10.05

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Kasernen des österreichischen Bundesheers sollen zu autarken Einheiten ausge­baut werden, soweit ein unkontroversielles Thema.

Das besteht aus zwei Komponenten; Komponente eins: Das Bundesheer muss im Extremfall, wie zum Beispiel bei einem Blackout, einsatzfähig bleiben und sich dazu auch für eine gewisse Zeit selbst versorgen können. Der zweite Teil der Gleichung ist, dass die Kaserne dann auch als Ersatzteillager, Tankstelle et cetera für zivile Einsatzkräfte zur Verfügung stehen soll, also Gas, Benzin und Strom für Feuerwehr und Rettung, im Idealfall auch für das lokale Spital bereitstellen soll. Für all das braucht es große Tanks, Fotovoltaik, Solarthermie und so weiter, eh klar.

Jetzt gibt es aber auch viel mondänere Debatten: Das Bundesheer hat vor einiger Zeit die Kasernenküchen größtenteils abgeschafft und auf die Versor­gung durch eine Zentralküche in Wiener Neustadt umgestellt. Täglich wird also Verpflegung für viele – nicht alle – Kasernen quer durch Österreich gekarrt. Es wird wegen des CO2-Ausstoßes debattiert, ob diese täglichen Lkw-Trans­porte zeitgemäß sind, und es wird von den lokalen Mandatarinnen und Mandata­ren auch hinterfragt, ob der Verlust der lokalen Wertschöpfung die Sache wert ist.

Sie sagen in diesem Zusammenhang wie so oft, das sei von Ihren Vorgängern aufgrund von Kosteneffizienz so gemacht worden, werde jetzt aber wieder revidiert werden. Jetzt stellt sich heraus, dass es gar nicht so einfach und billig ist, eine aufgelassene Küche wieder aufzubauen. Das große Problem dabei ist das Personal: Die österreichische Demografie bringt mit sich, dass es immer weniger Wehrpflichtige gibt und dass die jungen Leute aufgrund von Zivili­sationskrankheiten immer häufiger untauglich sind, außerdem wollen wir immer weniger Personen aus dem knappen Pool von Grundwehrdienern beziehungs­weise Rekruten für das Kochen abstellen.

In diesem Zusammenhang kommt die sogenannte Teiltauglichkeit dazu. Ich halte das für ein bisschen eine Begriffsverwirrung, denn eine eingeschränkte Taug­lichkeit hat es immer schon gegeben. Wir kennen die Tauglichkeitsstufen von eins bis neun, wobei Tauglichkeit die Tauglichkeit für den Einsatz an der Waffe meint. Was mit dem neuen Begriff Teiltauglichkeit gemeint ist, sind jedoch Grundwehrdiener beziehungsweise Wehrpflichtige, die gar nicht für den Einsatz an der Waffe tauglich sind, sondern höchstens für zivile Tätigkeiten des Bundesheeres und Versorgungstätigkeiten eingesetzt werden können.

Das bringt jetzt wieder verfassungsrechtliche Probleme mit sich, weil ja Zwangs­arbeit verfassungsrechtlich nur zulässig ist, wenn es sich um einen Wehr­dienst oder einen Wehrersatzdienst handelt, aber eben nicht um einen zivilen Einsatz beim Bundesheer, wenn man nicht zum Einsatz einer Waffe fähig ist.

Trotz unserer Kritik wurde diese Teiltauglichkeit Neu schnell durchgeboxt. Der Grund war, dass es eben für genau solche Jobs wie in der Küche Leute geben muss, die dann nicht beim Grundwehrdienst, beim Training für die tatsächlichen Kampfaufgaben fehlen. Diese Teiltauglichkeit Neu hat aber nicht so recht gehalten, was man versprochen hat, wie auch vom Ministerium zugegeben wird – es kommen weniger zusätzliche Grundwehrdiener ins System als erhofft.

Jetzt wird daran gearbeitet, den Dienst attraktiver zu machen, wobei Sie und ich wissen, Frau Bundesministerin, dass die Work-Life-Balance im Bundesheer eben nicht so einfach möglich ist.

Da das Thema autarke Kasernen ein unkontroversielles ist: Welche Debatten gibt es also überhaupt? – Mandatarinnen und Mandatare aus einer Gegend mit einer Kaserne fragen, warum ihre nicht auf der Prioritätenliste ist beziehungs­weise, wenn sie es ist, warum es nicht noch schneller geht. Abgesehen von die­sen Partikularinteressen ist das Ausbauprojekt jedoch on track, deswegen ist aus Marketingsicht nachvollziehbar, dass Sie dieses Thema auswählen, um eine Ak­tuelle Stunde dazu zu gestalten. Da bleiben aber andere Fragen und andere The­men, die eigentlich wichtiger gewesen wären, auf der Strecke.

Zum Beispiel: Österreich ist beim Strategischen Kompass der EU selbstver­ständlich dabei – oder nicht? Steht da die Neutralität im Wege? – Da müssen Sie mit sich selbst ins Reine kommen!

Wie können wir bei den mobilen Einsatzgruppen der EU selbstverständlich dabei sein, aber bei einer europäischen Luftraumverteidigung soll das auf einmal nicht mehr gehen? Was ist die gemeinsame Beschaffung? Wofür ist die gemein­same Beschaffung da, wenn nicht zum Beispiel dafür, Systeme anzuschaffen, die sich kein Staat alleine anschaffen kann, wie zum Beispiel eine Raketenab­wehr?

Autarke Kasernen sind gut, wenn man weiß, wofür man sie nutzt. Wenn es nur um die Blackoutvorsorge geht – wir haben es schon gehört –, wäre ja eigent­lich das BMI zuständig.

Es geht auch um die Rolle des Bundesheeres: Soll es tatsächlich ein Heer sein, oder soll es zu einer Katastrophenschutzeinrichtung umgestaltet werden? Das kann man wollen, dann muss man aber auch dazu stehen. – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Egger-Kranzinger.)

10.10

Präsidentin Korinna Schumann: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.