12.02

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich höre – das habe ich hier schon einmal gesagt – Kollegen Sascha Obrecht an sich sehr gerne zu, ich halte ihn auch für einen guten Redner. Jetzt weiß es auch der neue Parteiobmann, dass Sascha Obrecht ein guter Redner ist. (Bundesrat Steiner: Besser!)

Ich darf aber an das, was du gesagt hast, nämlich dass uns die Positionen, die der neue Parteivorsitzende gebracht hat, nervös machen, gleich anschließen. Dem darf ich widersprechen. Es macht uns in dem einen oder anderen Punkt nachdenklich, aber nervös macht es uns nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich muss auch sagen, es hat auch dazu geführt, dass ich mir seit Langem wirklich eine ganze Rede eines SPÖ-Vorsitzenden vom Parteitag angehört habe. Also man hat ja nicht gewusst, dass er Vorsitzender wird, man hat es ja länger nicht gewusst, aber ich habe mir die Parteitagsrede des neuen Vorsitzenden Andreas Babler in der ganzen Länge angehört und muss sagen, sie hat mir rhetorisch gut gefallen. Es war rhetorisch eine wirklich sehr gute Rede. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrätin Schumann: Na, bravo! Bravo!)

Es war auch für mich wirklich wieder einmal durchaus ein echter Sozi und so weiter zu erkennen – nichts Negatives in diesem Punkt. Schmunzeln habe ich aber dann schon müssen, denn wenn es wirklich so wäre, wie das Bild, das unser neuer Kollege Andreas Babler da gezeichnet hat, dann wäre die Welt natürlich tatsächlich so: Alles, was es an positiven Sozialleistungen in diesem Land gibt, alles, was den Menschen an Unterstützung zufließt, hat einen Namen und ist von der SPÖ erfunden worden, so wie in der Werbung dieses Firnzuckerl von den Schweizern erfunden worden ist. Alles, was gut ist, kommt also von der SPÖ, das hat er alles für die Sozialdemokratie beansprucht, und dort, wo es Probleme gibt, kommen dann die anderen Parteien ins Spiel.

Da darf ich schon darauf hinweisen, dass es bei all dem, was die Sozialgesetzgebung der letzten Jahrzehnte betrifft, retrospektiv doch nur einen kurzen Abschnitt gegeben hat – einen sehr wichtigen, Bruno Kreisky, keine Frage –, in dem Sie Gesetze alleine beschlossen haben, aber alle anderen Gesetze, ob sie gut oder schlecht waren, sind sehr wohl immer auch durch Mitwirken der anderen Parteien entstanden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Und was die Sozialgesetzgebung betrifft, so ist es – da kann ich Bundesminister Rauch nur recht geben – natürlich wirklich absurd und lächerlich, zu versuchen, sozusagen für die Sozialgesetzgebung oder das soziale Empfinden ein Monopol für eine Partei aufzubauen. Selbstverständlich haben viele Parteien in diesem Land ein soziales Gewissen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Jetzt haben wir in den letzten Tagen und Wochen mitbekommen, dass die Themen Zahlen und Rechnen und so weiter sozusagen nicht Ihr Schwerpunkt sind. Es wird für immer ein markanter Meilenstein in der Geschichte sein, dass das kollektive Addieren am Parteitag nicht funktioniert hat (Zwischenruf bei der SPÖ), das, was an sich jede Milchfrau, jedes Mädchen, jeder Bub und sonst wer kann. Übrigens wurde tatsächlich in einer Wiener Schule, in der zweiten Klasse einer Volksschule, der Parteitag nachsimuliert. Die haben das richtige Ergebnis herausbekommen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Na, ich sage ja, Zahlen sind ja wirklich ein Thema. Ich habe es aber fast bemerkenswerter gefunden, dass der ORF das so verschwiegen hat. Vielleicht kann Kollege Babler auch das aufklären: Er hat nämlich in der ORF-„Pressestunde“ gesagt: Wenn man mit 100 km/h von Wien nach Linz fährt, ist man 4 Minuten später in Linz. –Zitatende. Keiner kann mir erklären, wie das funktionieren kann, dass man, wenn man 30 km/h langsamer fährt, nur 4 Minuten später Linz passiert. Alle Journalisten waren beeindruckt vom neuen Vorsitzenden der Sozialdemokratie, der ORF war auch beeindruckt, keiner hat einen Taschenrechner dabei gehabt, keiner hat ein Excel-Sheet dabei gehabt, also: Man hat nur vier zusätzliche Minuten. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Bleiben wir ein bisschen bei den Zahlen: Ein Beispiel, bei dem ich wirklich sagen muss, ich möchte das hier herausstreichen, das ich wirklich sehr interessant finde, und der neue Bundesparteivorsitzende Andreas Babler hat es hier auch tatsächlich noch einmal gebracht, ist Spanien. Spanien hat nur 3 Prozent Inflation. Ich weiß, dass Spanien eine sozialistische Regierung hat, die ganz toll ist.

Diese Regierung hat auch sehr viele Reformen gebracht. Was Sternchen und Gender und so weiter (Bundesrätin Schumann: Nicht jetzt da auch noch! Nicht da auch noch!) betrifft, da haben sie in Spanien einiges weitergebracht. Was die Arbeitslosigkeit, die der Sozialdemokratie immer so wichtig ist, betrifft, darf ich sagen: Spanien hat eine Arbeitslosenrate von über 12 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent. (Bundesrat Kornhäusl: Sozialistische Politik!) So, was heißt das? –Das heißt, dass in Spanien jeder vierte Jugendliche arbeitslos ist. So, und das ist erstens einmal sozialistische Politik, und das andere ist, aus Österreich kommt Applaus: He, super, dafür haben sie aber nur 3 Prozent Inflation! – Herr Babler, erzählen Sie das den arbeitslosen Jugendlichen in Spanien, wie super das mit den 3 Prozent ist, wenn jeder Vierte von ihnen arbeitslos ist! (Beifall bei der ÖVP. Bundesrat Babler: Wie hoch war ... in Spanien?)

Jetzt könnte man ja sagen, weil es ja da auch andere Beispiele gibt – ich möchte nur Venezuela ansprechen, weil das ja auch ein sehr wichtiges Beispiel ist –, Venezuela. Es gibt ja jetzt eine personelle Neuaufstellung bei der Sozialdemokratie. Neu sind Klubobmann und auch Klubobmann-Stellvertreter und so weiter. (Bundesrätin Grimling: Also jetzt wissen wir es schon! Was bringt das?) Frau Julia Herr, glaube ich, ist jetzt stellvertretende Fraktionsobfrau im Nationalrat. – So, Julia Herr.

Bitte sagt jetzt nicht – ich war auch einmal Jugendfunktionär –, das sind Jugendsünden, in der Jugend sagt man bald einmal etwas. (Bundesrat Schreuder: „Bonzen quälen“!) Ja, genau, wir alle haben einmal einen Blödsinn geredet, stimmt schon. Jeder von uns hat einmal einen Blödsinn geredet, das will ich gar nicht in Abrede stellen.

Ich glaube aber, dass das bei der Sozialdemokratie so ist, dass ich sage: Kollege Babler ist nicht wirklich ein klassischer Jugendlicher (Bundesrat Babler – seine Brille in die Höhe haltend –: Wegen der Brille?), seine Meldung mit dem Marxismus war jetzt nicht die eines 19-Jährigen: Heute bin ich Marxist, morgen bin ich Sozialdemokrat! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Heute Marxist, okay, also heute Marxist.

