14.24

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sollen heute für oder gegen einen Einspruch zu einem Gesetzesbeschluss des Nationalrates entscheiden. Das heißt, das, worüber wir entscheiden, ist natürlich noch nicht in Kraft. Trotzdem habe ich vor genau einer Woche ein Schreiben in meine Kanzlei bekommen (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Der Klimabonus kommt! Wie hoch ist der Klimabonus? – 110 Euro! Regionalaufschlag! Kategorisierung!, versandt vom Bundesministerium für Klimaschutz und Weiteres.

Dieses Schreiben enthält noch weitere Fehler. Das prinzipielle Problem dabei ist natürlich – Sie haben es wahrscheinlich schon erraten –, dass wieder etwas bereits als Gesetz, als Rechtslage verkauft wird, das bestenfalls durch den Nationalrat gekommen ist, was ich auch noch anzweifle, weil das Schreiben ja eigentlich schon produziert werden musste, bevor das Ganze im Nationalrat beschlossen worden ist, aber auf jeden Fall, bevor es hier im Bundesrat beschlossen worden ist. Das ist wieder einmal, dieses Mal von Ihrem Ministerium, eine Missachtung des Parlamentarismus. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Dazu kommt, dass noch dazu falsche Sachen drinnen stehen. Wenn es darum geht, wie die Einteilung in Kategorien für den Regionalaufschlag auf den Klimabonus erfolgt, steht da drinnen, in der vorletzten Zeile: Die Einteilung in die Kategorien macht die Statistik Austria. – Da wird die Verantwortung auf die Statistik Austria abgeschoben. In Wirklichkeit ist es eine politische Entscheidung, welche Kategorien es gibt. Sie treffen die Entscheidung, es ist eine Verordnung von Ihnen, wie der Regionalaufschlag festgelegt wird.

Dazu gibt es aber auch noch eine legistische – ich würde nicht sagen: Spitzfindigkeit – Besonderheit: In dem Gesetz, wie es bis zu einer Novellierung gilt, steht die Einteilung in Kategorien drinnen, also welcher Hauptwohnsitz in welche Kategorie fällt, und wie hoch der Sockelbetrag ist. Wie hoch der Sockelbetrag ist, wurde für das Jahr 2022 im Gesetz festgelegt, und es steht im geltenden Recht drinnen, dass für 2023 Sie mittels Verordnung die Höhe des Sockelbetrags bestimmen und dass es eine Determinierung gibt, wonach Sie sich bei der Festlegung dieses Sockelbetrags richten müssen.

Das soll jetzt geändert werden, und es soll ausdrücklich ein bestimmter Betrag gesetzlich festgelegt werden. Die Frage ist: Warum macht man das? – Die einzige Erklärung kann sein: Es würde, wenn Sie Ihre Verordnungsermächtigung, die Sie bisher haben, in Anspruch nehmen, etwas wesentlich anderes als das herauskommen, was eigentlich die Determinierung für diesen Sockelbetrag ergibt.

Jetzt würde ich gerne wissen: Wäre etwas herausgekommen, das sehr viel niedriger liegt als das, was jetzt im Gesetz drinnen steht, oder etwas, das sehr viel höher liegt, und warum kommt man jetzt auf einmal auf einen Betrag von 110 Euro?

Zur Einteilung der Gemeinden in die verschiedenen Kategorien: Im Gesetz steht, es gibt vier Kategorien und die Einteilung erfolgt in einer Verordnung, die Sie machen – letztes Jahr ist das ja ausgefallen, weil durch eine gesetzliche Sonderbestimmung keine regionale Differenzierung getroffen wurde, aber heuer soll das wieder passieren, so, wie es ursprünglich schon vorgesehen ist –, nach zwei Kriterien. Das eine Kriterium ist die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr, und das zweite Kriterium – das wird als funktionale und strukturelle Kriterien beschrieben – ist die Urban-Rural-Typologie, die von der Statistik Austria erhoben wird.

Letztes Jahr, nach dem ursprünglichen Entwurf der Verordnung, wäre einzig Wien in der Kategorie eins gewesen, in der Kategorie, die keinen Aufschlag auf den Sockelbetrag bekommt. Die anderen urbanen Zentren hätten bereits einen Aufschlag bekommen.

