17.02

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich rich­tig – wie Kollege Himmer und Kollege Krumböck aus dem Artikel, dem Gastkommentar von Laurenz Ennser-Jedenastik, wie er wirklich heißt, zitiert haben –, dass diese spezifische Herabstufung zu einer Wahldemokratie methodische Mängel aufweist und man tatsächlich allein aus dieser Studie den Befund nicht schlüssig ziehen kann.

Gleichzeitig ist das natürlich nicht die einzige Untersuchung, die den Zustand der Demokratie in Österreich beschreibt. Es gibt auch andere, es gibt Antikorruptionsindizes, wobei man jetzt wieder sagen kann: Die betreffen ja nur die Wahrnehmung der Korrup­tion, weil man Korruption selber schwierig an Indikatoren messen kann, aber gerade bei Korruption und gerade beim Niveau der Demokratie in einem Land kommt es auch darauf an, wie hoch das Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen Institutionen ist und wie bereits die Wahrnehmung von Korruption – selbst vermutete Korruption – wahr­genommen wird. Da zeigt sich leider, dass Österreich bestenfalls im europäischen Mittelfeld zu finden ist und unser Land oft Nachzügler bei den Antikorruptionsmaß­nahmen ist. (Bundesrat Schennach: Richtig!)

Korruption – selbst, wenn sie nur vermutet ist, noch schlimmer natürlich, wenn sie auch vorhanden ist – reduziert die Legitimation staatlichen Handelns und schwächt auch die Compliance der Bürgerinnen und Bürger gegenüber Gesetzen und Verordnungen. Eine Bevölkerung, die politische Eliten und staatliche Institutionen für korrupt hält, neigt selbst verstärkt zu illiberalen Tendenzen, die sich dann unter anderem in Wahlergebnissen widerspiegeln.

Die Korruption sorgt für einen dysfunktionalen öffentlichen Sektor, sie senkt die Qualität von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen. Länder mit Korruptionsproblemen haben international einen Wettbewerbsnachteil, denn diese erschweren Unternehmensansie­delungen und Investitionen in bestehende Unternehmen.

Intransparenz ist ein wesentlicher Nährboden für korruptes Handeln. Eine gut informierte Bevölkerung, die rasch und mühelos an Informationen kommt, und Medien, die über staatliches Handeln kritisch berichten können, sind essenziell. Österreich ist bei der Informationsfreiheit aber leider Schlusslicht in Europa, vorhandene Daten sind oft lückenhaft und internationale Best-Practice-Beispiele zur Datenerhebung werden nicht eingesetzt. In diesem Zusammenhang muss ich auch ganz tagesaktuell darauf einge­hen, dass leider die Finanzierung des Austrian Corona Panel Project schwer im Zweifel ist.

Leider ist es in Österreich mehr als ein Einzelfall, dass sich ehemalige oder noch aktuelle Regierungspolitikerinnen und -politiker Strafverfahren im Zusammenhang mit Korruption stellen müssen. Eine Politik, die nicht käuflich ist, muss danach trachten, einen Mentali­tätswandel herbeizuführen: von strafend zu bereits präventiv. Korruption und Betrug können potenziell im Vorfeld erkannt und verhindert werden. Dazu gibt es von uns NEOS speziell in einem Policypaper unserer Parteiakademie NEOS Lab herausgearbeitete Empfehlungen, wie wir uns vorstellen, das Ziel, in die Top Ten der saubersten Länder zu kommen, Korruption zu unterbinden und bestmöglich im Ansatz verhindern, zu er­reichen.

Punkt 1: Gesetzeslücken schließen und den Rechtsstaat stärken – dazu braucht es eine Reform der Parteienfinanzierung, neue Straftatbestände im Bereich des Mandatskaufs oder die Umsetzung der Empfehlungen der Greco, um Korruptionsprävention bei Abgeordneten, Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zu maximieren und den Rechtsstaat zu stärken.

Punkt 2: Wir müssen die Maßnahmen auf Basis der Nationalen Antikorruptionsstrategie umsetzen. Die bereits im Jänner 2018 beschlossene Nationale Antikorruptionsstrategie war ein wichtiger Meilenstein zur Korruptionsbekämpfung, zentral sind jedoch die Maß­nahmen, die auf Basis dieser Strategie gesetzt und durchgeführt werden. Dabei ist bisher leider wenig passiert. Dies zeigt nicht zuletzt die Gründung der Cofag. Alleine im Jahr 2020 wurden über 8,7 Milliarden Euro intransparent und ohne effektive Kontrolle ausgeschüttet. Standards zur Korruptionsvorbeugung oder -kontrolle spielten bei der Ausgestaltung keine Rolle.

Punkt 3: Die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes, die Abschaffung des Amts­geheimnisses. Österreich ist Schlusslicht bei der Informationsfreiheit und hat als einziges Land in Europa noch ein rigides Amtsgeheimnis. Das seit Jahren und derzeit immer noch in Verhandlung befindliche Informationsfreiheitsgesetz muss internationalen Standards entsprechen. Aus diesem Grund müssen Schwachstellen des österreichischen Ent­wurfs, wie beispielsweise die unklare Definition für Geheimhaltungsgründe oder die lange Verfahrensdauer bei Einsprüchen, vor der in unklarer Zeit kommenden Beschluss­fassung dringend behoben werden.

Punkt 4: Die Aufwertung der Rechnungshöfe und die Stärkung von Governance. Ge­setzliche Rahmen sind nur so gut wie der Alltag, in dem sie gelebt werden. Aus diesen Gründen müssen die Governancestrukturen verbessert werden. Beispiele dafür wären ein verbessertes Meldesystem für Einkünfte und Nebenbeschäftigungen von Abgeord­neten oder interne Regeln und Orientierungshilfen zur Annahme und Offenlegung von Geschenken. Eine Verbesserung der Governancestrukturen kann nur funktionieren, wenn es auch Kontrollinstanzen gibt, die diese überprüfen können. Aus diesem Grund ist auch eine Kompetenzausweitung der Bundes- und Landesrechnungshöfe uner­läss­lich – Stichwort Landesrechnungshof Niederösterreich ohne Prüfkompetenz für Ge­meinden unter 10 000 Einwohnern.

Der letzte, aber nicht der unwichtigste Punkt ist die Sicherstellung der Medienfreiheit und die Senkung der Ausgaben für öffentliche Inserate. Freie Berichterstattung von Medien ist in einer liberalen Demokratie essenziell, insbesondere wenn es um Korruption geht. Um die Medienfreiheit sicherzustellen, braucht es eine Reform der Medienförderung, Transparenz und Qualitätskriterien für Inserate der öffentlichen Hand und eine Be­schränkung der im internationalen Vergleich sehr großen Medienetats öffentlicher Stel­len, die Inseratenkorruption begünstigen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte.