11.58

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie hätten mich fast gehabt, Herr Minister (Ruf bei der ÖVP: Nein!), das muss ich ehrlich sagen. Vor allem bei Ihrer persönlichen Geschichte hätte ich tatsächlich fast mitgehen können. Ich habe ja eine ähnliche persönliche Geschichte. Ich bin Sohn einer Alleinerzieherin, die Vollzeit gearbeitet hat, die immer geschaut hat, dass ich trotzdem etwas Warmes zu essen bekomme, die sich faktisch bis zur Selbstaufgabe abgestrampelt hat, damit es mir gut geht. Deswegen haben Sie, wenn Sie eine Maßnahme setzen, mit der Sie Alleinerzieherinnen helfen wollen, bei mir sofort das Herz angesprochen. Da bin ich sofort dabei. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Das Problem dabei ist die Ausgestaltung: Sie überlegen sich, wie Sie diesen Personen helfen können. Sie kommen nicht auf die Idee, dass Sie Mietpreise und Energiepreise deckeln und Preise ordentlich kontrollieren. Nein, Sie geben den Leuten (eine 2-Euro-Münze aus der Hosentasche ziehend und in die Höhe haltend) 2 Euro pro Tag – 2 Euro! Das ist das, was Ihnen Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher in Österreich wert sind. Die Regierung misst den Wert von Alleinerzieher:innen mit 2 Euro. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist so bezeichnend: Diese 2 Euro haben sie sich vermutlich selbst erarbeitet, und man hat sie ihnen durch Abgaben und Steuern abgenommen. Jetzt gibt man sie den Leuten zurück und verlangt von ihnen, dass sie jubeln, klatschen und der Bundesregierung dankbar sind. Das glaube ich nicht!

Frau Kollegin Jagl, weil Sie gemeint haben, dass das Wort Almosen ein falsches Wort ist: Almosen sind ein geringes, dürftiges Entgelt, das in keinem Verhältnis zu einer angemessenen Forderung einer Person steht. – Genau das ist das! (Beifall bei der SPÖ.) Alleinerzieher:innen verdienen sich weit mehr als 2 Euro pro Tag – 2 Euro, die ohnehin von jetzt auf gleich wieder in die Taschen der Vermieter wandern und von denen sie gar nichts haben werden.

Wenn ich dann weiter zur ÖVP schaue: Was haben wir gerade gehört? – Das sei doch nicht nichts. – Völlig richtig, es ist nicht nichts, aber es ist viel zu wenig. Wenn ich dieses Leitmotiv: Das ist doch nicht nichts!, einem anderen Leitmotiv gegenüberstelle, dann sieht man gleich, für wen die ÖVP Politik macht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Wie hat es in der Coronapandemie geheißen? – „Koste es, was es wolle!“, „Koste es, was es wolle!“ – Wenn es um Konzerne geht, kostet es, was es will, und wenn es um Alleinerzieher:innen geht, dann heißt es: Ja, das Bissel, das wir geben, das ist doch nicht nichts. Seid zufrieden damit! – Das ist der Unterschied. 2 Euro gibt es für Alleinerzieher:innen und 10,2 Millionen Euro für René Benko. (Beifall bei der SPÖ. Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!)

Nur um es als Summe im Vergleich zu haben: 2 Euro zu 10,2 Millionen Euro, das hat er an Coronahilfen bekommen. Wenn man das auf den Tag runterrechnet, sind das 28 000 Euro, die René Benko pro Tag an Coronahilfen bekommen hat.

Wissen Sie, wie lange meine Mutter oder andere Alleinerziehende warten müssen, bis sie dieses Geld über diese 2 Euro bekommen? – 14 000 Jahre! 14 000 Jahre brauchen sie, damit sie dieselbe Förderung bekommen, die René Benko bereitwillig, sofort von der Bundesregierung erhalten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch der Grund, warum man solch einem Gesetzespaket nicht zustimmen kann – obwohl ich die Intention verstehe, obwohl ich mit dem Herzen dabei bin, obwohl ich Alleinerziehenden helfen will –, denn das ist viel zu wenig. Diese 2 Euro kommen nicht an, sie sparen an der falschen Stelle. (Bundesrätin Kittl: Aber nicht einmal das ...!) Wir müssen weit mehr machen. Das ist der Auftrag, den die Sozialdemokratie schon immer in ihrer Geschichte gehabt hat, und den werden wir mitnehmen.

Sie haben es erst vor ein paar Minuten gemerkt, die Sozialdemokratie hat einen neuen Vorsitzenden. Wir treten offensiver auf, mit mehr Kampfeslust. Wir kämpfen für ein Österreich, in dem jene Leute belohnt werden, die auch tatsächlich, die wirklich einen Beitrag leisten, die Leistungsträger:innen, nicht die René Benkos dieser Welt, sondern die Leute, die tagein, tagaus hackeln gehen. Für diese Leute stehen wir! (Bravoruf und Beifall bei der SPÖ.)

Andreas Babler wird es Ihnen 2024 zeigen. Das beste Merkmal dafür, dass Sie das auch schon spüren, ist, wie nervös Sie alle auf seine Rede reagiert haben. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Steiner: Da war aber deine Rede weit besser als die von Babler! Bundesrat Babler: Gut, dass du das beurteilen kannst!)

12.02

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Vizepräsident Mag. Harald Himmer. – Bitte, Herr Vizepräsident.