16.28

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Frau Bundesminister, wir werden heute gegen diese Gesetzesnovellierung im Bereich Kindesmissbrauch keinen Einspruch erheben, somit unterstützen wir das natürlich, dass da etwas passiert.

Was allgemein gerne vergessen wird: Jedes einzelne Bild und jedes einzelne Video entsteht durch realen Missbrauch, durch Vergewaltigung. Das sind abscheulichste Verbrechen an den Schwächsten unserer Gesellschaft. Deshalb kann ich auch nicht nachvollziehen, dass ein Rechtsanwalt in der Öffentlichkeit so etwas von sich gibt: Es handle sich dabei lediglich um ein „digitales Delikt“. – Nein, sicher nicht! Für uns Freiheitliche ist es unerheblich, ob jemand diese Verbrechen selbst begeht oder ob jemand durch den Erwerb von Bildern oder Videos die Produktion derartiger Verbrechen fördert.

Sexueller Missbrauch bei Kindern ist Mord an Kinderseelen. Die Kinder und ihre aus diesem unermesslichen Leid resultierenden Bedürfnisse müssen für uns in der Politik im Mittelpunkt stehen. Die Täter müssen wiederum mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. Das Recht muss auf der Seite der Opfer stehen. Für uns steht der Schutz der Gesellschaft an erster Stelle. (Beifall bei der FPÖ.)

Positiv – das haben auch meine Vorredner angesprochen – sehen wir vor allem die begriffliche Änderung, nämlich eine sprachliche Verbesserung weg vom Wort Kinderpornografie, weil das in Wahrheit euphemistisch wirkt und nicht das widerspiegelt, was es tatsächlich ist. Sprachlich bewegen wir uns von Pornografie, welche meist – normalerweise – freiwillig und oftmals gegen Bezahlung stattfindet (Bundesrat Schennach: Aha!), hin zu Strafbestimmungen zum bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterial und ebensolcher Darstellung mit minderjährigen Personen. Das klingt zwar sperrig, ist aber ein ganz eindeutiges Statement, und das ist ganz wichtig und wirklich auch ein ganz wichtiger Fortschritt in diesem Gesetz. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Ich bringe aber auch ganz klar zum Ausdruck, dass für uns diese Verschärfung trotz allem, was passiert, zu kurz greift. Wir haben uns mehr erhofft und für uns ist das nur ein erster Schritt von vielen in die richtige Richtung.

Was wir kritisieren, ist, dass sich manche hier feiern lassen, weil Strafen erhöht werden, obwohl einiges nicht ganz zu Ende gedacht wurde. Im § 207a Straf­gesetzbuch zum Beispiel wurde die Mindeststrafe für das Herstellen, Anbieten, Verschaffen, Überlassen und Vorführen von Kindesmissbrauchsmaterial auf sechs Monate angehoben, die Höchststrafe von drei Jahren bleibt aber gleich.

Dann findet man eine weitere Anpassung dazu, nämlich: „Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat nach Abs. 1 in Bezug auf viele Abbildungen oder Darstellungen [...] begeht.“ „Viele“ ist da ein sehr schwammiger Begriff und nicht wirklich leicht zu definieren. In den Erläuterun­gen dazu findet man die Information, dass da von zumindest 30 verpönten Abbildungen oder Darstellungen gesprochen wird.

Die Frage ist aber: Wenn es jedes Mal nur 29 sind, fällt das dann unter die gerin­gere Strafandrohung? Was mit dieser Formulierung komplett außen vor bleibt, ist in Wahrheit die Grausamkeit oder auch der Unwert der Darstellung. Das bedeutet in der Praxis, dass die Strafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erst ab „viele“ Darstellungen zum Tragen kommt, nicht aber, weil diese zum Beispiel besonders grausam oder besonders widerwärtig sind – nein, nicht deshalb, sondern weil es eben 30 sind. Genau darin sehen wir auch die Gefahr, dass es wie eine Art Umgehungsanleitung gesehen werden kann: Wie weit darf ein Pädophiler gehen, dass er im Falle einer Überführung dann doch noch mit der geringeren Strafe davonkommt? Ganz nach dem Motto: Ganz egal wie grausam, brutal und widerwärtig, aber wenn du unter 30 bleibst, dann kommst du mit der geringeren Strafe davon. Das hat ja sogar die Staatsanwaltschaft kritisiert.

