16.26

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Nun, dass Bundesrat Schennach von der SPÖ die Abwesenheit des Bundeskanzlers beklagt, ist nicht weiter überraschend und ist jetzt natürlich auch nicht illegitim. Tat­sächlich ist der Regierungschef ein relevantes Mitglied (Heiterkeit des Redners), das wichtigste Mitglied dieser Regierung. (Bundesrätin Grimling: Aber!) In Zeiten wie diesen aber nicht zu verstehen, warum der Bundeskanzler am Rande eines Nato-Gipfels in der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Lage für Europa, in dem ja letztendlich auch Österreich liegt, dabei ist und sich mit anderen Regierungschefs austauscht, ist für mich schlicht nicht nachvollziehbar. Für diese Prioritätensetzung des Bundeskanzlers – in Madrid zu sein – dürfte man eigentlich meiner Auffassung nach von einer staats­tragen­den Partei wie der Sozialdemokratie Verständnis erwarten.

Zum Gegenstand selber: Ich glaube, es ist üblich, dass man über den Zustand der Demokratie in einem Land unterschiedliche Meinungen hat. Man hat auch immer unter­schiedliche Meinungen über die Qualität der Regierung, und obwohl alle Experten sind, hat halt jeder Experte von einer anderen Partei eine andere Meinung. (Bundesrätin Schumann: Wir haben die Studie nicht geschrieben!) So ist es natürlich auch bei Meinungsbildungen so, dass man zu einem Meinungsbild kommt, je nach Fragestellung und je nachdem, wen man befragt.

Nun hat es da von einem renommierten Institut eine Befragung gegeben, in deren Rahmen über 3 000 Experten zu unterschiedlichen Themenbereichen befragt worden sind und das bekannte Ergebnis herausgekommen ist, was also einiges an Aufregung ausgelöst hat. (Bundesrätin Schumann: Jetzt wird die Studie angezweifelt ...! – Zwi­schenruf der Bundesrätin Grimling.) Mich hat heute mein Kollege Florian Krumböck auf einen Artikel in der „Wiener Zeitung“ aufmerksam gemacht, den ich sehr interessant gefunden habe – ich glaube, ich habe ihn (ein Schriftstück aus der Innentasche des Sakkos ziehend) irgendwo dabei. Das ist ein Gastkommentar, verfasst von einem gewissen Assistenzprofessor Laurenz Ennser-Jedenastik.

Dieser Assistenzprofessor schreibt über die Befragung, die also von diesem Institut durchgeführt worden ist, durchaus mit einer gewissen authentischen Kompetenz, weil er selber einer dieser 3 000 Experten ist, die da befragt worden sind.

Er ist nicht zu dem Thema Demokratie befragt worden, er ist zu anderen Themen­be­reichen befragt worden. Er führt also in diesem Artikel – Sie können ihn ja eh ohnehin alle selber nachlesen – aus, wie es da zu diesen Indikatoren kommt. (Vizepräsidentin Zwazl übernimmt den Vorsitz.)

Da war es so, dass früher für diese Befragung für dieses Teilsegment – also da geht es um das Thema transparente Gesetze mit berechenbarem Vollzug – in Österreich unge­fähr acht bis zehn Personen befragt worden sind. (Bundesrätin Grimling: Aber zu der Studie haben wir ja jetzt nicht gefragt! – Bundesrätin Schumann: Ja, die muss jetzt schlechtgeredet werden, die Studie, nicht? – Bundesrätin Grimling: Ach so!) Ich glaube, das kennen Sie alle oder kennt ihr alle von so einer Befragung, was man bei so einer Meinungsbefragung macht (Bundesrätin Hahn: Wie war das dann bei der Beinschab-Studie? ... qualitativ natürlich ...! – Bundesrätin Schumann: Nein, es geht jetzt darum, die Studie schlechtzureden, ganz einfach ist das!), wo es quasi einen Wert von null gibt mit: Ist überhaupt nicht existent!, und einen Wert mit vier: Ist sehr stark ausgeprägt! – Also: null – ganz schlecht, vier – hurra, hurra! (Bundesrätin Schumann: Genau, jetzt tun wir schönreden! – Bundesrätin Grimling: Anstatt dass man sagt, wir machen uns Sorgen über den Zustand! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Er schreibt, dass da über die Jahre fünf von diesen Experten sowieso immer die Höchst­note gegeben haben und dass die Schwankungen – dass dann manche statt einem Vierer einen Dreier gegeben haben – auch nicht damit zusammengehangen sind, dass da ein Experte seine Meinung geändert hat, sondern eher, dass neue Experten dazugekommen sind, die dann fürs Erste einmal kritischer waren. Die haben halt dann bei einem Dreier statt bei einem Vierer angekreuzt. (Bundesrätin Hahn: Ist ja auch nicht illegitim, oder?)

