11.48

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, diesmal kann ich mich den Worten meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Eder, vollinhaltlich anschließen.

Natürlich ist dem Beschluss des Nationalrates von Gewährung des Kinderbe­treuungsgeldes für Vertriebene aus der Ukraine jedenfalls zuzustimmen, weil diese armen Menschen, die durch den Angriffskrieg in der Ukraine ihre Heimat verloren haben und jetzt unfreiwillig bei uns ihren vorübergehen­den Lebensmittelpunkt haben, unsere Unterstützung brauchen.

Wir wissen, in dieser schwierigen Situation sind die Väter, die Lebenspartner, die Ehemänner in höchster Lebensgefahr. Hauptsächlich die Frauen und Kinder leben bei uns und brauchen da auch unsere größtmögliche Unterstützung, nicht nur in Form dieser Geldleistungen, sondern natürlich auch in Form der intensivsten Bemühung um Bildung, sodass gerade die Kinder bestmöglich inte­griert werden, damit sie später in der Ukraine oder vielleicht auch bei uns oder sonst wo ihren Beitrag zu einer funktionierenden Gesellschaft leisten kön­nen.

Da wird ein Beitrag unsererseits geleistet, in Wahrheit auch ein Rechtsanspruch erfüllt, obwohl das Gesetz wiederum sehr – wie soll man sagen? – holprig zu­stande gekommen ist. Da drücken wir aber ein Auge zu, weil jetzt nicht diese ar­men Menschen leiden sollen. Wie gesagt, es hat auch keine Begutachtung ge­geben, aber jedenfalls ist hier der Intention zuzustimmen.

Zum Antrag, der hier kurz von Kollegin Steiner-Wieser geschildert wurde, zum Berndorfer Modell, wie Sie das nennen, ist zu sagen: Da bin ich auch Frau Kollegin Eder für ihre klaren Worte sehr dankbar, weil nicht alle in der ÖVP das so wie sie sehen. Also da bin ich sehr froh, dass uns in dieser Frage sozusa­gen eine Frauenachse verbindet. Dieser Antrag auf Müttergeld – so nenne ich es jetzt einmal verkürzt – geht nämlich in die völlig falsche Richtung und wür­de Frauen wiederum aus der Arbeitswelt vertreiben (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätinnen Zwazl und Kittl) – also ich schildere das kurz, falls nicht alle die­ses Modell kennen –, wenn sie mit Geld abgespeist würden, damit sie auf ei­nen ach so teuren Kinderbetreuungsplatz verzichten.

Es gibt sogar einige Gemeinden, in denen das schon Realität ist, nämlich auch in der Steiermark – deshalb sage ich das (in Richtung ÖVP) gerade in Ihre Richtung ‑, nämlich ÖVP-regierte Gemeinden, die das umgesetzt haben. Da hat es auch ÖVP-intern durchaus – wir Steirerinnen und Steirer wissen das – Konflikte gegeben, weil sich der ehemalige Landeshauptmann Schützenhöfer auch dagegen ausgesprochen hat, das so anzubieten.

Da wird wieder ein unglaublicher Druck auf die Frauen ausgeübt, nämlich sowohl seitens der Familie als auch seitens der Gemeinde. Die Frauen müssen sich umso mehr rechtfertigen, wenn sie nach einem Jahr oder nach zwei Jahren wieder in den Beruf einsteigen wollen, weil sie teilweise als Rabenmütter oder als karriereorientiert, als karrieregierig hingestellt werden, die die Gemeinde einfach zu viel Geld kosten. Also sind sie wieder einem unglaublichen Druck ausgesetzt.

Niemand interessiert sich dann aber dafür, wie es Frauen nach dieser längeren Abwesenheit vom Arbeitsplatz geht, dass sie dann selten wieder denselben Arbeitsplatz bekommen, sondern weit unter dem vorherigen Niveau eingestellt werden, nicht nur gehaltsmäßig, sondern auch, was die Arbeitsbedingungen angeht, die dann viel weniger attraktiv sind. Die vorher hart erarbeitete Position wurde schon längst wieder vergeben und ist auch kaum mehr zu erreichen.