Das sind jetzt nur einige Beispiele, warum wir mit der Novellierung unzufrieden sind. Wie gesagt, es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, deshalb unterstützen wir diese Novellierung, aber mit Sicherheit ist das noch viel zu wenig.

Meine Damen und Herren, wenn der Fall Teichtmeister, über den ja sehr viel gesprochen wurde, etwas Gutes hat, dann dass Teichtmeister aufgrund seiner Bekanntheit, aufgrund seiner Berühmtheit die Thematik von Kindesmissbrauch wieder in die Gedächtnisse aller Menschen gebracht hat und dass jetzt auch wieder endlich offen darüber gesprochen und diskutiert wird, denn diese Sensi­bilisierung war höchst notwendig. Der Fall Teichtmeister ist alles andere als ein Einzelfall. Diese Form des Kindesmissbrauchs findet oft, sehr oft, wahrscheinlich öfter, als wir denken, statt, nur leider kommt es selten bis nie an die Öffentlichkeit.

Aus unserer Sicht ist auch der Fall Teichtmeister selbst noch offen. Ich weiß, es gab eine Verhandlung und eine Verurteilung, aber für uns liegt da noch einiges im Argen. Was wir nach wie vor wissen wollen, ist zum Beispiel: Woher oder von wem hatte Herr Teichtmeister die Bilder, die er dann teilweise selbst weiterverarbeitet hat?

Gab und gibt es Komplizen, also Mitwisser und Mittäter? Wurden die Ermitt­lungen tatsächlich so geführt, dass ausgeschlossen werden kann, dass über Teichtmeisters Kanäle, sprich Handy, Laptop, PC, Festplatten, was auch immer, weitere Täter ausgeforscht werden können?

Für uns ist auch eine zentrale Frage: Gab es Fürsprecher Teichtmeisters innerhalb der Justiz, da er ja nicht einmal in U-Haft kam? Es war ja nicht nur das Kindesmissbrauchsmaterial belastend, es wurden ja auch 110 Gramm Kokain bei ihm gefunden. Ich muss sagen, das ist ja keine Kleinigkeit. Da sind andere wirklich schon wegen viel weniger eingefahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich war bisher immer der Meinung, Justitia ist blind – aus gutem Grund: weil dadurch alle vor dem Gesetz gleich sind. Manche sind aber vor dem Gesetz anscheinend doch gleicher, und das macht mich nachdenklich und auch ein bisschen traurig. Frau Justizministerin, vielleicht können Sie heute ein paar dieser Fragen beantworten oder ein bisschen Licht ins Dunkel bringen, weil wir da wirklich komplett im Dunkeln gelassen wurden.

Im Nationalrat wurde von uns, von einem Freiheitlichen auch ein Kinderschutz­antrag, ein Kinderschutzpaket eingebracht, denn wie zuvor beschrieben, greift dieses Kinderschutzpaket für uns zu kurz. Dazu gibt es in bewährter Manier einen Mehrpunkteplan. Es kann sein, dass Sie nicht alle Punkte von uns gut finden, aber wenn Sie dann im Nachhinein wieder den einen oder anderen Punkt davon herausnehmen und umsetzen, dann sind wir in Wahrheit eh schon zufrieden. Mehr erwarten wir uns auch nicht mehr. Es wäre nur wünschenswert, wenn die Damen und Herren der Regierungsparteien endlich damit aufhören, zu sagen, wir Freiheitliche bringen nie konstruktive Vorschläge, weil das einfach unrichtig und unwahr ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir bringen immer wieder unzählige Vorschläge ein. Viele davon sind sogar so gut, dass sie dann still und heimlich umgesetzt oder in Ihr Wording übernommen werden. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinderschutzpaket“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf, der folgende Punkte zum Inhalt hat, vorzulegen:

„1. Ein lebenslanges Tätigkeitsverbot für Täter überall dort, wo sie mit Minderjährigen und allen anderen schutzbedürftigen Personengruppen zu tun haben könnten.“ – Nämlich ein absolutes Tätigkeitsverbot; das, was wir heute beschließen, ist ein lückenhaftes Tätigkeitsverbot.

