10.13

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Liebe Vorrednerinnen Schumann und Wolff! Liebe Kollegin Wolff, obwohl Sie meine unmittelbare Vorrednerin gewesen sind, erlauben Sie, dass ich nicht gleich auf Sie eingehe, sondern mich ein bisschen mit der Sozialdemokratie und der Kollegin Schumann befasse. (Bundesrätin Schumann: Mit mir persönlich bitte nicht! Nur mit der Sozialdemokratie, wenn es geht!) – Ich befasse mich Ihnen so, wie ich es für erforderlich erachte (Beifall bei der FPÖ), und glauben Sie mir: Ich werde nicht Ihr Privatleben und Ihre Sportgewohnheiten zur Sprache bringen, sondern ausschließlich das, was Sie hier gesagt haben.

Was an Ihnen so besonders interessant war, ist, dass Sie mit Ihren Worten hier geradezu ein orwellianisches Doppeldenken an den Mann gebracht haben. (Bundesrätin Schumann: An den Mann?! Das tut mir leid, ich hätte es gern auch an die Frau gebracht!) Sie haben es also in jedem einzelnen Satz geschafft, genau das Gegenteil von dem auszusagen, was Sie im vorhergehenden Satz gesagt haben. Sie haben einmal damit begonnen: Das Paket ist ein Beweis für die Durchschlagskraft der österreichischen Arbeitnehmer­ver-tretungen, Gewerkschaft und Arbeiterkammer, die haben das durchgesetzt. (Bundes­rätin Schumann: Dass überhaupt ein Paket da ist!)

Zweiter Satz: Das Paket ist nicht das, was wir Sozialdemokraten wollen, denn uns geht es um die Menschen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Dritter Satz: Es ist völlig unbrauchbar, weil es aus Einmalzahlungen besteht und das keine nachhaltige Bekämpfung der Inflation ist. Richtig! (Bundesrätin Schumann: Danke! – Ruf: ... Oberlehrer, oder was?) Richtig, das steht aber im Widerspruch zu Satz eins.

Es geht ja aber immer besser weiter. Dann wird es besonders gut, wenn Sie – durchaus richtig – sagen: Wir brauchen einen Preisdeckel bei der Energie, wir brauchen einen Mietzinsstopp, und wir brauchen eine Politik, wie sie Sozialdemokraten machen – da ist der größte Widerspruch. Frau Kollegin Schumann, wo sind Sie Mitglied? – Soweit ich weiß in der SPÖ Wien. Wer herrscht denn in Wien? Wer entscheidet denn dort in den gemeindeeigenen Energieversorgungen? Wer entscheidet denn bei Wiener Wohnen? (Bundesrätin Schumann: In Wien wird nicht geherrscht! Nein, nein! Das ist ein Fehler! Wir haben eine Demokratie, da wird nicht geherrscht!) – Nicht die FPÖ, aber auch nicht die ÖVP, da muss man Kollegen Brunner entschuldigen, sondern ausschließlich und seit Jahrzehnten und Generationen die Sozialdemokratie.

Jetzt wollen wir einmal schauen: Wir brauchen einen Energiepreisstopp. Das setzt die Sozialdemokratie natürlich in Wien um. Wien ist ja auch meine Heimat, deswegen ist mir ein bisschen bekannt, was da abgeht. In Wien gibt es ein Unternehmen, das irrefüh­ren­derweise vergesellschaftet ist, das in Form einer Gesellschaft geführt wird, obwohl es keine Gesellschaft ist, sondern der Stadt Wien gehört: Das nennt sich Wien Energie. Das wird, glaube ich, bekannt sein. Über Wien Energie kann man Gas und Strom beziehen, und das tut auch die überwiegende Mehrheit der Wiener Bevölkerung.

Schauen Sie sich einmal die Bilanz von Wien Energie für das Jahr 2021 an, die ist vor Kurzem veröffentlicht worden – gute Idee, wenn man meint, Politik für die Menschen zu machen –: Die Wien Energie hat Einnahmen, die sie dadurch erzielt, dass die Leute, die die Energie abnehmen, etwas zahlen, das sind die Wiener, von – wie viel? – 3 Milliarden Euro.

