegt, ist leider nicht das Entlastungspaket, das die Bevölkerung jetzt brauchen würde. (Bundesrat Spanring: Wie jetzt?! Jetzt habt ihr gerade mitverhandelt!) Die Menschen leiden unter der Teuerung in einem unglaublichen Ausmaß. (Bundesrat Ofner: Habt ihr halt wieder versagt!) – Die Landtagswahl in Tirol kommt, und Sie brauchen jetzt einen Auftritt, aber das wird es nicht bringen, schon gar nicht mit dieser Haltung! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es geht um die Menschen. Es geht darum: Wie geht es den Menschen? Haben die Menschen genug, damit sie ihr Leben fristen können, und haben sie genug, damit sie ihre Miete zahlen können? Haben sie genug, dass sie nicht Angst haben müssen, in den Supermarkt zu gehen, ob sie überhaupt das Geld im Geldbörsl haben, um sich die lebensnotwendigen Dinge zu kaufen? Haben sie ein Leben, in dem sie nicht Angst haben müssen, wenn sie zur Tankstelle fahren und tanken müssen? – Darum geht es uns, um diese Entlastungen geht es uns und um nichts anderes; alles andere ist Geplänkel und Spielerei. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Eure Coronapolitik!)

Die vorliegenden Antiteuerungsmaßnahmen der Bundesregierung sind jetzt ja nur zum Teil da, es ist ja viel mehr angekündigt worden; und das, was da liegt, sind einfach nur Einmalzahlungen. Jede Gewerkschafterin und jeder Gewerkschafter weiß, dass eine Einmalzahlung genau das ist, was im Wort drinnen steht (den Daumen in die Höhe haltend): einmal. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Da bekommt man einmal Geld, und dann verpufft es, das ist nichts Nachhaltiges und es ist nicht nachwirkend. Man braucht ganz andere Maßnahmen. (Bundesrat Schreuder: ... die Stadt Wien auch!) Es bräuchte wirklich die Senkung der Mehrwertsteuer auf die lebensnotwendigen Produkte (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das bringt doch nichts!), es bräuchte einen Preisdeckel bei den Spritpreisen, es bräuchte einen Mietenstopp, und zwar ganz dringend; es bräuchte eine Leerstandsabgabe, die wirklich hilft. So muss man vorgehen, und nicht mit Einmalzahlungen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wer ist der größte Vermieter in Wien?) – Wienbashing wird in diesem Fall nicht helfen, weil es um eine Strukturfrage geht. Es geht darum: Wie gehe ich jetzt damit um, und wie helfe ich den Menschen jetzt? – Die Einmalzahlungen sind nicht die Lösung. (Ruf: Wien könnte ein Vorbild sein!)

Den wichtigsten Teil dieses Antiteuerungspakets, nämlich die Anpassung der Sozial­leistungen, den beschließen wir heute nicht, der liegt heute nicht da – sehr erstaunlich, denn das wäre der Teil, der jetzt dringend notwendig ist, für all jene, die Sozialleistungen brauchen und die nicht wissen, wie sie durchs Monat kommen. (Beifall bei der SPÖ.) Das liegt nicht da, wir verschieben es auf den Herbst, und vielleicht verschieben wir es noch ins nächste Jahr, damit es gut zu den Landtagswahlen passt. Da geht es aber nicht ums Taktieren, sondern da geht es um das Leben der Leute – uns ist das wichtig, aber Ihnen anscheinend nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Tatsache ist: An Entlastungen bis 2026 bringt dieses Paket für Spitzenverdiener etwa 6 000 Euro als Teuerungsausgleich, aber einer Pensionistin mit 1 200 Euro gerade ein­mal ein Drittel davon. Das ist nicht sozial gerecht, und das ist nicht Politik, wie wir So­zialdemokratinnen und Sozialdemokraten sie machen. (Bundesrat Steiner: Sozialisten!)

Es braucht jetzt die Unterstützung, und es wird jetzt auch einen Eingriff in die Strukturen brauchen. Die Energiepreise treiben die Inflation in ungeahnte Höhen und sind eine Belastung, die unglaublich ist. Da muss eingegriffen werden! Es werden Gewinne in einem ungeahnten Ausmaß erzielt. Die Energieunternehmen wissen schon gar nicht mehr, wo sie das Geld hinlegen sollen, und das muss verhindert werden, und das muss weitergegeben werden (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser – Ruf bei der FPÖ: Wien Energie!), und zwar auf Bundesebene. Da muss eingegriffen werden! Da jetzt nicht einzugreifen, ist ungerecht.

Andere europäische Länder machen das sehr wohl. (Bundesrat Preineder: Ungarn!) Ich höre von dieser Bundesregierung nicht, dass sie sagt: Die Meritorder muss weg – jene europäische Regelung, dass das teuerste Kraftwerk, das den Strom einspeist, den Preis bestimmt –, das muss jetzt abgeschafft werden! (Ruf: Dann hast du aber 10 Minuten keinen Strom nicht ...!) Andere Länder haben es geschafft, wie zum Beispiel Spanien. (Bundesminister Brunner – die Hände zusammenschlagend –: Nein! Um Gottes willen! Das stimmt ja nicht!) – Natürlich haben sie es! (Ruf: Das teuerste Kraftwerk produziert den Strom ...!)

Inwiefern bitte bemühen wir uns darum, die Meritorder wegzubekommen? – Das muss doch jetzt gemacht werden, und zwar ganz dringend! (Ruf: Keep cool!) Wir können die Energiepreise doch nicht noch weiter in die Höhe treiben lassen! (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Das ist unmöglich, ganz ehrlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schlangen vor den Sozialmärkten werden immer länger, und die Produkte, die die Menschen brauchen, sind dort nicht mehr vorhanden. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das ist ein Treppenwitz!) Darum geht es jetzt, und nicht um ein Geplänkel! Ich weiß, dass die FPÖ nicht gerne in den Markt eingreift, weil sie sehr marktfreundlich ist, das weiß ich, aber er funktioniert jetzt nicht mehr. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ihr habt die Verantwortung ...!)

Wir werden in diesem Herbst Dinge erleben, die uns alle erschauern lassen werden. Es ist davon auszugehen, dass es zu einer globalen Hungerkatastrophe von ungeahntem Ausmaß kommen wird (Bundesrat Spanring: Ihr seid so richtige Kommunisten!), die gleichzeitig die Lebensmittelpreise noch weiter hinauftreiben wird. Also die Situation ist mehr als schwierig und mehr als belastend.

Wir wissen, dass die Lebensmittelpreise deshalb so hoch sind und die Versorgung so schwierig ist, weil die Düngemittel nicht vorhanden sind. Das ist ein riesiges Problem, natürlich auch für die Bäuerinnen und Bauern, keine Frage. (Zwischenruf der Bundes­rätin Steiner-Wieser.) Und gerade hat man Borealis an einen ausländischen Anbieter verkauft – also kein glücklicher Zufall, auch da hat die Öbag keinen guten Dienst erwie­sen: Es wäre wichtig gewesen, das in österreichischer Hand zu halten.

Auf uns kommt eine Menge zu, auf uns kommen eine Menge Schwierigkeiten zu. Ganz ehrlich: Mit Einmalzahlungen löst man die Probleme der Menschen jetzt nicht, die haben es sich aber verdient, dass sie wirklich eine Unterstützung, die sofort und schnell hilft, und Maßnahmen, die sofort und schnell helfen, bekommen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öster­reich braucht ein echtes Preissenkungspaket statt Einmalzahlungen, die verpuffen bevor sie bei den Menschen ankommen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat sowie dem Bundesrat umge­hend ein Maßnahmenpaket zuzuleiten, welches die Preise nachhaltig senkt und für die Zeit der Teuerungskrise – statt Einmalzahlungen – dauerhafte Hilfe für die Menschen in Österreich garantiert. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere“

– und das ist es –:

„1. Die Rücknahme der Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten und Einfrieren dieser Mieten bis ins Jahr 2025“

(Bundesrat Raggl: Machen wir das in Wien gleich voraus!)

„2. Die – für die Zeit der Krise befristete – Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas, Sprit und Lebensmittel des täglichen Bedarfs, begleitet von einer umfassenden Preiskontrolle mit harten Sanktionen

3. Einen Preisdeckel für Energie (z.B.: für Strom- und Spritpreise) nach dem Vorbild anderer EU-Länder“

(Bundesrat Preineder: Das gibt es ja nicht! ... Ungarn ...!)

„wie Frankreich, Portugal, Spanien, Slowenien oder Kroatien

4. Eine vorgezogene Pensions- und Pflegegeldanpassung um 6 Prozent ab Juli 2022

5. Eine sofortige Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letzteinkom­mens“

(Ruf: Wieso, wir haben Vollbeschäftigung!)

„und die Verdreifachung des Familienzuschlages

6. Eine Abschöpfung der Übergewinne von Energiekonzernen nach dem Vorbild anderer EU-Länder“

(Bundesminister Brunner: Wien Energie!)

„und dem Vorschlag der EU-Kommission zur Finanzierung der Anti-Teuerungs­maß­nah­me sowie der Energiewende.“

*****

Das sind unsere Vorschläge, wie wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns die Entlastung vorstellen, die wirklich wirken und den Menschen helfen würden.

Es ist nicht gut, was jetzt passiert, indem gesagt wird: Also die Pensionen, die werden wir jetzt nicht anpassen! – Herr Bundesminister, die Pensionistinnen und Pensionisten wissen wirklich nicht mehr, wie sie es schaffen sollen. Sie wissen oft nicht, wie sie die Miete zahlen sollen, sie haben Angst vor Delogierungen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Personen sich an uns wenden und sagen: Wir können nicht mehr! Gerade ältere Personen, aber auch jüngere Personen, die sagen: Ich habe keine Chance mehr, mir meinen eigenen Hausstand, mein eigenes Leben zu gründen! – Wer traut sich denn jetzt noch, einen Vertrag mit einem Energieunternehmen einzugehen, bei der Höhe der Energiekosten?!

Die Situation ist mehr als schwierig, und es braucht jetzt wirklich Maßnahmen, die den Menschen helfen, und es braucht auch für die Arbeitslosen, auch das ist ganz klar, end­lich eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. (Bundesrat Raggl: Wir haben mehr offene Stellen als Arbeitslose!) – Wir haben jetzt Gott sei Dank – und wir freuen uns alle darüber – eine Arbeitsmarktlage, die das ermöglicht, aber binnen Kurzem kann es sein, dass die Arbeitslosensituation wieder eine ganz andere ist. Die Situation ist zu schwierig, so ist es. (Bundesrat Spanring: Macht es einmal vor in Wien! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Habt ihr in Wien die Energiepreise gesenkt?!) – Ich kann nur darauf hinweisen: Das Antiteuerungspaket in Wien, das ist wirklich eines! Das Land Wien gibt die meisten Zahlungen (Rufe bei der FPÖ: Ja, da seid ihr gut! Ja, ja, genau!) für die Unterstützung von Menschen aus, die es jetzt wirklich brauchen. (Bundesrat Spanring: Leere Worte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es geht jetzt nicht ums Schreien, sondern es geht darum, dass man die Situation der Menschen, wie es ihnen jetzt geht, wahrnimmt und ihnen endlich aus dieser Situation heraushilft (Bundesrat Spanring: Dann macht was! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), und das ist die Aufgabe der Bundesregierung, und sie schafft es nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.08

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Österreich braucht ein echtes Preissenkungspaket statt Einmalzahlungen, die verpuffen bevor sie bei den Menschen ankommen“, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile dieses.