Wenn man heute Marxist ist, dann gehe ich davon aus, dass vielleicht auch Kollegin Julia Herr heute noch Super-Venezuela-Fan ist, weil Venezuela ja so super ist, weil dort auch die Linken das Sagen haben. Nimmt man jetzt zum Beispiel Spanien her – die Kollegin hat ausgeführt, was Kaufkraft et cetera betrifft – und sagt: Wir haben in Österreich wahrscheinlich ein BIP von – was weiß ich – etwas über 50 000 Euro pro Kopf! – 50 000, 53 000 Euro, würde ich einmal sagen –, dann wird es in Spanien ein bisschen über 30 000 Euro sein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In Venezuela, glaube ich, haben sie ein BIP von ungefähr 100 Milliarden – Gesamt-Venezuela – für 30 Millionen Einwohner. Man kann sich also ungefähr ausrechnen, was das pro Person ist. Wenn sie dort die Gesetzgebung hätten, die wir heute mit den 60 Euro pro Monat beschließen, wäre das in Venezuela ein signifikanter Sprung bei jedem Einkommen. Dort wäre das nicht so kleinzureden. Es ist auch hier sinnvollerweise nicht kleinzureden, aber in Venezuela würde diese Gesetzgebung, die wir heute machen, 10, 15 Prozent, glaube ich, auf ein Durchschnittsgehalt draufgeben. (Bundesrätin Schumann: Auf nach Venezuela!)

Daher meine ich, dass in einem Land, in dem die kalte Progression abgeschafft worden ist, in dem übrigens die Sozialleistungen valorisiert worden sind – tut mir leid, dass es keine sozialdemokratische Errungenschaft ist, sondern in dieser Regierung beschlossen worden ist –, niemand sagen kann, dass hier nicht hart daran gearbeitet wird, den Menschen in diesem Land zu helfen. (Bundesrätin Schumann: Auf nach Venezuela!)

Ich glaube, es war Kollege Dominik Reisinger, der gesagt hat, das mit den Reflexen der ÖVP könne ihm niemand erklären: Ich kann nur den Versuch unternehmen, ich bin jetzt nicht sonderlich zuversichtlich, dass ich seine Meinung ändern werde, aber ich kann schon sagen, warum die Volkspartei bei der Besteuerung von Vermögen zurückhaltender ist: weil es sich eben bei den Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher zum großen Teil um ein Vermögen handelt, das sie erarbeitet haben und das sie bereits versteuert haben. (Bundesrätin Grimling: Der Herr Benko!)

Wir wollen nicht wieder dorthin zurück, dass wir sagen: Na ja, es gibt ja nicht nur Finanzvermögen, da gibt es welche, die haben Goldketten, teure Teppiche (Oh-Ruf der Bundesrätin Schumann) und Antiquitäten! Da müssen wir einmal daheim hineinschauen (Bundesrätin Schumann: Schnüffelsteuer, genau!), was sie dort stehen haben! – Das ist ja dann nur die Folge.

Jetzt aber zu diesen Superreichen ganz klar gesagt: Bitte, Frau Kollegin Schumann, schau dich um, wie viele superreiche ÖVPler haben wir hier? (Bundesrat Babler: Wir müssen erst schnüffeln!) Wie viele Superreiche? – Ich sehe lauter Superreiche. Der eine oder andere wäre es vielleicht gerne, aber es gibt keine Superreichen. (Bundesrätin Schumann: Manchmal ist es gescheiter, man schreibt eine Rede vor!) Diese billige Positionierung immer: die ÖVPler für die Superreichen! – Die ÖVPler sind ganz normale Menschen aus dem Volk, keine Superreichen! Bei der Vermögensteuer geht es nicht um den Neid, sondern da geht es darum, dass wir wollen, dass das Vermögen im Land bleibt. (Oh-Ruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist das Entscheidende. Niemand verteidigt die Superreichen.

Es geht dabei auch um den Ansatz: Denken wir wieder an Venezuela und an die DDR, dort sind ja auch die Superreichen bekämpft worden! Es ist aber gleich der gesamte Wohlstand bekämpft worden, und deswegen wissen wir auch, wie das mit der DDR ausgegangen ist. Es hat dann tatsächlich wenige Superreiche gegeben, es hat aber auch keinen Mittelstand mehr gegeben. Daher muss immer im Vordergrund stehen, nicht den Wohlstand zu bekämpfen, sondern die Armut zu bekämpfen.

Das ist der genau gegenteilige Ansatz, was die Volkspartei macht (Beifall bei der ÖVP – Heiterkeit bei der SPÖ sowie Zwischenruf des Bundesrates Schennach) – das ist die Zusammenfassung –: Wir bekämpfen nicht den Wohlstand, wir bekämpfen die Armut – und das machen wir auch mit diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15