14.31

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über den Dank und möchte ihn gerne zurückgeben. Ich möchte mich bedanken, dass sich die gesetzgebenden Körperschaften in Österreich so intensiv und so produktiv mit unseren Berichten auseinandersetzen. Das ist nämlich für die Institution Volksanwaltschaft und für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sehr, sehr wichtig.

Viele Probleme können wir zwar auf kurzem Wege in Kommunikation, in Kooperation mit den Behörden lösen, indem wir sie auf Fehler, Unterlassungen, falsche Einschätzungen hinweisen, indem wir sie ersuchen, im Rahmen der Gesetze eine bürgerfreundlichere, bürgerinnenfreundlichere Auslegung zu wählen, aber in anderen Fällen, bei anderen Problemen kann die Behörde bei bestem Willen nicht ein bürger:innenfreundliches Ergebnis erzie­len, weil schlicht und einfach die Rechtslage dagegensteht oder entsprechende gesetzliche Bestimmungen fehlen. In diesem Fall müssen unsere Kritik­punkte, unsere Anregungen dann in den gesetzgebenden Körperschaften dis­kutiert und hoffentlich weiterverfolgt und beachtet werden. Insofern ist es ganz, ganz wichtig, dass wir diese Berichte hier sehr offen und umfassend diskutieren können.

Ich möchte aus meinem Geschäftsbereich drei Beispiele herausnehmen, bei denen ich der Meinung bin, dass die Gesetzgebung da auch ihren Bei­trag zur Verbesserung der Situation leisten muss.

Frau Bundesrätin Buschberger hat schon das Problem in der Pflege angespro­chen. Im Bericht haben wir besonders intensiv die psychiatrischen Ein­richtungen beleuchtet, weil wir dort in der präventiven Menschenrechtskontrolle im Jahr 2021 einen Schwerpunkt gesetzt haben. Wir haben in den Psychia­trien geschaut, ob mit Gewalt, die in solchen Einrichtungen unvermeid­lich ist, professionell umgegangen wird, ob es Gewaltschutzkonzepte gibt, ob im Zuge von Fixierungen die entsprechenden gesetzlichen und menschen­rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, ob die Räumlichkeiten so ge­staltet sind, dass Gewalt möglichst selten vorkommt, und dergleichen.

Wir haben das sehr genau analysiert. Wir waren in nahezu allen psychiatrischen Einrichtungen in Österreich, haben das verglichen und haben festgestellt, dass noch viel zu tun ist. Gewaltschutzkonzepte gibt es in nahezu allen Einrich­tungen, es sind allerdings nicht in allen Einrichtungen alle Mitarbeiter:innen darin geschult. Darauf haben wir die Träger der Einrichtungen aufmerk­sam gemacht.

Wir haben aber auch festgestellt, dass die Räumlichkeiten in vielen psychiatri­schen Einrichtungen veraltet sind und nicht dazu beitragen, ein Klima zu schaffen, in dem Gewalt möglichst hintangehalten wird. Und da ist schon die Politik gefordert, da auch Geld zur Verfügung zu stellen und die sowieso geplanten Modernisierungen dieser Einrichtungen entsprechend voranzutreiben.

Nicht zuletzt haben wir festgestellt, dass es – wie Sie es im Bereich der Pflege angesprochen haben – auch in der Psychiatrie zu wenig Personal gibt. Das kann ich im Übrigen auch für Jugendhilfeeinrichtungen, für Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und für viele, viele Einrichtungen im Sozialbereich insgesamt sagen.

Ich freue mich, dass Sie gesagt haben, dass schon viele Maßnahmen geplant sind, vor allem in der Pflege. Mein Optimismus ist aber nicht sehr groß, denn wir diskutieren hier den Bericht 2021. Wir werden in Kürze den Bericht 2022 über­mitteln – die Situation hat sich von 2021 auf 2022 in allen genannten Einrichtungen nicht verbessert, sondern eher verschärft –, und wir sind jetzt nahezu in den letzten Tagen des ersten Drittels des Jahres 2023 und noch immer ist die Situation nicht besser, sondern schlechter geworden.

Es gibt Pflegeeinrichtungen, in denen Abteilungen zugesperrt werden müssen, weil nicht genug Personal vorhanden ist. Es gibt Pflegeeinrichtungen, in denen trotz wenig Personal versucht wird, die Bewohnerinnen und Bewohner zu betreuen, was leider dann in manchen Fällen nicht gelingt und dort dann schwere Pflegemissstände festzustellen sind. Wir haben die Situation, dass es lange Wartelisten für Plätze in der Psychiatrie, vor allem in der Kinder­psychiatrie, aber auch in Pflegeheimen und in Jugendeinrichtungen gibt. Dort ist viel zu tun, und ich richte meinen Appell an Sie, dort die nötigen Schritte zu setzen.