„2. Die drastische Verschärfung der Mindest- und Höchststrafen bis hin zu lebenslanger Haft.“ – Die Straferhöhungen gehen uns da zu wenig weit. Vor allem Mindeststrafen wären oft notwendig.

„3. Einen lebenslangen Strafregistereintrag.“ – Das ist auch ganz wichtig im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsverbot und auch in Verbindung mit dem nächsten Punkt.

„4. Einen kostenlosen Zugriff auf das eigene digitale Strafregister.“ – Damit kann man dann jederzeit nachweisen, dass man eben nicht belastet ist.

„5. Ein Verbot öffentlicher Förderungen für Einrichtungen die verurteilte Kinderschänder beschäftigen.

6. Die Übernahme aller Therapie -und Verfahrenskosten der Opfer durch den Staat, der sich diese vom Täter wieder zurückholt.“ – Das wirkt dann nämlich general- und spezialpräventiv und hilft auch den Opfern.

„7. Den Ausbau der Volksanwaltschaft zur zentralen Anlaufstelle für Kindes­missbrauchsopfer.

8. Die Ausdehnung der zivilrechtlichen Verjährung auf über 30 Jahre hinaus.“ – Heute mehrmals Thema war zum Beispiel das Heimopferrentengesetz, eben weil ja gerade Opfer von Kindesmissbrauch meist erst spät die Möglichkeit haben, das, was in ihrer Kindheit vielleicht passiert ist, aufzuarbeiten und dann auch entsprechend im Nachhinein tätig zu werden.

„9. Den Ausbau aller Kapazitäten im Kampf gegen Kindesmissbrauch.

10.“ – das fehlt völlig im Gesetz – „Ein Verbot von Kindersexpuppen und sogenannten ‚Pädophilen-Handbüchern‘.“ – Bevor ich mich mit dem Thema befasst habe, habe ich nicht einmal gewusst, dass es das gibt.

„11. Den Ausbau der psychologische Verfahrenshilfe für Opfer während des Verfahrens.

12. Den Abbau von Hürden beim Zugang zu ‚Triebhemmern‘.“ – Das ist nämlich insofern essenziell, damit die Gesellschaft wirklich geschützt werden kann, Stichwort Prävention, denn es gibt ja welche, die wissen, welche Neigung sie haben, aber diese gar nicht ausleben wollen. Auch diese Menschen gibt es, das soll nicht vergessen werden.

*****

Wie gesagt, ich erwarte mir heute von Ihnen nicht, dass Sie zustimmen, auch wenn es natürlich wünschenswert wäre, ich bin schon zufrieden, wenn Sie die eine oder andere Idee von uns übernehmen.

Es ist aber nicht mehr lange diese Regierung, die zählt, sondern es sind ja sehr bald wieder Herr und Frau Österreicher am Wort, Stichwort Nationalratswahl, und die Österreicher sehen schon klar und deutlich, dass wir Freiheitliche immer wieder sehr gute Vorschläge bringen, dass wir gute Lösungsansätze haben und dass wir deshalb – im Gegensatz zu anderen – auch glaubwürdig sind. Das war bei Corona so, das ist in der Wirtschafts- und Energiepolitik so, samt den Knieschusssanktionen gegen Russland, und auch heute ist es der Fall.

Am Ende des Tages werden Sie einsehen, dass unser Antrag richtig und wichtig ist, strafen alleine ist zu wenig. Was zählt, ist in erster Linie Prävention, und die wäre mit unserem Kinderschutzpaket sichergestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.41

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Kinderschutzpaket“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön.