14.52

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, zu diesem Thema sprechen zu dürfen, denn die frühen Hilfen sind tatsächlich ein Erfolgsmodell und ein Erfolgsprojekt, auf das man wirklich stolz sein kann.

Ich kann mich erinnern: Als das vor circa zehn Jahren in der Modellregion Ostösterreich ausprobiert wurde und geschaut wurde, wie das angenommen wird, wie man das aufsetzen kann, wie sich diese Familienbegleiter:innen vernetzen können, war schon klar, dass das notwendig und wichtig ist. Mittlerweile hat sich das über ganz Österreich verbreitet, und jetzt wird die Finanzierung über diese 15a-Vereinbarungen nachhaltig abgesichert, was wir aus ganzer Überzeugung begrüßen und unterstützen.

Diese frühen Hilfen heißen in den Bundesländern zum Teil ein bisschen unterschiedlich. Es hat da so Abwandlungen gegeben von Gut begleitet über frühe Hilfen und unterschiedliche Dinge, aber diese Initiativen sind untereinander vernetzt und entwickeln sich gemeinsam weiter hinsichtlich der Qualität und hinsichtlich der Fortführung dieser Grundidee.

Meine Vorrednerinnen haben es schon sehr anschaulich beschrieben: Fast alle Familien sind im Laufe der Zeit mit irgendwelchen Herausforderungen konfrontiert. Alle Eltern, die das nicht kennen, verschweigen, glaube ich, irgendetwas. Aber es gibt natürlich Familien, die mit größeren Herausforderungen konfrontiert sind – ob das Frühgeburten sind, ob man in der Schwangerschaft Probleme hat, ob man in finanziell prekären Situationen ist.

Was auch immer die Situation ist, diese Familienbegleiter:innen sind da, werden oft über das Gesundheitspersonal an Institutionen vermittelt, weil dort das erste Mal sichtbar wird, ob es einen Bedarf gäbe oder ob eine Notwendigkeit für eine Begleitung da ist, und dann kann das unmittelbar ansetzen.

Diese Familienbegleiter:innen sind auch aufsuchend, also sie gehen zu den Familien. Das heißt, es ist sehr niedrigschwellig. Es gibt da wenige Hürden, um die, die Bedarf haben, und die, die mithelfen können, miteinander in Kontakt zu bringen. Das ist alles großartig aufgesetzt.

Da wir jetzt schon so viele Zitate gehört haben, möchte ich auch noch so eine Faustregel aus der Fachwelt anhängen: Alles, was man zu Beginn des Lebens in einen Menschen investiert – jetzt im positivsten, qualitativen Sinn –, das rechnet sich im späteren Leben mehrfach. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Himmer und Jagl.)

Das heißt, so eine Maßnahme, wie es die frühen Hilfen sind, ist gleichzeitig eine präventive Maßnahme und jedenfalls eine gute Investition beim Start eines Lebens in das gesamte Familienleben rund um dieses Kind.

Die, die damals dieses Projekt sozusagen erfunden haben, von denen es ausging, das war die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Auch die möchte ich vor den Vorhang holen, weil dieser Zusammenschluss von so vielen Organisationen im Bereich der Kinder- und der Jugendgesundheit seit vielen Jahren so kontinuierlich qualitativ hochwertige Arbeit leistet.

Ich habe wieder eine Buchempfehlung, aber dieses Mal ist es ein Bericht, nämlich der Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2023, ganz frisch herausgekommen. So macht es die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit seit vielen Jahren. Es ist ein wirklich guter Überblick darüber, wo im Moment die Herausforderungen im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit liegen, welche Maßnahmen in Österreich da schon greifen und wo noch Bedarf ist. Ich empfehle daher sehr, sich diesen Bericht anzusehen und auf diese Expertenstimme zu hören.

Worauf dieser Bericht heuer speziell fokussiert, ist das Thema Familienarmut. Wir alle wissen, dass Armut zurzeit eine der großen Herausforderungen für Familien und ein großer Belastungsfaktor ist, der sich, wie meine Vorrednerin schon betont hat, immer auch auf das Kind auswirkt.

Diese Stresssituation, die durch Familienarmut ausgelöst wird, wirkt sich unmittelbar aufs Kind aus und hemmt tatsächlich körperlich, sozial und psychisch die Entwicklung von Kindern. Das ist natürlich ein Thema, wo wir sagen: Das könnte man vermeiden, indem man Familienarmut ganz konsequent bekämpft! Dinge wie die frühen Hilfen sind ein Puzzleteil davon, aber man könnte Familienarmut natürlich existenziell bekämpfen, indem man beispielsweise eine Kindergrundsicherung einführt und einfach diese Familienarmut und diese Stresssituation auflöst.

Bei der OECD hat man vor Kurzem eine interessante Berechnung aufgestellt: Es wurde berechnet, wie teuer Kinderarmut für einen Staat, für eine Gesellschaft ist, und wie unleistbar es für uns als Gesellschaft sein müsste, Kinderarmut in Kauf zu nehmen. Das heißt, wir können uns als Gesellschaft Kinderarmut eigentlich nicht leisten, weil wir deren Folgen dann bei Erwachsenen auffangen müssen, was jedes Jahr Millionen und Milliarden an Kosten verursacht. All das spricht dafür, diese Familien- und Kinderarmut beherzt zu bekämpfen und abzuschaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Thema Kinderarmut schlägt jetzt eine Brücke zu einem Thema, bei dem ich ursprünglich, beim Planen dieser Rede, fast schon wieder kritisieren wollte, aber da ist gestern etwas gelungen und hat uns auch positiv überrascht. Es wurde jetzt – spät, aber doch – dieser Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder vorgelegt. Ich stehe daher nicht an zu sagen: Es war falsch, was ich im Ausschuss dazu gesagt habe, nämlich dass das in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen würde.

Ich freue mich, dass dieser Nationale Aktionsplan jetzt gekommen ist, denn es war schon höchste Zeit. Ich habe ihn auch, soweit das von gestern auf heute möglich war, studiert.

Da sind sehr viele Maßnahmen beschrieben, die beschlossen oder bereits in Umsetzung sind. Die Überschriften finde ich alle im Wesentlichen gut und wichtig, so wie die Bereiche, in denen angesetzt wird: vom Wohnen über Bildung und Gesundheit bis zur sozialen Teilhabe. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

Mir fehlen ein bisschen die neueren Maßnahmen, weil wir doch merken, dass die bisher gesetzten Maßnahmen noch nicht armutsbekämpfend wirken. Die Zahl der armutsbetroffenen Kinder sinkt noch nicht. Das heißt, wir brauchen diesbezüglich noch mehr Anstrengungen – aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Minister, wissen Sie, dass es da kontinuierlich mehr Maßnahmen braucht. Das möchten wir auch noch einmal unterstreichen, weil die österreichische Politik noch nicht wirksam ist, um diese Zahlen zu reduzieren.

Natürlich reicht uns als Sozialdemokrat:innen auch eine Ansage, wie man die Kinderarmut halbieren wolle, nicht als ambitioniertes Ziel. Wir wollen die Kinderarmut natürlich komplett abschaffen und würden uns das gerne auch miteinander als Ziel vornehmen. Jedes Kind, das wir zurücklassen – und damit schließe ich jetzt wieder den Kreis zu vorhin –, kostet schließlich viel. Doch auch unabhängig von diesem wirtschaftlichen Aspekt ist jedes Kind, das wir sozusagen abhängen, eines zu viel. Jedes Kind hat es verdient, dass wir es unterstützen und ihm die Türen öffnen. Nehmen wir es uns vielleicht als Neujahrsvorsatz für 2024 mit, das wir alle mit voller Kraft, vollem Elan und Ernsthaftigkeit die Kinderarmut bekämpfen und diese Kindergarantie tatsächlich wirksam werden lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Himmer.)

15.01

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. – Bitte sehr.