9.24

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseher:innen zu Hause und auch hier im Saal! Zuerst einmal auch von unserer Fraktion ein herzliches Dankeschön, Frau Präsidentin, für das letzte halbe Jahr. Ich glaube, es hat sehr viel bewegt. Es ist wichtig gewesen – wenn man bedenkt, dass Nationalrat und Bundesrat als zweites Parlament in Europa die Kinderrechte in der Verfassung verankert haben –, dass Sie das Thema Kinderrechte stark forciert haben – ein herzliches Dankeschön auch von unserer Fraktion. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Nun zum Thema: Bäuerin oder Bauer zu sein heißt Verantwortung zu übernehmen, Freude am Beruf zu haben und sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen, damit die Lebensmittelversorgung sichergestellt ist und die Umwelt und Arbeitsplätze bewahrt werden. Gleichzeitig muss man es aber auch ermöglichen, dass die Landwirtschaft wirtschaften kann, denn Landwirtschaft ist Wirtschaft am Lande.

Besonders hervorheben will ich aber – und das stimmt mich auch nachdenklich –, dass die Zahl der Junglandwirte, besonders auf europäischer Ebene, sehr stark rückläufig ist. Wir sehen, dass nur mehr 11 Prozent der europäischen Landwirte unter 40 Jahre alt sind. Da bedanke ich mich gleich bei unserem Herrn Minister Totschnig: In Österreich ist es genau der umgekehrte Faktor bei den Landwirten unter 35, und das auch dank der Maßnahmenpakete, die im Bundesministerium geschnürt worden sind, welche die Junglandwirte unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Auch ein wichtiges Thema: In Österreich wird ein Drittel der Höfe von Bäuerinnen geführt. Man sieht also, dass die Landwirtschaft nicht nur grammatikalisch weiblich ist, sondern dass sie auch in weiblicher Hand ist.

Es braucht aber Maßnahmen. Wichtige Maßnahmen sind zum Beispiel in der GAP zu finden. Zur GAP gehört auch das Umweltprogramm, an dem 80 Prozent der Landwirte teilnehmen. Dieses Umweltprogramm kommt der Gesellschaft zugute, kommt den Bäuerinnen und Bauern zugute und kommt auch der Umwelt zugute – der Gesellschaft kommt es in der Hinsicht zugute, dass mit einer hohen Lebensmittelqualität zu rechnen ist, das spiegelt sich im Umweltprogramm wider. Im Biobereich ist Österreich Europameister, wenn nicht sogar Weltmeister. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Agrarpolitik, besonders auch das Ministerium, dementsprechend dahintersteht, und man sieht, dass diese Qualität – auch in Zukunft – am Markt vom Konsumenten gewollt wird.

Ich sage auch danke schön dafür, dass diese Mittel aus der GAP schon in den kommenden Tagen an die österreichischen Bäuerinnen und Bauern ausbezahlt werden. Letztes Jahr haben wir ein Einkommensplus in der Landwirtschaft verzeichnet, besonders im heurigen Jahr sehen wir allerdings das Gegenteil: Im Jahr 2023 werden wir ein Einkommensminus von über 20 Prozent erzielen. Das ist ein gewaltiges Minus, insbesondere im Vergleich zu den Erhöhungen bei den Löhnen im Rest der Gesellschaft. Ich bedanke mich daher besonders im Namen unserer Bäuerinnen und Bauern dafür, dass bei uns – als einzigem Land Europas, glaube ich – schon jetzt die Gelder an die Bäuerinnen und Bauern, an die Betriebe übermittelt werden.

Ein wichtiger Punkt für die Umwelt ist auch, dass durch dieses Umweltprogramm die Biodiversität gefördert und damit die entsprechende Unterstützung der Landwirtschaft für den Klimaschutz sichergestellt wird. Wer schützt das Klima mehr als die Landwirtschaft? – Durch Grünflächen und Ackerflächen kann CO2 gespeichert werden, und auch das ist ein wichtiger Schwerpunkt bei den Maßnahmen des Umweltprogramms. Daraus ergibt sich ein zusätzliches Einkommen, das teilweise sehr notwendig ist, besonders auch in Gebieten wie jenem, wo ich zu Hause bin.

Weitere Herausforderungen, welche die Landwirtschaft in Zukunft sicherlich beschäftigen werden, sind das Thema Handelsabkommen und das Thema Green Deal. Die Verhandlungen zum Mercosur-Handelsabkommen haben die Landwirtschaft sehr stark bewegt; zurzeit sind sie ruhend gestellt. Wir müssen aber wissen, dass Handelsabkommen positive und negative Auswirkungen haben können. Das Mercosur-Abkommen hätte die Landwirtschaft massiv beeinflusst, da damit Produkte aus dem südamerikanischen Raum hereingekommen wären, die in Europa zwar auch im Überfluss da sind, welche die europäische Landwirtschaft allerdings nicht zu diesen Konditionen produzieren kann und die sich daher zu diesen Konditionen auch nicht am Markt wiederfinden.

Die österreichische Landwirtschaft ist eine kleinstrukturierte Landwirtschaft. Durchschnittliche Milchviehbetriebe haben 21 Kühe und landwirtschaftliche Schweinemastbetriebe im Durchschnitt 117 Schweine im Stall stehen.

Der Bodenverbrauch ist aber genauso eine Herausforderung. Wir sehen, dass in den letzten 20 Jahren 345 000 Hektar an Boden verloren gegangen sind – und der Boden ist die wichtigste Grundlage der Landwirtschaft, um produzieren zu können. Wenn wir zum Boden kommen: Die Landwirtschaft ist auch die erste gewesen, die den Klimawandel zu spüren bekommen hat. Der Klimawandel hat sich durch Starkregenfälle, durch Unwetterereignisse gezeigt, in den vergangenen Jahren besonders stark, ob im Waldviertel oder teilweise in Osttirol und Kärnten, durch den Befall mit dem Borkenkäfer, durch den Temperaturanstieg, aber auch durch Verwüstung, wenn wir nur nach Deutschland schauen – Brandenburg –, wo Sandstürme vorherrschen, wie wir sie nur aus dem nordafrikanischen Raum kennen.

Die Landwirtschaft muss dagegenwirken, und das tut sie auch. Wir versuchen dementsprechend mittels der Umweltmaßnahmen, der Begrünungsvarianten, die sich im Umweltprogramm widerspiegeln, die Böden zu bedecken, sodass auch im Winter die Bodenfruchtbarkeit gewährleistet ist, der Boden bedeckt ist.

Ein weiterer Punkt, der die Landwirtschaft in den letzten Jahren schon länger als so manch anderer in der Gesellschaft beeinflusst, ist die Digitalisierung. Wir wissen, dass die Digitalisierung – Melkroboter, Fütterungsroboter – schon lange in der Landwirtschaft Einzug gehalten hat. Jetzt kommt die künstliche Intelligenz dazu, auch kann mit Drohnen der Düngereinsatz, der Pflanzenschutz reduziert werden. Trotzdem brauchen wir den Pflanzenschutz, denn wir haben invasive Pflanzen, die aus anderen Ländern, teilweise durch Güter, eingeschleppt werden, und diese müssen bekämpft werden, sonst wird die Produktion in Österreich dementsprechend nicht mehr vorherrschen. – Da bedanke ich mich auch bei dir, lieber Herr Minister, denn die Produktion ist ein wichtiges Standbein, ein wichtiger Faktor als Wirtschaftskraft in Österreich. Jeder zweite Arbeitsplatz hängt auch wieder irgendwo am Bereich der Landwirtschaft, im vor- und nachgelagerten Bereich. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Versorgungssicherheit heißt auch Sicherheit, dass in Zukunft Düngemittel bei uns auf den Markt kommen können. Wir haben das gesehen, besonders durch den Krieg in der Ukraine, aber auch durch das Thema globale Verschiebung der Märkte wegen der Situation im arabischen Raum. Somit müssen wir auch schauen, dass Düngemittel in Zukunft vielleicht sogar recycelt werden. Wenn wir in diesem Bereich schauen: Ammoniakreduktion, aber auch Phosphor. Phosphor ist nur in wenigen Ländern der Welt abbaubar, und wir hätten die Möglichkeit, insbesondere dieses Produkt zu recyceln, um die Versorgungssicherheit in Österreich sicherzustellen.

Ein wichtiger Punkt ist auch das Thema Energiekosten: Die Landwirtschaft war in den letzten Jahren von den steigenden Energiekosten sehr stark betroffen, und da hat das Bundesministerium dementsprechend mit finanziellen Mitteln unterstützen können. Auch dank des Finanzministers dieser Bundesregierung ist es möglich gewesen, dass die Landwirtschaft nicht leer ausgeht, sondern genauso wie die übrige Bevölkerung da unterstützt worden ist.

Die zweite Säule: Ich komme zu einem wichtigen Punkt, dem Impulsprogramm – 360 Millionen Euro. Schauen wir uns das an: Ein Stallbau durchschnittlicher Größe kostet aufgrund der steigenden Inflation 1 Million Euro, und die Investitionsförderung ist jetzt zumindest von 400 000 auf 500 000 Euro angehoben worden. Für die restlichen 500 000 Euro gibt es keine Förderung; diese müssen von den Bauern selber aufgebracht werden, damit sie den Stall fertigbauen können. Das ist eine immense Summe, und wir wissen, dass die Kreditzinsen gestiegen sind; somit wissen wir auch, dass viele Landwirte zurzeit ein Problem haben.

Lieber Norbert Totschnig, du bist nicht jener, der – wie viele Politiker – medial präsent ist, sondern jener, der arbeitet. Wenn wir nach Deutschland schauen, sehen wir den Vergleich – und der Vergleich macht uns sicher –, dass wir in Österreich einen Minister haben, der den ländlichen Raum unterstützt, der für die Bäuerinnen und Bauern da ist und der auch darauf schaut, dass aufgrund von guten und vernünftigen Verhandlungen mit dem Finanzminister die finanziellen Mittel im Rahmen der Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Dank unseres Bundeskanzlers Karl Nehammer und dank dir als Bundesminister ist die Landwirtschaft immer in den Reden vertreten – und nicht nur in den Reden, sondern sie wird auch finanziell unterstützt. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön! Ich wünsche dir für die kommenden Feiertage eine ruhige Zeit, denn die Herausforderungen in der Landwirtschaft werden nicht weniger, sie werden mehr. Ich bedanke mich recht herzlich. Alles Gute für das kommende Jahr! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Der Redner reicht Bundesminister Totschnig die Hand.)

9.34

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie gelangen zu Wort.