11.14

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Es ist ja an sich abenteuerlich genug, dass die SPÖ unter diesem Tagesordnungspunkt die gehörten zwei An­träge einbringt. Ich kann das aber nicht einfach so stehen lassen, weil das Thema einfach zu wichtig ist. (Bundesrat Steiner: Ein Mordsskandal, wenn man sich ein­setzt, ... ein Riesenskandal!)

Am Beispiel des Antrages betreffend Verschiebung der CO2-Besteuerung zeigt sich leider, dass die SPÖ, sobald man dahinterstehen muss, mit Klimaschutz nichts am Hut hat. Das ist nicht das erste Mal so. (Ruf bei der SPÖ: Ihr habt den Antrag gestellt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da machen Sie einen Rückschritt. Leider, ja, leider setzen Sie auf Beton und fossile Energieträger. Sie machen sich gemein mit der FPÖ, die ja sowieso jeden Antrag für mehr Kli­maschutz ablehnt, die die Klimakrise überhaupt infrage stellt.

Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben und ob Sie Medien konsumieren. (Zwischenruf des Bundesrates Schachner.) Allein dieses Jahr passierten weltweit viele Klimakatastrophen mit Milliardenschäden, mit zahllosen Toten. Zahllose Menschen haben alles verloren. (Bundesrat Steiner: Österreich rettet das Kli­ma!) Gestern war im „Standard“ ein sehr gut gemachter, umfassender Bericht auf Basis von IPCC-Berichten zum Thema Kipppunkte, auf die wir zusteuern, nach­zulesen. Es ist eine reale, eine sehr nahe liegende Gefahr, dass diese eintre­ten; und wenn diese eintreten: Gute Nacht! Definitiv gute Nacht!

Die Bekämpfung der Klimakrise darf nicht verschoben werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Prischl.) Ich bin schon viele Jahre in der Klimapolitik aktiv – in vielen Rollen, nicht nur in der Politik (Bundesrat Steiner: Du hast total viel weitergebracht!) –, und immer, wenn es darum ging, wirklich Weichen zu stellen, hieß es von den Bremsern – und da sitzen sie (in Richtung SPÖ und FPÖ), zumindest links und rechts –: Nein, nicht jetzt! Jetzt ist der falsche Zeitpunkt! (Bundesrat Schennach: Aber die ÖVP gibt Gas, gell? Die ÖVP gibt Gas!)

In Ihrem Antrag schreiben Sie sogar – ich zitiere – von einer Verschiebung, in Ih­rem Antrag heißt es, die CO2-Besteuerung soll verschoben werden, „bis sich die Energiepreise wieder auf das Vorkrisenniveau normalisiert haben“. (Bundesrat Schreuder: Das wird nie passieren!) – Wissen Sie, was das heißt? – Das Vor­krisenniveau wird es nicht geben (Bundesrat Steiner: Ah, ah!), und damit sagen Sie natürlich ganz klar, Sie wollen überhaupt keine CO2-Besteuerung, und das wird Ihrer Haltung wahrscheinlich auch tatsächlich nahekommen. (Beifall bei den Grü­nen.) Mit solch einer Haltung wird es eines Tages – und darauf freue ich mich nicht – ein sehr böses Erwachen geben. (Zwischenruf des Bundesrates Schachner.)

Ich möchte ein paar Einordnungen zum Thema CO2-Bepreisung und deren Wir­kungen, die ich recherchiert habe, machen. Wenn man die aktuelle Besteue­rung umlegt, führt das am Beispiel Eurosuper rein rechnerisch zu einer Erhöhung von 6,8 Cent pro Liter. Ich habe mir angeschaut, wie sich die Treibstoffpreise entwickelt haben. Am 3. Oktober – also nach Einführung – betrug der Preis für 1 Liter Eurosuper 1,72 Euro. Am 26. September – also ein paar Tage davor – 1,68 Euro, das heißt: ein Unterschied von knapp 4,5 Cent, deutlich unter der Erhöhung. Wir sehen einfach, dass die Schwankungen des Marktpreises – jetzt und in den letzten Jahren – dramatisch höher als die Wirkung der CO2-Besteuerung sind. (Zwischenruf des Bundesrates Schachner.) Das war im Üb­rigen auch immer die Kritik – auch der NGOs –, dass das, jedenfalls bei den Treibstoffpreisen, nicht wirklich durchschlägt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt sind wir bei 1,67 Euro, aber wissen Sie, wie hoch noch im Juni der Preis für Eurosuper war? – 2,10 Euro! Noch im Juni lag der Preis 43 Cent über dem jetzigen Preis! 2012 war er übrigens 1,60 Euro. Wenn man das auf heute hoch­rechnen würde, wäre er dramatisch teurer, als er es jetzt ist.

Das Wichtigste vielleicht – und das blenden Sie, ich weiß es nicht, absichtlich aus –: Die CO2-Besteuerung ist und war immer untrennbar mit dem Klimabonus verbunden. Sämtliche Einnahmen werden zurückverteilt. In Anbetracht der Preiseskalation hat man den Klimabonus auf 500 Euro pro Person – wohlgemerkt, pro Person – verdoppelt. (Bundesrätin Grimling: Ja, einmalig!)

Nehmen wir ein Beispiel des Momentum Instituts, das ja sicher nicht SPÖ-fremd ist, her! Untersuchungen des Momentum Instituts zeigen so etwas von klar auf, dass der Nutzen aus dem Klimabonus vor allem für die unteren Einkom­mensgruppen drastisch höher als die Kosten – Mehrkosten – durch die CO2-Besteuerung ist: Faktor zehn, sagen die. Die CO2-Bepreisung mit dem Kli­mabonus – was zusammengehört – wirkt also sozialpolitisch positiv. Sie wirkt entlastend für die unteren Einkommensgruppen. Dagegen zu sein, das verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Schachner.) Volkswirtschaftlich führt es im Übrigen nicht zu einer Einkommens­reduktion für die Haushalte, weil alles zurückfließt. Kein Euro wird behalten. (Bundesrat Steiner: Wie heißt der Planet, auf dem der Alf wohnt? – Melmac! Ja, Melmac!)

Im Übrigen gibt es eine Reihe von Einsparmöglichkeiten. Ich zitiere ja immer gerne andere, die nicht so direkt unsere Freunde sind. (Bundesrat Steiner: Der Adi vom Planeten Melmac!) Der ÖAMTC zum Beispiel hat einen Versuch mit meh­reren Autotypen gemacht, wie sich eine freiwillige Temporeduktion von 130 auf 100 km/h auf den Spritverbrauch auswirkt. Die Einsparungen liegen zwi­schen 20 und 30 Prozent des Treibstoffverbrauchs. Das ist dramatisch mehr als die momentane Wirkung der CO2-Besteuerung. (Bundesrat Steiner: Adi nach Hau­se telefonieren!) Allein die Reduktion der Raumtemperatur um lediglich 1 Grad führt zu einer Einsparung der gesamten Wärmeenergie, die benötigt wird, um 6 Prozent.

Sie wissen, die CO2-Besteuerung ist ein langfristiges Projekt, deswegen ist sie auch dynamisch angelegt, deswegen steigt man jetzt auch mit einem gerin­gen Betrag ein – damit Planbarkeit entsteht. Sie darf nicht verschoben werden, das ist der zentrale Punkt, denn später klappt das nicht mehr. Wenn die Prei­se unten wären – das würde ich mir anschauen –, könnten wir nicht mit 30 Euro – so, wie jetzt – starten, dann müssten wir mit 50 Euro starten. Viel Vergnügen! Dann ist der Zeitpunkt hundertprozentig wieder falsch. (Bun­desrat Leinfellner: Wisst’s, was gut ist? – Dass ihr nicht mehr lange in der Regierung sitzt!)

Es wird unglaublich viel getan, um diese Dinge abzudämpfen, es gibt ganz viele Fördermaßnahmen. Ich sage es noch einmal – das ist schon wieder vergessen worden –: Die Pendlerpauschale ist um 50 Prozent erhöht worden, der Pendler­euro ist vervierfacht worden. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Zur Umstellung bei der Raumwärme, um da aus den Fossilen rauszukommen, ist die Förde­rung massiv erhöht worden. (Ruf bei der SPÖ: Wie ist das mit der Pendlerpauscha­le?) 800 Millionen Euro stehen zur Verfügung, 7 500 Euro Zuschuss erhält man allein vom Bund. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Einkommensschwa­chen Gruppen, den untersten 20 Prozent, wird die Umstellung der Heizung zu 100 Prozent finanziert.

Wir führen, falls Sie es übersehen haben, eine Strompreisbremse ein, ab 10 Cent – das ist ja sowieso weniger, als die meisten jetzt zahlen – wird alles ausgeglichen (Bundesrätin Kahofer: Das ist keine Bremse!), jede Kilowatt­stunde über einen sehr geringen Betrag – 2.900 Kilowattstunden – hinaus bis zu 40 Cent. Das ist ein milliardenschweres Paket – unmittelbar wirksam. (Bun­desrat Leinfellner: Und wer zahlt’s?)

Eine Energiekostenhilfe ist für Betriebe vereinbart worden – ebenfalls ein Mil­liardenpaket und übrigens ebenfalls eine Maßnahme, die natürlich dazu führt, dass die Produktkosten sinken oder nicht weiter steigen. Damit ist sie in­flationsbremsend. (Bundesrat Steiner: Ja was jetzt? Sinken oder nicht weiter steigen?)

Es ist die kalte Progression abgeschafft worden. Wir wissen – das ist unumstrit­ten, der Budgetdienst des Parlaments rechnet das vor –, dass die untersten Einkommensgruppen relativ am stärksten profitieren. (Bundesrat Steiner: Adi nach Hause telefonieren!) Es gibt eine Indexierung mehrerer Sozialleistungen, das hat die SPÖ nie zustande gebracht. Es gibt eine grandiose Erhöhung der Pensio­nen mit der sozialen Staffelung: 10 Prozent für kleine Pensionen. (Bundesrätin Grimling: Wo ist das beschlossen worden? – Bundesrat Reisinger: Ein Schmäh! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bin kein Pensionsexperte, aber das verste­he sogar ich, dass es eine kluge Vorgangsweise ist, sozial zu staffeln und die kleinen Pensionen mit Einmalzuschüssen massiv anzuheben. (Bundesrat Steiner: Aber du gehörtest in Pension!)

Ich kann gar nicht alles aufzählen. Ganz ehrlich, die CO2-Steuer und den Klima­bonus anzugreifen und die Aufhebung zu fordern, das ist einfach die falsche Angriffsfläche, tut mir leid. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Danke für die Mogelpackung!)

Ganz ehrlich, es ist mühsam, es ist wirklich mühsam, das gebe ich zu, das kostet Nerven und ich schlafe schlecht, aber es ist vor allem so etwas von ignorant von Ihnen, daherzukommen und zu sagen, die Regierung würde nichts machen. Das ist ganz bestimmt nicht so sachlich, wie Sie das, Herr Schachner, für sich beansprucht haben – ganz bestimmt nicht. Es ist blanke Polemik mit dem Ziel, an­deren zu schaden, anstatt sich in der Krise, auch in der Klimakrise, konstruktiv zu verhalten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Adi nach Hause telefonieren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.24

Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Doch: Herr Kollege Schennach hat sich gemeldet. – Bitte.