13.02

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer:innen auf der Galerie und zu Hause via Livestream! Bevor ich auf die wesentlichen inhaltlichen Details des Sicherheitsberichts für das Jahr 2020 ein­gehe, darf ich festhalten, dass wir den Bericht zur Kenntnis nehmen. Wir tun das aber mit Fußnoten, die wir gerne anmerken möchten.

Eine dieser Fußnoten bezieht sich auf die zeitliche Komponente. Wir diskutieren heute, also im Oktober 2022, den Sicherheitsbericht für das Jahr 2020. Das ist, für mich zumindest, unglaublich und einfach nicht zu verstehen, warum wir im Parlament über wirklich wichtige sicherheitsrelevante Entwicklungen in den Bereichen Kriminalität, Migration, Korruption erst zwei Jahre im Nachhinein reden! Die Erfassung all dieser Daten – so kenne ich es zumindest aus meiner Arbeit bei der Polizei –, wie zum Beispiel die Kriminalitätsstatistik, erfolgt auto­mationsunterstützt, das heißt, dass jedes begangene Delikt in einem sehr engen zeitlichen Rahmen von der Polizei elektronisch erfasst wird und in weite­rer Folge dann auf Knopfdruck abgerufen werden kann.

Frau Ministerin, Sie sind ja heute in Vertretung hier. Erklären Sie uns bitte – ich hoffe, Sie schaffen das –, warum wir den Sicherheitsbericht von 2020 erst heuer, im Jahr 2022, vor uns haben.

Die Datensammlung zu verschriftlichen, kann ja, glaube ich, nicht so lange dauern. Das glaube ich nicht. Vielmehr müssen die Gründe für diese Verschleppung ganz woanders liegen. Im Übrigen sieht es mit dem Sicherheits­bericht für 2021 nicht viel besser aus. Der dürfte unseren Informationen zu­folge auch noch in irgendeinem Büro im Justizministerium verschollen sein, ob­wohl eigentlich versprochen wurde, dass dieser Bericht Mitte dieses Jahres vorgelegt wird.

Dass wir als Opposition dieses Vorgehen kritisch sehen, liegt wohl auf der Hand. Hier sind die Bundesregierung und vor allem auch Minister Karner säumig und weiter in der Pflicht.

Nun aber zu den einzelnen Punkten – der Kollege hat ja schon einiges ausgeführt, ich fasse noch ein paar Dinge zusammen. Was gut ist: Die Kriminali­tät ist in Österreich rückläufig. Im Jahr 2020 wurden rund 434 000 Straftaten angezeigt, das ist ein Minus von 11,3 Prozent. Gleichzeitig – und das ist wieder erfreulich – steigt die Aufklärungsquote, und zwar auf 54,2 Prozent, und an dieser Stelle darf ich allen Polizistinnen und Polizisten meinen herzlichen Dank aussprechen, denn diese Entwicklung ist auch ihr Verdienst. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Laut Sicherheitsbericht setzt sich der Trend der vergangenen Jahre auch 2020 fort. Wir haben es gehört: Klassische Vermögensdelikte, wie zum Beispiel Einbruchsdiebstahl, Kfz-Diebstahl oder Laden- oder Taschendiebstähle, gehen teilweise sogar stark zurück. In den Bereichen Wirtschafts-, Internet- und Suchtmittelkriminalität sowie bei Gewaltdelikten in der Privatsphäre ist jedoch ein Anstieg zu verzeichnen. Ganz tragisch ist leider die Entwicklung bei den Femiziden, da muss die Regierung endlich massiv gegensteuern und noch zusätz­liche Maßnahmen ergreifen. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Klar absehbar sind auch die Auswirkungen der Covid-19-Beschränkungen – das kann man sehr gut herauslesen –, mit den Lockdowns sank natürlich auch die Kriminalität.

Noch ein paar Bemerkungen zur Migration: Zwischen 2015 und 2020 haben sich ja rund 200 000 Asylanträge aufgestaut. Diese wurden großteils abgearbeitet. 2019 waren die Zahlen zu 2018 rückläufig. 2020 stiegen sie dann auf rund 14 700 wieder leicht an. Den Ausführungen von Minister Karner zufolge verzeichnen wir aber heuer einen sehr hohen Anstieg bei den Asylanträgen – also ein Umstand, der ein professionelles und menschenwürdiges Management erfordert.

Was aber macht der Herr Minister? – Laut Berichten kam es im Sommer zu einer Überlastung der Polizei an der burgenländischen Grenze. Über einen Erlass hat er dann eine neue Vorgehensweise vorgegeben. Demnach werden – es ist wirklich skurril – Asylsuchende an der Grenze zwar datenmäßig erfasst, sie wer­den aber in weiterer Folge sozusagen mit einem Zugticket ausgestattet und durch ganz Österreich geschickt, um sich dann zu einem Erstaufnahmegespräch zu melden.

„Der Standard“ berichtete, dass von rund 7 000 Personen nur 500 in die Grundversorgung aufgenommen wurden. Ich frage Sie, Frau Minister: Wo sind denn die anderen 6 500 geblieben? Ich glaube oder hoffe, nicht verlorenge­gangen. (Bundesrat Steiner: Na hoffentlich schon!) Durch dieses Missmanagement gefährdet der Minister, gefährdet die Bundesregierung gleichermaßen die Si­cherheit der Bevölkerung wie die Sicherheit der Schutzsuchenden, und sie unter­wandern aus unserer Sicht auch EU-Recht, nämlich die Dublinrichtlinie. Deshalb wurde an den Minister zu dieser Thematik völlig zu Recht eine schriftli­che Anfrage gestellt. Ich bin wirklich gespannt, was er uns antworten wird.

Dann darf ich noch aus dem Sicherheitsbericht zitieren, dort steht ganz genau: „Es zeigt sich, dass der eingeschlagene Weg einer konsequenten Migrations­politik durch eine starke Vernetzung und Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene fortgesetzt werden muss, um die globale Frage von Mi­gration adäquat und umfassend lösen zu können.“

Diesem Befund gebe ich ausnahmsweise teilweise recht. Ja, es braucht Zusammenarbeit auf internationaler und europäischer Ebene, aber den zitierten eingeschlagenen Weg einer konsequenten Migrationspolitik kann ich bei die­ser Bundesregierung beim besten Willen nicht erkennen! Wenn wir uns die un­erträgliche Situation im übervollen Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen anschauen, wo Menschen auf den Gehsteigen schlafen müssen, dann kommt ja das Gefühl auf, dass Sie solche Situationen durch Ihr Nichtstun eher heraufbeschwören, als dass Sie dagegen ansteuern! Unfassbar wäre, wenn da­hinter auch noch politisches Kalkül stecken würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Am Ende darf ich an die Adresse des Bundeskanzlers noch Folgendes richten: dass er doch bitte gerne auf seine Ausflüge wie vor wenigen Tagen nach Budapest verzichten kann. Er soll sich von dieser überflüssigen und leider auch durchschaubaren Showpolitik verabschieden und sich lieber mit aller Kraft und vor allem auch mit allen Regierungsmitgliedern in den europäischen Gre­mien für ein effektives Grenzmanagement und eine seriöse, gerechte Mi-grationspolitik einsetzen (Beifall bei der SPÖ), denn eine gute und vernünftige Migrationspolitik ist auch eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik.

Und ein letzter Satz an die Bundesregierung: Hören Sie endlich auf mit Ihrer Gutscheinpolitik, setzen Sie in einer Teuerungskrise, wie sie noch nie dagewesen ist, endlich die Preise nach unten, denn auch der soziale Friede – das ist ganz wichtig – ist eine unverzichtbare Grundlage für die innere Sicherheit in die­sem Lande! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile dieses.