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Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor Ort und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte noch kurz auf einen anderen Tagesordnungspunkt eingehen, weil mich Kollege Fischer spezifisch erwähnt hat.

Ja, Herr Minister, ich freue mich sehr darauf, dass es Apotheken ermöglicht wird, Abgabestellen einzurichten. Meine Gemeinde – 11 Kilometer beziehungsweise 13 Kilometer von der nächsten Apotheke entfernt – mit einer Teilversorgung durch einen Allgemeinmediziner bringt nämlich das Problem mit sich, dass genau diese Menschen, die vor Ort im Ortskern wohnen, zu keinen Medikamenten kommen und erst recht wieder auf Fahrtendienste angewiesen sind. Ich hoffe stark, dass auch für solche Gemeinden eine Lösung kommt.

Als Bürgermeisterin habe ich mich schon seit meinen Anfängen – das ist jetzt seit 2009 – dafür eingesetzt, dass unser Arzt eine Hausapotheke bekommt, was aber immer wieder abgelehnt worden ist. Das würde für meine Gemeinde und für die Bürgerinnen und Bürger meiner Gemeinde eine große Erleichterung bringen. Das wäre wirklich ein Schritt nach vorne. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt auf die Rede von Kollegin Miesenberger Bezug nehmen.

Zunächst möchte ich sagen, dass zu dem vorliegenden Gesetz alles schon relativ klar und deutlich erklärt worden ist. Wie bereits gesagt, geht es um die Umsetzung von EU-Recht, und es werden unserer Ansicht nach richtige Schritte gesetzt. Die Sozialdemokratie wird auch hier im Bundesrat ihre Zustimmung geben, denn es ist wichtig – und als Bürgermeisterin weiß ich das –, einen Notfallplan im Falle von Seuchenausbrüchen oder anderen Katastrophen und Krisen zu haben.

Definierte Zuständigkeiten, qualifizierte Entscheidungsstrukturen, konkrete, eingespielte Handlungsanweisungen und so weiter sind das A und O in einer Krisenbekämpfung. Das koordinierte Zusammenspiel von Bäuerinnen und Bauern, Veterinärmedizinern und Veterinärmedizinerinnen und Verwaltungen ist ein Schlüssel zur Bewältigung von Krisen, aber auch die enthaltenen Regelungen zu Entschädigungsleistungen für Betroffene sind uns wichtig. Das gibt Sicherheit für die betroffenen Bauern in schwierigen und existenzbedrohenden Lagen.

Eine begleitende Überwachung kann vorbeugend das Risiko der Verbreitung von Seuchen mindern, und es gibt noch Etliches mehr, was wir an diesem Gesetz befürworten. Die einzige Frage, die sich uns stellt, ist: Warum ist man es nicht schon früher angegangen?

Zur Seite der FPÖ: Das Schreckgespenst der überbordenden Überwachung oder Bürokratisierung sehen wir so nicht. Die Systematisierung könnte in Kombination mit der Zusammenführung und Digitalisierung zu einer Bürokratieentlastung führen. Vielleicht dient das hier ja eher auch der Stimmungsmache bei den Wähler:innen, denn faktenbasiert scheint es nicht zu sein.

Tiergesundheit – jetzt komme ich zu meinem Punkt – braucht aber mehr. Ich kann mich noch gut an den Ausbruch von BSE erinnern. Eine schlechte landwirtschaftliche Praxis, nämlich die Verfütterung von mit Scrapie verseuchten tierischen Proteinen an Rinder, war der Ausgangspunkt. Es wurde sozusagen Eiweißfutter, gewonnen aus belasteten tierischen Kadavern, an Pflanzenfresser verfüttert; ein Vergehen gegen die Natur, das sich rächte.

Und es rächte sich sehr stark. Eine Vielzahl von Rindern musste geschlachtet und sicher entsorgt werden. Das war ein enormer logistischer Aufwand, und es gab einen großen Angriff auf die Nahrungsmittelsicherheit, denn der Ausbruch der Krankheit zeigte sich bei den Rindern erst spät, für die menschliche Nahrungskette zu spät, denn die verseuchten Rinderprodukte landeten auf den Tellern der Konsument:innen und infizierten diese. Beim Menschen löste BSE die Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung aus, die oftmals tödlich endete. – So viel zur Fragilität unseres Ernährungssystems und der Lebensmittelsicherheit im Kontext mit der praktizierten, nicht artgerechten Nutztierhaltung. Unsere Nutztiere brauchen eben artgerechte Fütterung und Haltung in den Stallungen. Da führt kein Weg vorbei. Die Argumentation, ein Mehr an Tierwohl und damit indirekt ein Mehr an Tiergesundheit geht zulasten der Ernährungssicherheit, verliert bei Tierseuchenszenarien oder beim Beispiel BSE wohl relativ schnell an Gültigkeit.

Immer wieder gelangen Bilder von katastrophalen Zuständen in den Ställen an die Öffentlichkeit. Von artgerechter Tierhaltung kann auch bei unserer, im EU-Schnitt kleinstrukturierten Landwirtschaft – ich betone – nicht immer gesprochen werden. Gesunde Lebensbedingungen für Tiere haben in vielen Betrieben eine geringe Bedeutung, einen geringen Wert. Es geht vielmehr um Effizienz, um das Produzieren, aber auch um das Funktionieren der Bäuerinnen und Bauern im Sinne der vor- und nachgelagerten Agrarindustrie. Ja, es scheint, dass die vor- und nachgelagerte Agrarindustrie und nicht die Bauern die wahren Treiber der ÖVP-Landwirtschaftspolitik sind. Wir sind alle aufgerufen, achtsam zu sein. Da muss genau hingeschaut werden, sonst gefährden wir tatsächlich die Ernährungssicherheit für künftige Generationen.

Zum Schluss: Frau Kollegin Miesenberger, wir strecken die Hand aus. Wir wollen gemeinsam mit den Bauern, dass sich die Bedingungen für Bäuerinnen und Bauern vor Ort am landwirtschaftlichen Hof bessern, und dazu gibt es finanzielle Mittel, damit dort auch die Absicherung kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Keinesfalls stellen wir uns gegen die Bäuerinnen und Bauern, sondern wir strecken die Hand aus, damit es schneller geht. Ich möchte schon auch betonen, es kann für die Bäuerinnen und Bauern nicht gut sein, unter diesen Zuständen und unter solchen Bedingungen, die manchmal an die Öffentlichkeit gespült werden, zu arbeiten. (Bundesrätin Schumann: Genau!) Das verroht, das belastet, das kann nicht gut für die Menschen sein, die in solchen Betrieben arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb bringe ich zum Schluss, um die Rahmenbedingungen für die Bäuerinnen und Bauern für die Ernährungssicherheit zu verbessern, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tierwohl und Tierhaltungskennzeichnung als Chance für die österreichische Landwirtschaft“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, durch Expertinnen und Experten eine Berechnung durchzuführen und zu errechnen, welche Summe für ein Umbauprogramm der österreichischen Vollspaltenböden-Ställe notwendig ist und eine Umschichtung des 3,1 Milliarden € schweren Agrarbudgets so vorzunehmen, dass ein Umbau der Ställe mit Vollspaltenboden-Haltung in Österreich in Stallsysteme mit hochwertigen Tierhaltungsstandards sowohl im Schweine- als auch im Rinderbereich inklusive Einstreuverpflichtung innerhalb von fünf Jahren möglich ist. Diese Schwerpunktsetzung ist bereits für das mit 360 Millionen € dotierte sogenannte ,Impulsprogramm‘, welches in den Jahren 2024 bis 2027 wirksam sein soll, vorzusehen. Damit soll auch eine Herkunftskennzeichnung verbunden mit einer für Konsument*innen verständlichen und verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung einhergehen.“

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So weit der Entschließungsantrag.

Kollege Tiefnig hat die Tierhaltungskennzeichnung genannt. Ich wiederhole es noch einmal – das ist jetzt nicht im Antrag enthalten –: Auch die Kennzeichnung des Ursprungs in der Gastronomie ist ein wesentlicher Anspruch, damit endlich gewährleistet wird, dass der Konsument und die Konsumentin wissen, was sie im Gasthaus essen. Damit wäre nämlich auch gesichert, dass man wirklich auf regional produzierte Nahrungsmittel zurückgreift und nicht auf die Billigimporte, die immer in den Raum gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche um breite Zustimmung für den Antrag und sage Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

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