Wie viel Gewinn hat sie im Jahr 2021 gemacht, bevor die großen Erhöhungen gekom­men sind? – 998 Millionen Euro, knapp eine Milliarde Euro! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Na bravo!) Das heißt, die Wien Energie hat bereits 2021 eine Umsatzrendite von circa 35 Prozent erzielt. Das sind Gewinne, wie sie sich die größten kapitalistischen Multis auch nur erträumen – außer die Impffirmen, die haben aufgrund der guten Politik noch größere gemacht. Nun würde man glauben: Na ja, eine Milliarde Euro Gewinn, jetzt ist es aber an der Zeit, den Bürgern ein bisschen etwas zurückzugeben. – Nein, es gibt in Österreich kaum größere Preiserhöhungen als in Wien, Verdoppelungen der Stromtarife, je nachdem, welchen man hat. Die Fernwärme Wien hat die Preise um 95 Prozent erhöht. Die Fernwärme Wien, die behauptet ja: Wir haben nachhaltige grüne Energie, die CO2-sparend ist. Es kann also nicht viel Gas oder Öl oder so etwas drinnen sein. Ich weiß nicht, wie nachhaltig da alles ist. Ein Teil wird sicherlich durch das Verbrennen von Müll gewonnen.

Jetzt schauen wir einmal, wie sehr die Politik für die Menschen gemacht wird! Man könnte natürlich sagen: Wir als Fernwärme Wien machen Politik für die Menschen, indem wir für die Gesundheit sorgen und sie dazu zwingen, die Temperatur in ihren Zim­mern zu senken – kann sein. (Bundesrätin Schumann: Also Ihnen gefällt das Teue­rungspaket der Regierung, oder was?! Gefällt Ihnen das Teuerungspaket?) Wenn man das aber nicht so zynisch sieht – ich glaube, Frau Kollegin, so zynisch sehen nicht einmal Sie das –, dann ist das ein Raubzug eines Unternehmens, das Gewinne macht, wie es in der Privatwirtschaft kaum vorstellbar ist. (Bundesrätin Schumann: Gefällt Ihnen das Paket der Bundesregierung?)

Frau Kollegin, ich verstehe, dass Sie sich ungern mit der SPÖ Wien und mit der Preis­politik im Energiesektor befassen, aber ich habe gesagt, dass mir dieses Paket nicht gefällt, und ich habe auch gesagt, dass ich mich mit Kollegin Wolff nach Ihnen auch auseinandersetzen werde, und da wird das zur Sprache kommen. (Beifall bei der FPÖ.) Trotzdem wollen wir uns aber ein bisschen mit den Realitäten befassen, die uns zeigen, wie Sozialdemokraten, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, die Bürger ausnehmen und gleichzeitig hier alles das fordern, was sie nicht machen. Daher bitte: Ich habe Ihnen keine Vorschriften zu machen und ich mache Ihnen keine, aber ich kann Ihnen die Anregung geben, künftig vor der eigenen Haustür (Bundesrat Kovacs: Das ist überhaupt das Ärgste!), sprich vor dem Wiener Rathaus, zu kehren, bevor Sie hier gute Ratschläge geben und sich als Politikerin für die Menschen aufspielen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mietzinsstopp ist auch gut, das ist in dieser Situation sicher ein wichtiges Thema. Was hat denn Wiener Wohnen gemacht? – Wiener Wohnen hat die Mieten maximal, soweit es gesetzlich möglich war, angehoben (Bundesrat Steiner: Außer bei der SPÖ!), sofort und maximal – außer natürlich in der Löwelstraße, außer bei den Räumlichkeiten, die die Bundespartei angemietet hat. (Bundesrätin Schumann: Wir müssen wirklich gut unterwegs sein als Sozialdemokratie, wenn Sie uns so sehr behandeln ...!) Für die Bundespartei sind Sie ja nicht verantwortlich, deswegen will ich Ihnen das nicht vorwerfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Na ja, also ich glaube, das reicht. Ich darf jetzt zum vorliegenden Paket, zu den Ausfüh­rungen, die Kollegin Wolff für die Regierung gemacht hat, und zu den Ankündigungen, Aussendungen und so weiter, die der Herr Minister dazu gemacht hat, ein bisschen Stellung nehmen.

