15.43

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Beim sperrigen Begriff Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, kurz auch WGG genannt, handelt es sich um ein Gesetz mit einer nicht zu unter­schätzenden Tragweite. Mit dieser vorliegenden Gesetzesnovelle soll verhindert wer­den, dass Wohnraum, der mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, irgendwann zum Profit eines Privaten wird. Unter anderem geht es um die Herstellung von Wohnungen zu erschwinglichen, und zwar unter dem allgemeinen Marktniveau liegenden Preisen bezie­hungsweise um die Errichtung und Bereitstellung von Klein- und Mittelwohnungen für breite Schichten der Bevölkerung. (Bundesrat Preineder: Die niederösterreichische Wohnbauförderung!) In Österreich wohnt immerhin jede/jeder vierte Österreiche­rin/Öster­reicher in einer solchen Wohnung. Gemeinnützige Bauvereinigungen spielen daher eine sehr bedeutsame Rolle in Österreich.

Die Teuerungswelle hat auch eine Kostenexplosion beim Thema Mieten verursacht. Die Mieten sind erheblich teurer geworden, und zwar leiden laut einer von der Mieterver­einigung Österreich und der Gewerkschaft Vida beauftragten Studie 58 Prozent, also nahezu 60 Prozent, der ÖsterreicherInnen unter den erhöhten Wohnkosten. Aufgabe der Politik ist es allerdings, für leistbares Wohnen und somit auch für faire Mieten zu sorgen.

Was ist jedoch nach diesen zweieinhalb Jahren der Koalition aus ÖVP und Grünen festzuhalten? – Wohnungen und das Wohnen selbst werden immer mehr zum Luxus, den sich viele Personen nicht leisten können (Bundesrat Preineder: Die nieder­öster­reichische Wohnbauförderung!), Herr Kollege. Vor allem jüngere Menschen, Familien, PensionistInnen mit kleinen und mittleren Einkommen können sich das Wohnen bald nicht mehr leisten. Die Richtwert- und Kategoriemieten sind auch heuer schon zweimal gestiegen, einmal im April und einmal im Juni, und bei den Kategoriemieten wird jetzt sogar noch eine dritte Verteuerung Ende des Jahres in Aussicht gestellt.

Laut der Arbeiterkammer belastet die Erhöhung vom Juni die betroffenen Haushalte mit 150 Euro pro Jahr, bei den freien Mieten sind es sogar 300 Euro. Die MieterInnen werden also kräftig zur Kasse gebeten, bei den VermieterInnen hingegen sprudeln die Einnahmen. Das ist ein Ungleichgewicht, das einfach nicht mehr zusammenpasst. Seit Jahren legen die Immobilienpreise überproportional zu. 2021 kletterten die Preise in bisher nicht gekannte Höhen. Der Kauf von Häusern und Wohnungen verteuerte sich laut Statistik Austria im Jahresschnitt um 12,3 Prozent. Der Immobiliendurch­schnitts­preis je Quadratmeter Wohnfläche für Eigentumswohnungen liegt bei 3 889 Euro, für Häuser bei 2 578 Euro. Die Preisanstiege betreffen allerdings nicht nur den urbanen Raum, sondern auch den ländlichen. Beispielsweise sind die Anstiege in Oberkärnten, in der östlichen Steiermark, im Mühl- oder im Waldviertel zu bemerken. Leerstehende Wohnungen treiben die Preise weiter an. Das ist ein breites Versagen der Politik.

Es müssen dringend dämpfende Maßnahmen gesetzt werden, um dieses Ungleich­ge­wicht zu ändern und um die Teuerung einzubremsen. Es bedarf angesichts der Teue­rungswelle raschest einer Gesetzesvorlage, die Wohnen wieder erschwinglich werden lässt. Ebenso ist eine Abgabe auf Leerstand, die in mehreren Bundesländern bereits geplant oder auch schon beschlossen ist, längst überfällig. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Tiroler Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Einhebung der Leerstands­ab­gabe beschlossen. Es ist vorgesehen, dass für eine Wohnung, die ein halbes Jahr lang nicht benutzt wurde, pro Monat zwischen 10 und 215 Euro – die Spanne ist sehr groß, aber immerhin – Abgaben eingefordert werden.

Die Bundesregierung sollte gemeinnützige Bauträger dabei unterstützen, leistbare Miet­wohnungen bereitzustellen. Einige gemeinnützige Bauträger verkaufen auch frei finan­zierte Wohnungen, die billiger sind als die von gewerblichen Bauträgern. Diese Woh­nungen können dann sofort zu Marktpreisen vermietet werden. Die vorliegende Novelle lässt es zu, dass die gemeinnützigen Bauträger Wohnungen errichten, die als Anleger­wohnungen missbraucht werden können und auch missbraucht werden. Daher können wir dieser Novelle auf keinen Fall zustimmen. Wir sagen: einmal WGG, immer WGG.

Die detaillierten Complianceregelungen und auch das zeitlich begrenzte Spekulations­verbot begrüßen wir seitens der sozialdemokratischen Fraktion. Das alleine ist uns aber zu wenig. Es müssen Maßnahmen gegen die Teuerungswelle in Angriff genommen werden, und vor allem fordern wir ein Universalmietrecht. Am Wohnungsmarkt warten viele Herausforderungen auf eine rasche Lösung, die Politik der kleinen Schritte ist hier fehl am Platz. Bitte kommen Sie diesbezüglich in die Gänge! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Kolland. – Bitte.