Über die Jahre sind es dann immer weniger Experten geworden und im Jahr 2021 sind in diesem Segment zwei Experten befragt worden. Das heißt, es sind zwei Experten zu einem Teilsegment befragt worden, und bei einer Meinungsbefragung, bei der man zwischen null und vier angekreuzt hat, hat vermutlich einer von den beiden oder haben möglicherweise sogar beide, das weiß ich nicht, statt einen Vierer einen Dreier angekreuzt. (Bundesrätin Schumann: Ein Irrtum! Ein Irrtum! – Bundesrätin Grimling: Das ist aber jetzt eine Interpretation Ihrerseits!)

So, und wenn jetzt bei einem Teilsegment bei einer Meinungsbefragung, in der man viele, viele Sachen ankreuzt, zwei Österreicher statt eines Vierers einen Dreier ankreu­zen – oder vielleicht auch nur einer statt eines Vierers einen Dreier ankreuzt –, dann schlägt natürlich das Ganze im System sofort um – dass man nicht mehr diese liberale Demokratie ist. (Bundesrätin Schumann: Eine üble Studie ist das, na schau einer an!)

Das Ganze ist dann eine Riesenbefragung, das Ganze ist von der Universität Göteborg, und es scheppert die ganze Erde, obwohl tatsächlich nur zwei Personen die Grund­menge - - (Bundesrätin Schumann: Na geh, so eine Studie! Also wirklich! – Bundesrätin Grimling: Wer hat die Studie in Auftrag gegeben? – Bundesrätin Hahn: Das war natürlich ... qualitativ ...!) – Das ist für Sie irrelevant? Das ist irrelevant? (Bundesrätin Schumann: Also Sie reden jetzt das Institut schlecht und die Studie!) Also ich finde das eigentlich, muss ich sagen, eine sachlich sehr relevante Information (Bundesrätin Schumann: Jetzt reden wir das Institut schlecht und die Studie! Ja, genau! Wissenschaft schlechtreden, nicht?), denn bei einer Meinungsumfrage für die empirische Sozialfor­schung können Sie dann gleich hergehen und mit der Einzelstichprobe beginnen, nicht?

Schumann befragt Schumann (in die Hände klatschend): super, Meinungsumfrage abgeschlossen! (Bundesrätin Schumann: Genau! Wissenschaft schlechtreden, das ist eine gute Idee, großartig!) – Schumann befragt auch Nachbarin: ist schon mehr, weil es schon zwei sind. Damit wären Sie schon ungefähr bei dieser Stichprobe, die da also durchgeführt wurde. (Bundesrätin Schumann: Ah geh! Na geh! – Bundesrätin Grimling: Warum wird die Studie jetzt schlechtgeredet? Die Studie wird schlechtgeredet! – Bundesrätin Schumann: Jetzt sind wir noch einmal wissenschaftsfeindlich – gratuliere, ÖVP, ihr seid top! – Bundesrat Schennach: Weil es so ÖVP ist! – Bundesrätin Grimling: Weil es ÖVP ist! – Bundesrätin Schumann: Weil es ÖVP ist, ja!)

Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen: Ich weiß nicht, warum Sie das nicht hören wollen. Ich meine jetzt ehrlich: Sie stellen hier eine Anfrage, Sie wollen hier im parlamentarischen Raum etwas debattieren. (Bundesrätin Schumann: Die Studie ist schlecht! – Bundesrat Krumböck: Die Studie hat methodische Schwächen, nix anderes ...!)