Aus dem Bereich der nachprüfenden Kontrolle möchte ich hier im Bundesrat auf ein paar Dinge eingehen, die sich bei unserer Beratung durchziehen und die die Menschen, die in unserem Land leben, fürchterlich aufregen. Es geht um Dinge, bei denen es einheitliche Regelungen des Bundes gibt und die als einheitliche Regelungen kommuniziert werden, die Umsetzung aber bei den Ländern liegt und die Umsetzung dann durchaus verschieden gestaltet wird.

Ein Beispiel aus dem Ihnen vorliegenden Bericht: die Impfungen. Das ist natürlich Schnee von gestern, weil das jetzt alles kein Problem mehr ist, ist aber symptomatisch für andere Dinge, die ähnlich gelagert sind: Es gibt eine einheitliche Bundesrichtlinie, die auch kommuniziert wird, und jedes Land macht die Umsetzung dann ein bisschen anders, priorisiert andere Gruppen und erzeugt damit riesigen Unmut.

Weiteres Beispiel: die Covid-Prämien, die für die Pflege bezahlt wurden. Es wurde kommuniziert: Alle, die in der Pflege tätig waren, bekommen eine Covid-Prämie. – Jedes Land macht einen anderen Stichtag, macht die Modalitäten bei der Auszahlung ein bissel anders. Die Beschäftigten verstehen nicht, warum sie anders behandelt werden, wenn sie in Wien gearbeitet haben, als wenn sie in Niederösterreich gearbeitet haben, und noch weniger verstehen sie es, wenn sie die ganze Zeit in der Pflege gearbeitet haben, aber von einem Bundesland in ein anderes gewechselt sind und dann gar nichts kriegen.

Wie wichtig die Berichte sind, zeigt sich daran, dass, wenn man aus den Fehlern lernt, so etwas vermieden werden kann, wenn man aber nicht aus den Fehlern lernt, dasselbe noch einmal passiert. Es gibt jetzt eine Pflegeprämie für Menschen, die in der Pflege arbeiten, und wieder ist es so, dass kommu­niziert wurde, jeder, der in der Pflege tätig ist und dort einsteigt, bekommt einen gewissen Geldbetrag, und wieder ist es so, dass die Umsetzung in den Bundesländern durchaus unterschiedlich ist und etliche, die in der Pflege arbei­ten, durch die Finger schauen und nicht wissen, warum.

So etwas sollte man tunlichst vermeiden. Die Volksanwaltschaft kann da nur bedingt helfen. Wir können das Problem nur aufzeigen, denn die Be­hörden, an die wir uns wenden, berufen sich auf die Rechtslage – die teilweise in den Ländern selbst geschaffen wurde, muss man natürlich dazusagen – und sagen: Na ja, leider kein Rechtsanspruch.

Als letzten Punkt möchte ich auf den Sonderbericht zu den sozialen Grundrechten hinweisen. Wie kommen wir als Volksanwaltschaft dazu, so etwas zu machen? – Es wurde schon angesprochen: Wir sind auch nationale Menschenrechtsinstitution, A-wertig inzwischen, und als solche aufgerufen, zusammen mit der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft auch auf die Einhaltung und Verbesserung und stetige Weiterentwicklung der Grundrechte und der Menschenrechte in Österreich zu schauen.

Wir tun das unter anderem, indem wir der Zivilgesellschaft auch eine Plattform bieten, Themen zu diskutieren und an die Politik heranzutragen. Das war im Vorjahr eben zum Thema soziale Grundrechte. Wir haben mit der Zivil­gesellschaft diskutiert, in welchen Bereichen man meint, soziale Grund­rechte zu brauchen und warum man das meint, und wir haben gedacht, da im Regierungsprogramm ja eh die Absichtserklärung geäußert ist, soziale Grundrechte in der Verfassung zu verankern, tragen wir diese Anregungen auch an die Gesetzgebung heran. Ich hoffe, sie fallen auf fruchtbaren Boden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der FPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

14.40

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Herr Volksanwalt, für Ihre Aus­führungen.

Nun ist Frau Mag.a Daniela Gruber-Pruner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin.