09.35

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch liebe Zuhörer:innen! Zuvorderst darf ich eine Gratulation aussprechen: Ich gratuliere im Namen unserer SPÖ-Fraktion der scheidenden Präsidentin Claudia Arpa zu dieser erfolgreichen und sehr umsichtigen Präsidentschaft. – Liebe Claudia, danke schön! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt aber zum heutigen Thema, das ja viel breiter gespannt werden kann, als es auf den ersten Blick erscheint. Es geht um unsere ländlichen Regionen, und ein wichtiger Teil davon ist eben die Landwirtschaft. Bevor ich aber auf die regionale Entwicklung und die Rahmenbedingungen eingehe, möchte ich noch auf die finanzielle Situation für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu sprechen kommen. Diese ist nämlich sehr unterschiedlich, und deshalb warten wir immer sehr gespannt auf den Grünen Bericht, weil aus diesem doch einiges sehr Interessantes abzuleiten ist. In diesem Grünen Bericht ist vor allem auch die politische Handschrift – so darf ich es formulieren – der ÖVP gut abgebildet. Es gilt nämlich bei der Landwirtschaftsförderung das Gleiche wie bei der Unternehmensförderung: Die Großen kriegen die großen Stücke des Kuchens, die Kleinen eben kleinere Stücke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Das heißt, große Betriebe profitieren überdurchschnittlich, und das hat zur Folge, dass die Einkommensschere zwischen Großen und Kleineren immens auseinandergeht. Dieses System kennen wir aber schon von den Coronaförderungen. Die ÖVP bedient tendenziell mehr die Großen, und das ist aus unserer Sicht, aus meiner Sicht eben ungerecht. Die Nebenerwerbs- und Bergbauernbetriebe sind sowieso jene, die am schlechtesten dran sind, es sind also alles andere als optimale Bedingungen für die Landwirtschaft. Da ist es kein Wunder, wenn sich doch die einen oder anderen überlegen müssen, ob sie ihren Betrieb in Zukunft erfolgreich weiterführen können.

Damit spanne ich den Bogen zur regionalen Entwicklung, diese ist nämlich untrennbar mit der Landwirtschaft verbunden. Probleme im ländlichen Raum bedeuten in der logischen Fortsetzung auch Probleme für die Landwirtschaft. Fehlt es nämlich an Rahmenbedingungen, an Möglichkeiten, an Nahversorgung, an der Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, leistbarem Wohnraum und öffentlichem Verkehr, dann leidet die Lebensqualität im ländlichen Raum und es droht – das kennen wir aus einigen Regionen – eine sogenannte Landflucht. Weniger Einwohner:innen bedeuten aber auch weniger Konsument:innen. Gerade die Landwirtschaft und kleinere Betriebe brauchen Konsument:innen, und da fängt eine Negativspirale sich leider zu drehen an.

Um diese regionale Ungleichheit abzuschwächen oder um da gegenzusteuern, hat die SPÖ unter der Federführung des oberösterreichischen Landesrates Michael Lindner einen Masterplan für den ländlichen Raum entwickelt. Es geht nämlich darum, Unterschiede zwischen Land und Stadt, zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen auszugleichen. Absolute Priorität haben dabei faire Lebensbedingungen und Chancen für alle, unabhängig von der Postleitzahl. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Masterplan hat zehn Rezepte; keine Angst, ich kann nicht auf jeden Punkt eingehen, aber ich werde die wichtigsten streifen.

Punkt eins: Wir brauchen in den ländlichen Regionen – auch in der Stadt, vor allem aber in den ländlichen Regionen – leistbaren Wohnraum. Dieser ist zum Beispiel durch Zweckwidmung und Aufstockung der Wohnbauförderung erreichbar, durch verstärkten Einsatz der Widmungskategorie sozialer Wohnbau; und wir müssen Mietobergrenzen vor allem in den privaten Bereichen einziehen, denn Mieten und Wohnen darf nicht zum Spekulationsobjekt verkommen.

Zweitens: Wir brauchen mehr öffentlichen Verkehr am Land, zum Beispiel durch kommunale Individuallösungen und durch ausreichend finanzielle Unterstützung. Wir brauchen vor allem attraktivere Fahrzeiten, einen dichteren Fahrplan, und wir müssen uns bei Neuwidmungen und Genehmigungen für größere Wohn- oder Gewerbegebiete überlegen, ob so etwas noch genehmigt werden kann, wenn diese Region nicht an den öffentlichen Verkehr angeschlossen ist. (Bundesrat Ruprecht: Kann aber auch funktionieren!)

Drittens, ein sehr wichtiger Punkt: Wir brauchen eine Gesundheitsversorgung, und zwar über die E-Card und nicht über die Kreditkarte. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Regierungsprogramm gibt es bereits einen sehr guten Ansatz, den wir unterstützen – den Ausbau der Primärversorgung –, aber da hinken wir Jahre hinterher. Wir brauchen eine schnellere Entwicklung. Primärversorgung in den ländlichen Räumen, das ist ein wirklicher Lösungsansatz. Wir brauchen eine Verdoppelung der Anzahl von Studienplätzen für das Medizinstudium, und wir brauchen vor allem auch mehr Kassenärzte, um die Gesundheitsversorgung im ländlichen Bereich abdecken zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt vier, ein Herzensanliegen der SPÖ: Wir brauchen bessere Bildung und Kinderbetreuung – durch Ganztagsschulen, vor allem auch durch ganztägige und kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Jahr, denn Kinderbetreuung – ich glaube, da kann niemand widersprechen – ist ein Standortfaktor für Unternehmen, aber auch für Landwirte. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Punkt fünf – dann komme ich schon zum Schluss –: Wir brauchen eine tragfähige und stabile Gemeindefinanzierung – mein Lieblingsthema –; das war auch gestern Thema in der Debatte mit dem Finanzminister. Wir brauchen eine ganzheitliche Reform des Finanzausgleiches. Leider wurde diese Chance heuer verpasst. Wir brauchen keine gönnerhaften Sonderzahlungen, sondern eine wirkliche Reform in der Verteilung der Ertragsanteile, und diese müssen direkt an die Gemeinden fließen.

Kurzum: Es gibt genug sinnvolle, wichtige, nachvollziehbare Maßnahmen, die ländliche Regionen stärken. Bis dato ist uns in diesem Bereich zu wenig geschehen, deshalb ersuchen wir, nachzubessern. – Herr Bundesminister, nehmen Sie Anleihe beim Masterplan der SPÖ! Die Menschen in den Regionen werden es Ihnen danken. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.42

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster ist Herr Bundesrat Michael Bernard zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Bundesrat.