Frau Fraktionsvorsitzende und künftige Präsidentin! Wenn Sie einen Zwischenruf machen wollen: Bitte, machen Sie einen Zwischenruf, aber reden Sie nicht immer parallel dazu! (Bundesrätin Schumann: Wieso?) Wollen Sie mir etwas sagen? Dann gebe ich Ihnen gerne eine Antwort. – Bitte, gibt es einen Zwischenruf? (Bundesrätin Hahn: Seit wann ist das verboten? – Bundesrätin Grimling: Seit wann ist das verboten? Nur weil das Sie stört? ... Das macht ihr nie?) – Es ist überhaupt nichts verboten, aber es ist einfach störender für den Redner (Bundesrätin Grimling: Ja! ... Müssen wir aber alle durch! Müssen wir alle durchhalten!), die ganze Zeit eine Parallelmusik zu veranstalten, als einfach eine konkrete Zwischenfrage zu stellen. Sie wollen einfach den Redner stören und machen die ganze Zeit Zwischenmusik, anstatt einfach eine Frage zu stellen oder einen Zwischenruf zu machen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie auch immer, ich stelle fest: Es ist Ihnen die Demokratie unwahrscheinlich wichtig. Es ist Ihnen so wichtig, dass Sie hier eine Anfrage stellen. (Bundesrätin Hahn: Richtig! Richtig!) Sie wollen, dass der Herr Bundeskanzler nicht in Madrid, sondern hier im Parlament ist, aber Sie wollen nicht wissen, wie diese Umfrage zustande gekommen ist. (Bundesrätin Grimling: Nicht von Ihnen, sondern vom Herrn Bundeskanzler! ... Das kann uns ja der Herr Bundeskanzler sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das interessiert Sie nicht, denn wenn das nicht das ist, was Sie hören wollen, dann soll es nicht sein. Das ist ein sehr, sehr seltsames Verständnis. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann frage ich Sie ehrlich auch zur Medienfreiheit: Die Medienfreiheit in Österreich ist (Bundesrätin Steiner-Wieser: So, wie es die ÖVP bestimmt!) eingeschränkt. Sie machen sich um die Medienfreiheit große Sorgen, ja? (Bundesrat Schennach: Ja!) Und wir, die wir hier sind, würde ich einmal sagen, sind alle so weit Profis, um zu wissen, dass schon jede Partei einmal besser und einmal schlechter in den Umfragen und so weiter beisammen war und wir zum Beispiel auch schon bessere Zeiten hatten. Ich hätte also diese Tonalität, dass die Medien so gelenkt sind und die ÖVP so hypen und so weiter verstanden, wenn es vielleicht vor einem Jahr oder vor eineinhalb Jahren gewesen wäre, aber gerade diese Kritik, die Sie ja so wichtig finden, haben alle Medien übernommen. „Österreich“ hat geschrieben (Bundesrätin Hahn: Ha, Qualitätsmedium!), Österreich sei nur mehr minimal demokratisch. (Bundesrätin Grimling: Das ist die beste Zeitung, die man nennen kann!) „Der Standard“ hat aufgrund dieser Zweierumfrage von einer zweit­klassigen Demokratie gesprochen. – Daher muss man schon sagen: Ich weiß jetzt nicht, welche Medien Sie da eigentlich kritisieren wollen, von denen Sie meinen, dass diese Freiheit eingeschränkt ist.

Ich möchte daher aufsummieren, indem ich sage: In der Debatte, die hier geführt wird, kann jeder von uns mit Recht eine eigene Meinung haben und die inhaltlichen Bereiche, die Sie ansprechen, sind alle - - (Bundesrätin Grimling – erheitert –: Danke, großzügig heute! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich weiß nicht, irgendwie war es schon einmal lustiger. Es ist echt unglaublich, aber ist ja egal. (Heiterkeit des Redners. – Bundesrätin Hahn: Wir haben ein Interpellationsrecht und wir wollen davon ausgehen, dass unsere Anfragen beantwortet werden, das ist alles! Sollte sich auch bis zur ÖVP herumgesprochen haben!) Die Zweierstichprobe ist also das Maß aller Dinge und etwas anderes wollen wir nicht hören. Ich nehme das zur Kenntnis.

Ich will nur sagen: Wir müssen aufgrund dieser Umfrage nicht beunruhigt sein, dass die demokratischen Verhältnisse in Österreich aus den Bahnen brechen. Wir können und wir sollen jederzeit immer die Debatte darüber führen, wie wir im Wettbewerb mit­einander noch fairer, noch demokratischer, mit einer noch besseren Streitkultur, mit noch unabhängigeren Medien miteinander umgehen können. Ich bin aber überzeugt davon, dass mir jeder empirische Sozialforscher recht geben wird, dass eine Zweierstichprobe keine wirklich breite Basis ist. (Beifall bei der ÖVP.)

16.37

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Christoph Steiner. – Bitte.