In einem hat Frau Kollegin Schumann recht da kann ich Sie von der Wucht der Vor­würfe, die da gekommen sind, wieder entlasten –, nämlich dass dieses Paket wirklich völlig unbrauchbar ist. Es ist eine Fortsetzung der Politik, dass es keine Entlastung, keine Inflationsbekämpfung geben darf, sondern dass man die Schmerzen nur mit homö­opathischen Dosen  die mit maximalem bürokratischen Aufwand verteilt werden, die undurchsichtig, intransparent sind, für die Bürger zu einem Riesenaufwand an Antrag­stellereien, Formularausfüllungen führen  etwas lindern darf.

Frau Kollegin Wolff! Die Inflation, das wird Ihnen ja der Herr Minister auch sagen, be­kämpft man nicht, indem man die Kaufkraft stärkt. Also theoretisch ist das Kaufkraft­stärken etwas, das die Nachfrage erhöht, und das ist, ohne jetzt in die Tiefen der Öko­nomie einzusteigen, nicht unbedingt etwas, was die Inflation senkt. Die Inflation zu sen­ken heißt, sich anzuschauen, wo und wer die Preistreiber sind, was auf diesem Markt los ist.

Damit kommen wir zu dem, was auch die Wien Energie als sozialdemokratische, im Sinne der Menschen agierende Institution macht: Die Energieunternehmen, die zum Großteil im öffentlichen Bereich sind, zumindest von der öffentlichen Hand beherrscht werden, nützen die derzeitige Marktverzerrung aus, um maximale Gewinne zu machen und ihre Gewinne um 300, 400 Prozent auf dem Rücken der Konsumenten zu steigern. Wir sind in einer Situation, in der es ein eklatantes Marktversagen gibt, Herr Minister. Da reden wir nicht von Gesetzen des Marktes, da reden wir von einem Marktversagen, wie ich es zumindest in den letzten 40 Jahren, seit ich also aufmerksam und genau die Politik verfolge, nicht gesehen habe.

Da geht es ja nicht darum, dass Preissteigerungen weitergegeben werden. Da geht es darum, dass man über spekulative Ansätze einen Profit erzielt, der einfach unmoralisch ist. Nehmen Sie den Benzinpreis, Sie haben das angesprochen, es ist ja richtig, eine Benzinpreisdeckelung gehört her, da bin ich ganz bei Ihnen, ein klassischer Fall des Marktversagens. Sie wissen, ein Fass Öl  der Ölpreis wird immer pro Fass ausgedrückt (Bundesrätin Schumann: Barrel! – Bundesrat Schreuder: Das ist kein deutsches Wort!) – kostet derzeit 106, 107 Dollar. Ein Fass Öl hat vor der Ukrainekrise, also im Februar, 80 Dollar gekostet. Jetzt ist das eine einfache Divisionsaufgabe: Ein Fass Öl hat ungefähr 160 Liter, also 159 Komma irgendwas. Dividiert man  fangen wir einmal im Februar an  80 durch 160, dann kommt man auf einen Ölanteil von ungefähr 50 Cent beim Preis pro Liter Sprit. Wenn der Ölpreis jetzt um 20, 25 Prozent steigt, steigt der Erdölanteil am Benzinpreis um 10, 15 Prozent, ah, um 15 Cent. Nehmen wir 30 Prozent: Bei einer 30-prozentigen Steigerung sind aus 50 Cent 65 geworden.

Wie entwickeln sich aber die Benzinpreise, steigen die um die 15 Cent? Nein! Diesel-, Benzinpreise steigen von 1,20 auf 2,10 Euro, das heißt, sie steigen um 90 Prozent. Das heißt, 65 Cent das ist gewaltig viel bei einem Liter  sind einfach Gewinne, die irgend­wo gemacht werden, teilweise auch im Finanzministerium durch erhöhte Steuerein­nahmen. (Bundesrat Schreuder: ... schauen wir mal das Teuerungspaket an!) Das sind diese Gewinne, die Sie nicht hergeben wollen. Das ist interessant.

Warum will man das nicht hergeben? Warum will man da nur Boni machen? Ich habe mir das Gewirr genau angeschaut, was es da alles gibt: Es gibt Boni, Gutscheine, Ein­malzahlungen, Befreiungen, Sonderabsetzposten und so weiter, alles im 100-Euro-Be­reich. Es gibt eine echte Befreiung, ja, das ist richtig. Frau Kollegin (in Richtung SPÖ), zuhören, das ist eine soziale Tat! (Bundesrätin Schumann: Hört die SPÖ nicht zu bei sozialen Taten?) – Ich sage ja nur, hören Sie zu! (Bundesrätin Grimling: Hört ihr zu?) Das ist jetzt eine soziale Einrichtung, so wie die Regierung soziale Politik macht: Es gibt eine Totalbefreiung von der Energieabgabe. Was glauben Sie, für wen? Für Mindest­pensionisten? Für Asylwerber? Nein, für Fahrzeuge, die im diplomatischen oder konsularischen Dienst tätig sind. Das ist die einzige Befreiung. Das ist ganz wichtig, das ist der Beitrag im Kampf gegen die Teuerung.

Sonst gibt es keine Befreiungen, sonst gibt es Mitziehen mit Abgaben und Steuern, mit den riesigen Preiserhöhungen, die spekulativ gemacht werden, aber kein Wort über Versuche, diese Gewinne einzubremsen oder abzuschöpfen, kein Wort über Preis­deckel, kein Wort über Steuersenkungen, nur Boni, Gutscheine, Einmalzahlungen und dergleichen.

Frau Kollegin Wolff, Sie werden sich nicht wundern, dass ich trotz Ihrer anderslautenden Ausführungen der Ansicht bin, dass das, was da gemacht wird, nicht nur keine Infla­tions­bekämpfung, sondern eine beharrliche Anfachung der Inflation ist, indem man Steuern und Abgaben hier mitwachsen lässt und damit der Druck auf die Bevölkerung steigt.

Ja, es ist natürlich wichtig, es ist eine zentrale Aufgabe, dass wir Leuten, die Min­destsicherung beziehen, die Mindestpensionen haben oder die sonst am untersten Rand des Einkommens liegen, helfen, aber das sind nicht 100 Prozent der Österreicher. Herr Minister, Frau Zwazl, es gibt auch – übrigens in der ÖVP vielleicht nicht ganz unbe­kannt  einen Mittelstand. Es gibt auch Leute, deren Einkommen über der Mindest­sicherung liegt. Die werden nicht entlastet, Frau Kollegin Wolff, sondern sie werden maximal belastet, mit dem ewigen Argument: Ja, wenn wir einen Preisdeckel machen, wenn wir Steuern senken, dann kommt das ja allen zugute und das ist dann das böse, asoziale Gießkannenprinzip! Ja, ist klar. Sie sagen, alle haben alles abzuliefern, nur die Mindestsicherungsbezieher, Mindestpensionisten und alle, die aufgrund der ständig steigenden Inflation aus der Selbsterhaltungsfähigkeit herausfallen, die werden halt quasi am Leben erhalten, aber die anderen haben Pech gehabt.

Ich glaube, in Summe ist dieses sogenannte Teuerungs- oder Antiteuerungspaket ein Schlag ins Gesicht der Vernunft. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Gerechtigkeit, es ist ein Schlag ins Gesicht aller, die gegen Bürokratie und Schikane der Bürger eintreten. Das ist das Beste, was man machen kann, um die jetzige Krise anzufachen, die Inflation zu erhöhen und die Bürger dumm sterben zu lassen. Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.27

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau MMag.a Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.