Ursprünglich wäre also schon eine Diskriminierung von Personen mit Hauptwohnsitz in Wien geplant gewesen – demgegenüber eine Bevorzugung von Personen, die in anderen urbanen Zentren mit mehr oder weniger der gleichen öffentlichen Anbindung leben, die hätten mehr bekommen.

Heuer soll interessanterweise innerhalb von Wien differenziert werden, und es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, anhand welcher Kriterien diese Binnendifferenzierung erfolgen soll. Nach der Urban-Rural-Typologie, die von der Statistik Austria ermittelt wird, gibt es das nicht. Wien ist ein urbanes Zentrum. Es wird nicht differenziert, ob Kagran urbaner oder weniger urban ist als die Josefstadt. Das gibt es nicht.

Wenn das zweite Kriterium, das gesetzlich festgelegt wird und Ihnen ermöglicht, in der Verordnung zu differenzieren, die Erreichbarkeit, die Versorgungsdichte mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist, dann ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum der 18. Bezirk schlechter mit öffentlichen Verkehrsmitteln versorgt sein soll als der 17. Bezirk. (Beifall des Bundesrates Obrecht.) In beiden Bezirken fährt die U6 am Gürtel, in beiden fährt keine andere U-Bahn, in beiden fährt die S45, die Versorgung mit Straßenbahn- und Autobuslinien ist gleich. Es ist also überhaupt nicht nachvollziehbar und ich frage mich, wie Ihre Verordnung, die innerhalb von Wien eine Binnendifferenzierung vornimmt, dem gesetzlichen Determinierungsgebot entspricht.

Gehen wir noch weiter, zur Abwicklung des Klimabonus an sich: Da gab es ja im letzten Jahr das große Problem mit den Sodexo-Gutscheinen, die verschickt worden sind und die bei der Einlösung auf den Postämtern zu derartigen Schlangen und Überbelastungen geführt haben, dass zusätzlich auch noch die Post ihren Bediensteten Zuschläge ausbezahlt hat, was wiederum staatliche Kosten verursacht hat.

Meine Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat haben Ihnen diese Woche eine Anfrage gestellt, die Sie beantworten werden müssen und in dieser ging es darum, ob aus den Mängeln bei der Abwicklung des Klimabonus des letzten Jahres etwas gelernt wurde, ob Sie sichergestellt haben, dass es heuer im Unterschied zu letztem Jahr eine transparentere, geordnetere und zuverlässige Auszahlung des Klimabonus gibt.

Wir sind zwar jetzt beim Tagesordnungspunkt Klimabonusgesetz, aber ich kann nicht aufhören, ohne auch auf das Klimaschutzgesetz, das es eben nicht gibt, einzugehen. Wir haben 2011 ein Klimaschutzgesetz beschlossen, das die Klimaziele allerdings nur bis 2020 definiert hat. Seit Jänner 2021 fehlt aufgrund des Ausbleibens einer Novelle ein gesetzlich definierter Emissionsreduktionspfad für die Republik Österreich als Ganzes, aber auch für die einzelnen Sektoren. Deswegen befinden sich sowohl die Klimapolitik als auch die Berichterstattung darüber, die gemäß § 6 Klimaschutzgesetz stattfinden soll, in einem Blindflug und können nicht mehr effektiv betrieben werden.

Was weiters fehlt, womit Sie säumig sind: Im neuen Klimaschutzgesetz sollten ja wichtige klimapolitische Innovationen enthalten sein, die – da werden Sie wahrscheinlich zustimmen – für den langfristigen Wandel hin zur klimaneutralen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung notwendig sind. Es sollte ein Klimacheck eingeführt werden, es sollte ein jährliches Emissionsbudget eingeführt werden, es sollten klare Verantwortlichkeiten für Maßnahmen und Sanktionsmechanismen für mangelnde Fortschritte geschaffen werden. Das Fehlen des Klimaschutzgesetzes seit Jänner 2021 verzögert auch diese wichtigen klimapolitischen Instrumente und behindert so den effektiven Kampf gegen den Klimawandel. Das Fehlen verursacht weiters eine langfristige Planungsunsicherheit und mangelnde Rechtssicherheit bei den Unternehmen.

Gerade aufgrund der Tatsache, dass die Bundesregierung bei ihrem Antritt großspurig die Priorisierung des Klimaschutzes verkündet hat, ist das Fehlen des Klimaschutzgesetzes inakzeptabel. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

14.33

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Herr Bundesrat.

Zu Wort hat sich nun Frau Bundesministerin Leonore Gewessler gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.