Es gibt auch Studien von verschiedensten Instituten, die zeigen, dass Frauen nach längerer Abwesenheit, also eben nach mehr als diesen zwei Jahren, rund ein Drittel ihres Einkommens verlieren. Das summiert sich dann im Laufe des Erwerbslebens, weil sie dann geringere Aufstiegschancen haben, weniger zu Fortbildungen geschickt werden. Das wirkt sich in der Pension natürlich massiv aus.

Wir wollen aber – und das ist hoffentlich unser gemeinsames Ziel –, dass wir die Einkommensschere endlich schließen. Der Equal-Pay-Day steht unmittelbar vor der Tür, in manchen Gemeinden schon sehr bald. In der Steiermark ist der 26. Oktober der Tag, an dem die Männer schon jenes Einkommen erreicht haben, für das die Frauen das ganze Jahr arbeiten müssen.

Das Müttergeld oder Berndorfer Modell oder wie Sie es nennen wollen, würde die Frauen in ihrer Eigenständigkeit und in ihrer Unabhängigkeit zurückwer­fen und wieder traditionelle, oft konfessionell geprägte Familienbilder fördern. Deshalb wundert es mich, dass die Freiheitlichen so auf dieses Modell ste­hen. Extrem muslimisch oder auch extrem oder streng katholisch geprägte Fa­milienbilder würden durch so ein Modell unterstützt werden. Also ich weiß nicht, ob Sie das wirklich zu Ende gedacht haben.

Echte Wahlfreiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es nur bei einem flächendeckenden Angebot von ganztägiger und auch ganzjähriger, nämlich auch in den Ferien angebotener, Kinderbildung und -betreuung, und das möglichst kostenfrei. Dann können wir von Wahlfreiheit und von bestmögli­cher Unterstützung der Kinder, der Familien gerade in Zeiten der Teuerung re­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Apropos – auf eines möchte ich schon auch zu reden kommen, jetzt wieder zum ursprünglichen Antrag zurückkommend, nämlich zu dem auf Kinderbetreu­ungsgeld und Familienbeihilfe: Wir hatten da vorgestern eine sehr aufschluss­reiche Ausschusssitzung. Kolleginnen und ich haben Probleme bei der Be­arbeitungsdauer bei der Gewährung von Familienbeihilfe angesprochen, weil da­ran ja auch alle Folgeansprüche hängen. Das Kinderbetreuungsgeld, Kranken­versicherung und viele weitere Leistungen hängen an der Familienbeihilfe.

Viele von uns wurden in der Sprechstunde oder von Beratungsstellen mit Fällen aus der Praxis konfrontiert, bei denen die derzeit überlange Bearbeitungsdau­er thematisiert wurde. Wir wurden seitens der Vertreterin des Ministeriums da­hin gehend aufgeklärt, woran es liegt, dass es so einen Rückstau gibt: Es liegt offensichtlich daran, dass in den Pandemiejahren 2020, 2021 und Anfang 2022 die Anspruchsüberprüfung gestoppt wurde. Das war politisch erwünscht, ist auch durchaus in Ordnung und begrüßenswert, aber da wurde nicht für die nach­folgenden Zeiten Vorsorge getroffen. Jetzt muss das alles abgebaut wer­den, jetzt muss das alles wieder nachbearbeitet werden. Da entsteht einfach ein Rückstau, und die Neuanträge werden hintangestellt und haben lange Warte­zeiten.

Aus dem Amtsdeutsch übersetzt heißt das aber: Hinter diesen Neuanträgen ste­hen Menschen, da stehen Familien, hauptsächlich Alleinerzieherinnen mit ih­ren Kindern, die jetzt auf gar keine Einkommen zurückgreifen können. Wenn sie eben keinen Ehepartner oder Unterhaltspflichtigen haben, der einspringt, müs­sen sie irgendwie auf Familienhilfe oder was auch immer zurückgreifen, und wenn die nicht vorhanden ist, stehen die ohne alles da. Also das ist staat­lich provozierte Kinderarmut. Da muss bitte dringend etwas getan werden, Frau Ministerin. Da ersuche ich Sie wirklich, auch Überbrückungshilfen, Akontozah­lungen anzubieten, weil wir die Familien nicht im Stich lassen können. Da­rum ersuche ich. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

Vizepräsident Günther Novak: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Steiner-Wieser zu Wort gemeldet. – Bitte.