12.53

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Bevor ich auf das Thema eingehe, erlaube ich mir noch ein Wort zur Rede unseres Kollegen Tiefnig loszuwerden.

Herr Kollege, ich weiß nicht, in welchem Bundesland Sie leben, es kann aber auf keinen Fall Oberösterreich sein (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ), denn Oberösterreich ist bestimmt nicht „das Land der Möglichkeiten“, sondern das Land der vielen Abgangsgemeinden!

Das ist bestätigt, das bestätigte übrigens auch der Landesrechnungshof, und der Einzige, der vielleicht noch wenige Möglichkeiten hat – das stimmt –, ist der Landeshauptmann, Landeshauptmann Stelzer, der sich nämlich sein Landesbudget mit Gemeindegeldern aufbessert und finanziert – auch das hat der Landesrechnungshof bestätigt. Fast 500 Millionen Euro zahlen die Gemeinden an das Land Oberösterreich mehr, als sie zurückbekommen. (Bundesrat Schennach: Ah! So schaut’s aus!) Das ist amtlich. Deshalb kann ich deine Rede als eher realitätsfremd einstufen, sie passt eher in die Rubrik Tiefnigs Märchenstunde. Das ist aber leider so. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Zunächst ein paar allgemeine Feststellungen zum Budget für 2024, bevor ich dann als Kommunalsprecher der SPÖ wie schon erwähnt auf die Kommunalfinanzen, auf die Gemeindefinanzen eingehen werde, die ja gerade für uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte von besonderer Bedeutung sind.

Zusammenfassend darf man, muss man, kann man sagen, dass das Budget 2024 absolut kein großer Wurf ist, und das ist sehr höflich ausgedrückt. Wir haben Rekordschulden, im westeuropäischen Vergleich die höchste Inflation und die schlechteste Wirtschaftsleistung. (Bundesrat Buchmann: Stimmt zwar nicht! – Bundesrat Himmer: Was heißt „die schlechteste Wirtschaftsleistung“? – Bundesrat Buchmann: Das ist gar nicht richtig!) Das ist also bei Gott alles andere als eine Glanzleistung. Und ja, die Handschrift der ÖVP-dominierten Regierung ist ganz klar erkennbar (Bundesrat Himmer: Was ist die schlechteste Wirtschaftsleistung? Wie misst du die schlechteste Wirtschaftsleistung?): Die Steuerstruktur ändert sich zu Ungunsten der Konsument:innen und der Arbeitnehmer:innen.

Ich darf noch einmal bekräftigen, was Kollege Sascha Obrecht schon erwähnt hat: Es steigt die Einkommensteuer um rund 43 Prozent, es steigt die Lohnsteuer um rund 5 Prozent und es steigt die Umsatzsteuer um rund 8 Prozent. Was aber nicht steigt, ist die Körperschaftsteuer, also die Steuer auf Unternehmensgewinne, sie fällt laut Budget um 7,4 Prozent. – Diese Zahlen sprechen für sich, das muss man an und für sich nicht näher erläutern. Die ÖVP bedient hier ganz klar ihre Klientel. Das sind Steuergeschenke an Großunternehmen und an die Industrie! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Hast nicht zugehört beim Finanzminister? Dann hättest du hören können, dass die meisten Unternehmen, die davon betroffen sind, Klein- und Mittelunternehmen sind!)

An die Kollegen der ÖVP, die heute von einem „Unternehmerbashing“ gesprochen haben: Das ist bei Weitem kein Unternehmerbashing, das ist berechtigte Regierungskritik.

Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt – auch das ist belegt –, und bei der Teuerung schauen Sie seit Monaten leider untätig zu, während die Menschen weiter leiden. Das Einzige, was Ihnen eingefallen ist, ist ein Schmäh-Mietpreisdeckel, der die Mieten um bis zu weitere 5 Prozent ansteigen lässt. Wo bleibt da also die Unterstützung für die Mieterinnen und Mieter?

Von Ihrer 4,5-Milliarden-Euro-Ankündigung für die Kinderbetreuung ist im Budget nichts zu finden, und das Gesundheitssystem fahren Sie ohnehin mit Vollgas gegen die Wand. Ein Beispiel: Die ÖGK, die Österreichische Gesundheitskasse, hat 2023 einen Bilanzverlust von sage und schreibe 386 Millionen Euro. Was macht der Herr Finanzminister, was macht diese Regierung? – Sie stocken das Budget um 300 Millionen Euro auf. Na diese Rechnung, wie sich das ausgehen soll, müssen Sie den Patientinnen und Patienten auch einmal erklären!

Jetzt zu meinem Thema, zu den Gemeinden und Städten: Dort steigt Verantwortung, dort steigen Ausgaben und Aufgaben. Die Einnahmen sinken leider. So werden die Gemeinden ausgehungert, das bestätigen an und für sich alle Experten. Und wer es noch immer nicht glaubt, soll sich bitte die Budgets der Gemeinden anschauen! Wir sind dieser Tage jetzt alle gerade dabei, die Budgets zu erstellen.

Ein Beispiel, ein anschauliches Beispiel aus unserer Gemeinde: Alleine die Ausgabenerhöhung für die Pflege, für die Sozialhilfe, die rund 17 Prozent für das nächste Jahr betragen wird, frisst die Erhöhung der Ertragsanteile bis auf den letzten Euro weg.

Das bedeutet, die Not der Gemeinden und Städte wird immer größer und die Anzahl der Härteausgleichsgemeinden steigt dramatisch an. In Oberösterreich –und da bin ich wieder beim Land der vielen Abgangsgemeinden – wird 2024 unglaublicherweise fast die Hälfte aller Gemeinden – genau kann man es noch nicht sagen –, und das sind immerhin über 400, ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können.

Überdies – auch das habe ich schon mehrmals erwähnt – fehlen die finanziellen Spielräume für die so wichtigen Investitionen in die Zukunft: für Klimamaßnahmen, für die Kinderbildung und Kinderbetreuung. Das schadet natürlich bei uns zu Hause am Land der regionalen Wirtschaft und gefährdet auch die dortigen Arbeitsplätze.

Und der Wahnsinn, der eigentliche Wahnsinn ist, dass das alles nicht unangemeldet, nicht überraschend kommt. Seit Jahren – nicht Monaten, seit Jahren! – weisen wir als SPÖ auf diese dramatische Entwicklung hin, aber ÖVP und Grüne machen Augen und Ohren leider zu.

Jetzt blicken wir einige Wochen zurück. Ich habe das Bild noch sehr gut in Erinnerung, als der Finanzminister und auch der Bundeskanzler die Einigung beim Finanzausgleich mit einem Strahlen verkündet haben. Die Realität sieht leider völlig anders aus: Das versprochene Geld kommt bei den Gemeinden nicht an.

An dieser Stelle muss ich auch den ÖVP-dominierten Gemeindebund, der eigentlich unsere Interessenvertretung sein soll, kritisieren, der bei diesem so tollen Ergebnis mitgejubelt hat. Wir kennen alle diese Schriftstücke, die wir in der Gemeindepost hatten. Aber siehe da: Bei seiner Bundesvorstandssitzung vorige Woche ist er auf einmal ganz überraschend – also ich rede jetzt vom Gemeindebund – zur Erkenntnis gekommen, dass die Gemeinden und Städte doch massive Schwierigkeiten mit ihren Finanzen hätten. – Na welch Geistesblitz!

Und jetzt kommt es ganz dick: Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Interessenvertretern und dieser Regierung und den Ländern werden jetzt vom Gemeindebund, wenige Wochen – ich glaube, es sind zwei Wochen – nach der Einigung, neue Gespräche mit dem Bund gefordert. Also bei aller Wertschätzung: Bei diesem Dilettantismus fehlen mir wirklich die Worte.

Weil es für mich und uns als SPÖ so nicht weitergehen darf und kann, bringe ich abschließend folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrätinnen und Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Finanzausgleich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, vor dem Hintergrund einer nachhaltigeren Finanzierung der Städte und Gemeinden im Rahmen des neuen Finanzausgleiches, dafür zu sorgen, dass die Einnahmensituation durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer, eine angemessene steuerliche Erfassung der Umwidmungsgewinne und die Nichtrückzahlung des Sondervorschusses sowie zusätzliche Finanzmittel für die Städte und Gemeinden verbessert wird, und die Finanzmittelzuweisung durch den neu geschaffenen Zukunftsfonds für Städte und Gemeinden, auch direkt und in voller Höhe bei den Kommunen ankommt“.

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Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Finanzausgleich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Stotter. – Bitte, Herr Bundesrat.