18.30

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Staatssekretär! Lieber Kollege, Sie sind schon sehr heiter. (Bundesrat Schennach: Nein, es gab ein Missverständnis!) – Ja, ja. Ja, gut. Na ja, es ist ja insoweit heiter – oder sagen wir einmal: ehrlich –, dass bisher kein einziger Wiener SPÖ-Bundesrat das Wort ergriffen hat. Das finde ich sehr in Ordnung und sehr richtig. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Das kommt schon! Das kommt schon noch! – Bundesrätin Grimling: Nur nicht zu früh freuen! – Bundesrat Schennach: Wir haben gewartet, dass Sie sich da rauswagen!)

Der Kollege (in Richtung Bundesrat Obrecht weisend) kommt nach mir, den sehe ich schon, aber sonst hätte ich ja fast sagen müssen, man hätte mit einem Redebeitrag aus der ersten Bank den Bock zum Gärtner gemacht oder – Ent­schuldigung, SPÖ, bei Sozialdemokraten wird das gegendert – Geißen und Böcke zum Gärtner gemacht. So wäre es korrekt, ja. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Zum Thema! Und jetzt schauen wir, wer da in der ÖVP über den Witz lacht!)

Das sage ich aber nicht und kann ich auch nicht sagen, weil Sie geschwiegen haben (Bundesrätin Hahn: Geht es dann zum Thema auch wieder?) und Redner von Ländern hier am Rednerpult standen, die sich nicht so mit Unehre bekleckert haben. Nur zur Erinnerung, liebe Wiener: Wer hat die Kosten für die Fernwärme um 93 Prozent, wer hat die für Mieten, wer hat die für Abwasser, Wasser (Rufe bei der SPÖ: Das Lamento kennen wir schon! – Bundesrat Schennach: Alles bekannt!) und so weiter erhöht? Wer hat die Strom- und Gaspreise um 200, 300, 400 Pro­zent, je nach Tarif, erhöht? – Das waren die städtischen Wiener Energiebe­triebe.

Da verstehe ich, dass man sich hier, wenn es um Gaspreisdeckel und Energie­preisdeckel geht, Gott sei Dank nicht zu Wort meldet. Dafür kriegen Sie eine Auszeichnung von mir, eine kleine weihnachtliche Auszeichnung. (Bundesrätin Grimling: Vom Herrn Dr. Hübner brauchen wir das!)

So, jetzt aber zum Kern der Sache: Fangen wir einmal mit dem Strom an! Das Wort Meritorder ist ja mehrfach gefallen, nur: Was heißt das, Meritorder, dieses System, Frau Kollegin, betreffend das Sie sagen, das alles kann nur auf euro­päischer Ebene gelöst werden, denn eine nationale Lösung wäre jedenfalls weniger als eine europäische? Was bedeutet das? – Meritorder heißt, es werden ständig Anbote an die Stromabnehmer, an die Stromgroßabnehmer von den Produ­zen­ten erstellt, und die kommen nach ihrer Billigkeit, nach ihrem Merit, zum Zug – also der Billigste und so weiter, und das letzte Stückerl wird letztendlich vom Teuersten gewonnen.

Jetzt sollte man glauben, es gibt wahrscheinlich eine Preisregelung, dass jeder nach Anbot bezahlt wird, aber: Nein, es ist vorgesehen, dass alle nach dem teuersten Anbot bezahlt werden. Dieses System hat lange Zeit einigermaßen funktioniert, weil die Anbote wenig differenziert sind. Jetzt aber, da der Markt völlig zusammengebrochen ist und gestört wird, jetzt wird von den Strom­erzeugern großflächig abgecasht – anders kann man es nicht sagen.

Schätzen Sie einmal, Kollege Schennach, wie viel Prozent des österreichischen Stroms – jetzt lassen wir einmal Wien von der Schaufel (Bundesrätin Grimling: Von der Schaufel?) – mit Gas produziert wird! Schätzen Sie einmal! Oder wollen Sie nicht? Dann müssen Sie nicht schätzen. Die Frau Staatssekretärin wird es wissen. Es sind, wenn die Wasserkraftwerke richtig funktionieren, wenn es nicht sehr trocken und kalt ist, 10 Prozent. Wenn es sehr kalt ist und sehr, sehr lang nicht regnet, sind es bis zu 20 Prozent. Das ist das Maximum, also bis zu höchstens 20 Prozent. Im Schnitt sind es 13, 14 Prozent, die mit Gas erzeugt werden. Da sollte man glauben: Selbst wenn sich der Gaspreis verdreifacht, dann könnte sich der Strompreis – wenn man berücksichtigt, dass ja im Elektrizitäts­preis nicht nur das Rohstoffmittel vorhanden ist, sondern dass da auch die Leitung und die Administration bezahlt werden – vielleicht um 20 oder 25 Pro­zent, aber nicht um 200, 300, 400 Prozent erhöhen.

Wir erleben in diesem Bereich also ein eklatantes Marktversagen, und was ich nicht verstehe, Frau Staatssekretär Plakolm, ist, dass Sie da großartig herum­reden und nicht sagen: Es handelt sich da um eine skandalöse Situation, wo auf den Kosten der Abnehmer – gleich, ob es Gewerbetreibende, Industrielle, Private, Pensionisten oder Millionäre sind – ein Riesengeschäftsmodell ent­wickelt wurde, dem seit zehn Monaten niemand in die Parade fährt.

Es wird nur gesagt: Wir sollten, wir müssten. – Die Europäische Union macht nichts! Diese sogenannte Gaspreisbremse mit 180 Euro pro Megawattstunde ist ja auch ein Witz, wenn der Marktpreis derzeit bei 110, 112 Euro liegt. Wir liegen mit dieser Bremse ja um 25 Prozent über dem Marktpreis! Es passiert also gar nichts. Daher meine Frage – ich weiß nicht, ob Sie sich noch einmal zu Wort melden –: Wieso macht Österreich hier nichts und versteckt sich hinter dem Stehsatz, eine nationale Lösung könne nur schlechter als eine europäische sein? – Jede Lösung ist besser als eine Nulllösung oder keine Lösung! (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Egger-Kranzinger, Obrecht und Schmid.)

Und, liebe Kollegen von den Grünen oder was immer, ja, man kann natürlich mit einer gigantischen Bürokratie ständig Gelder und Almosen verteilen und irgendwelche Bonusse ausschütten und dergleichen. Das kann man machen, wenn man verbergen will, dass man nicht bereit ist, dem Problem auf den Grund zu gehen. Warum Sie das machen, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, warum es die Frau Staatssekretärin macht, aber sie wird wahrscheinlich Vorgaben haben, die sie zu erfüllen hat. Warum es aber die Bundesregierung nicht macht, warum es niemand in der Regierung zur Sprache bringt, verstehe ich nicht. Und warum es selbst die SPÖ nur verschämt irgendwo als Frage 17 bringt und nicht als zentrales Element einer Anfrage und Kritik, verstehe ich auch nicht.

Ich würde es verstehen, wenn es von der SPÖ Wien käme, ich verstehe es aber nicht, wenn es von anderen Bundesländern kommt. (Bundesrätin Prischl: Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt! – Bundesrätin Hahn: Nach wie vor die lebens­werteste Stadt!) Der Kollege aus Salzburg hat es dankenswerterweise aufs Tapet gebracht – immerhin. Also das ist einmal die erste Forderung, und wenn jemand das nicht angeht und das nicht beim Namen nennt, dann braucht er nicht herumzureden, dass er gegen die Teuerung vorgeht.

Natürlich ist die Teuerung im Kern eine Energieteuerung – ganz klar! –, die jetzt in allen Bereichen durchscheint, und die wird natürlich durch Almosen und Geschenke, durch Schmerzmittel nicht gelindert. Sie wird gefühlsmäßig bei einigen gelindert, aber inflationär nicht.

Die Situation betreffend den Gaspreis ist ja ähnlich skandalös. Da geht es ja nicht darum, dass es auf dem Weltmarkt einen Gasmangel gibt, dass Gas ein Mangel­produkt ist, nein, das ist ein rein west- und nordeuropäisches Thema. Alle anderen Kontinente und Länder haben das nicht. Gas ist ein Überschussprodukt! Die bekannten Reserven, die es weltweit gibt, reichen für 285 Jahre und wachsen derzeit pro Jahr – pro Jahr! – um zehn, 20 Jahre.

Es ist nur die Frage, woher man es holt, wie ökologisch man es holt und wie teuer man es holt. Wenn ich sage: Ich drehe die Pipelines ab oder ich sprenge die Pipelines in die Luft oder schaue zu, wie meine eigenen Pipelines in die Luft gesprengt werden und vergieße dann Krokodilstränen darüber, dass ich das Gas um den zehnfachen Preis verflüssigt aus Katar, aus dem Oman oder den USA kaufen muss!, dann, Entschuldigung, kann man mir als Verantwortlichem nicht helfen.

Daher, liebe Freunde und Kollegen: Kehren wir bei diesem Thema endlich zur Ehrlichkeit und zu den Wurzeln zurück! Behandeln wir die Dinge so, wie sie sind! Behandeln wir Fakten als Fakten, verschweigen wir sie nicht, relativieren wir sie nicht, verharmlosen wir sie nicht!

Wenn wir das nicht können, liebe Kollegen, dann sind wir gezwungen, die Regie­renden und die Verantwortlichen auszutauschen. Es ist zwar ein Stehsatz der Opposition, Neuwahlen und Regierungswechsel zu verlangen, aber in diesem Fall disqualifiziert sich eine Regierung von A bis Z, sodass mir nichts anderes übrig bleibt, als mich Kollegen Pröller vollinhaltlich anzuschließen: Da kann es nur mehr Neuwahlen geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.38

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mag. Sascha Obrecht. – Bitte, Herr Bundesrat.