13.33
Bundesrätin Barbara Tausch (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Frau Volksanwältin! Werte Herren Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wie oft haben Sie mit Behörden zu tun? Ich meine natürlich nicht als Politiker oder als Politikerin, sondern im Alltag als Privatperson – etwa als junger Häuslbauer in der Gemeinde Freinberg im Innviertel, als wohnungsuchende Studentin in der Stadt Linz, als Patientin, als Vater dreier Kinder, als junge werdende Mama, als Bewohner eines Altenheimes, als Steuerzahlerin oder als Staatsbürger zur Beantragung eines neuen Reisepasses.
Direkt oder indirekt haben wir in unserem Leben natürlich sehr oft mit Behörden und mit der öffentlichen Verwaltung zu tun. Ein gutes Bürgerservice behandelt die Menschen wertschätzend, trifft rechtskonforme, nachvollziehbare Entscheidungen und führt Verfahren auch zügig durch. Garant für diese hervorragende Arbeit sind die zahlreichen öffentlich Bediensteten auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, denen ich auf diesem Wege sehr herzlich für die sehr gute und die gewissenhafte Arbeit Danke sagen darf. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Freilich wissen wir: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Gerade deshalb ist es gut, das Kontrollorgan der Volksanwaltschaft zu haben. Eine gewissenhafte Kontrolle wie sie die Volksanwaltschaft durchführt, zeigt Probleme, Schwachstellen und Fehlentwicklungen auf – nicht, um mit dem Zeigefinger in offenen Wunden zu bohren, sondern, um aus Fehlern zu lernen, Lösungen zu finden und besser zu werden.
Gerade das Jahr 2021 war wirklich kein einfaches Jahr: die Pandemie und die damit verbundenen laufenden Änderungen, Inflation, Teuerungen, der Krieg in der Ukraine, ein Anstieg des Schlepperwesens, Personalmangel auf allen Ebenen. Die Änderungen forderten die Ämter und Behörden, aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Viel Neues kam auf uns zu. Unbekanntes führt natürlich zu Unsicherheit, aber auch zu Verzögerungen in der Umsetzung, daher haben auch sehr viele Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2021 den Weg zur Volksanwaltschaft gesucht, was uns der vorliegende Bericht bestätigt.
Über 23 600 Menschen wandten sich im Jahr 2021 mit einem Anliegen an die Volksanwaltschaft. Das ist wirklich viel, das ist eine massive Steigerung von 32 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor, was die bereits erwähnten Herausforderungen widerspiegelt. Bei knapp der Hälfte der Fälle gab es ein formelles Prüfverfahren. Die meisten jener Beschwerden betrafen die Bereiche Soziales, Gesundheit, Inneres und Justiz. Gerade im Gesundheits- und Sozialwesen häufen sich situationsbedingt die Anfragen zur Pandemie, aber auch allgemein zu Krankenkassen und zu den Bereichen, die Menschen mit Behinderung betreffen.
Auch der Personalmangel im Gesundheitsbereich, bei Kassenärztinnen und Kassenärzten und Fachärzten ist ein wirklich großes Thema. Sehr begrüßen darf ich dabei die Maßnahmen der Sozialversicherung wie Honorarerhöhungen für Kassenärztinnen und Kassenärzte oder die Schaffung von Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren. Im Hinblick auf die zahlreichen offenen Hausarztstellen ist da aber wirklich Tempo gefragt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich will insbesondere die Pläne unseres Bundeskanzlers Karl Nehammer hervorheben. In seiner Rede zur Zukunft der Nation ging es um die Sicherung der Gesundheitsversorgung für alle Regionen, und zwar durch gezielte Maßnahmen in der Medizinausbildung und bei Kassenarztpraxen. Ein großer Wurf ist der Regierung bereits im Pflegebereich gelungen: Das 1-Milliarden-Euro-Pflegepaket ist ein erster wichtiger Schritt zur Sicherung der Altersvorsorge und der Altersversorgung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Es sind sehr gute 20 Maßnahmen für den Pflegeberuf, für die Ausbildung sowie für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige dabei – da tut sich wirklich etwas.
Im Bereich der Volksanwaltschaft fällt auf, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Beschwerden das Bundesministerium für Finanzen betroffen hat. Die Zahl der Beschwerdefälle stieg von 259 im Jahr 2020 auf 357 Beschwerden im Jahr 2021. Was war der Grund dafür? – Frau Volksanwältin Gaby Schwarz hat uns in der Ausschusssitzung die Gründe dazu erläutert und auch bereits erkennbare Verbesserungen aufzeigen können. Ein Viertel der Anfragen war den Covid-Maßnahmen geschuldet. Anfängliche Probleme, zum Beispiel beim Härtefallfonds oder dem Fixkostenzuschuss, konnten mit der Zeit zum Glück gelöst werden.
Sehr viel Kritik brachte auch die Umorganisierung des Finanzamtes hin zum Finanzamt Österreich: kein Kontakt mehr zum persönlichen Sachbearbeiter, ewig lange Wartezeiten in der Hotline und damit verständlicherweise eine große Unzufriedenheit. Laut Auskunft hat sich die Situation schon deutlich verbessert, die Umstrukturierung pendelt sich sukzessive ein.
Die Volksanwaltschaft hat im Jahr 2021 trotz Einschränkungen durch die Pandemie den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern pflegen können: Es gab 112 Sprechtage vor Ort und zahlreiche telefonische Sprechtage, die Servicehotline und das Angebot der Onlineformulare, sodass 60 Prozent die Services der Volksanwaltschaft nutzten. Man kann also sagen: Menschen, die Hilfe gesucht haben, haben auch Hilfe erhalten.
Seit 2012 erfüllt die Volksanwaltschaft eine zusätzliche Aufgabe als Teil des Nationalen Präventionsmechanismus. Sie ist deshalb auch für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in Österreich zuständig. Im Zusammenhang mit diesem Thema wurden in Österreich Justizanstalten, Polizeiinspektionen, psychiatrische Einrichtungen und Pflegeheime besucht und beobachtet.
Es gab 570 Kommissionseinsätze, 13 Round-Table-Gespräche. Ganz viel Engagement und vor allem viel Lösungsbereitschaft fließen in die Arbeit ein.
Meine Damen und Herren, ich könnte noch auf sehr viele Bereiche eingehen, in denen die Volksanwaltschaft als Bürgeranwalt, also quasi als Gratisbürgerservicestelle, tätig ist. Ich möchte vielleicht noch einen grundsätzlichen Gedanken zur Volksanwaltschaft und der Bedeutung der internationalen Ombudsstelle einbringen.
Ja, wir leben in dynamischen, in wirklich sehr bewegten Zeiten. Der Krieg in der Ukraine und die weltweiten Anspannungen führen uns vor Augen, dass es mehr denn je notwendig ist, Vertrauen in den Rechtsstaat und in die Institutionen zu haben, die ihren Beitrag dazu leisten, dass wir ein friedliches und gutes Zusammenleben haben. Durch die Reakkreditierung des A-Status beim europäischen Netzwerk Ganhri hat Österreich die Möglichkeit, sich aktiv in die Verbreitung von Wertschätzung und für ein gutes Miteinander einzubringen. – Danke dafür und herzliche Gratulation dazu! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Gruber-Pruner.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich abschließend ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft und den anwesenden Volksanwälten für den großartigen Einsatz bedanken, für die Verbesserungsvorschläge und die umfassenden Berichte. Damit können wir gemeinsam an Lösungen arbeiten, denn jedes gelöste Problem, ob klein, ob groß, kann Österreich noch besser machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
13.41
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Volksanwältin Gabriela Schwarz. – Bitte, Frau Volksanwältin.