10.10

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hause via Livestream! Zurück zu den Fakten, würde ich sagen, und die Fakten, die Ergebnisse, die uns da jetzt vom Kinderbetreuungsmonitoring zur Verfügung stehen, sind ja auf der einen Seite durchaus spannend, allerdings auf der anderen Seite eigentlich auch ganz wenig überraschend, wie man sieht, wenn man sie genau betrachtet.

Da möchte ich vielleicht auch Ihnen, Frau Ministerin, einen kurzen Blick auf ein ganz tolles Angebot der Arbeiterkammer anraten. Da gibt es nämlich schon seit vielen Jahren den Kinderbetreuungsatlas in den einzelnen Bundesländern (Beifall bei der SPÖ.) Da sind alle einzelnen Kinderbetreuungsangebote ganz genau aufgeschlüsselt, nach Bezirken sortiert, nach Gemeinden sortiert, und da sieht man schon seit vielen Jahren, wo es tatsächlich hapert und wo das Angebot bereits ausreichend und positiv ist. Also wie gesagt: Da würde ich einmal an Ihrer Stelle genauer hineinschauen, denn dem liegt schon vieles, vieles an Datenlage zugrunde.

Was mich besonders nachdenklich stimmt, ist, dass Niederösterreich offensichtlich in diesem Zusammenhang absoluter Spitzenreiter ist, allerdings – das ist das Problem – am falschen Ende der Tabelle, nämlich ganz unten: Niederösterreich ist mit Oberösterreich gemeinsam Schlusslicht, was die VIF-konformen Plätze in der Kinderbetreuung betrifft. Ich glaube, das ist etwas, worauf wir nicht unbedingt stolz sein können.

Wir haben es heute schon gehört, noch einmal ganz kurz: Es gibt immerhin Bundesländer, wo es 90 Prozent an VIF-konformen Kinderbetreuungs- und Kinderbildungsplätzen gibt, nämlich zum Beispiel in Wien. Im Vergleich dazu sind es nur 26 Prozent in Oberösterreich und Niederösterreich.

Das heißt, man sieht überhaupt in diesem Zusammenhang ganz, ganz deutlich, dass die SPÖ-geführten Bundesländer mit bestem Beispiel vorangehen. Die wissen nämlich, was es braucht, um Familien zu unterstützen, und die handeln auch dementsprechend und setzen um. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen auch, zu wenige VIF-konforme Betreuungsplätze bedeuten in weiterer Folge eines – und das wissen wir alle hier herinnen ganz genau –: In Wahrheit bedeutet es besonders in den konservativ geführten Bundesländern, dass der Genderpaygap noch weiter befeuert wird, dass sich alte Rollenbilder noch weiter verfestigen. Wir haben ja heute schon wieder sehr bildhaft und sehr plakativ gehört, wie sich die FPÖ das Rollenbild der Frau vorstellt: Am besten zurück an den Herd! Zurück ins Jahr 1930! Zurück in die Vergangenheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Immer noch (Bundesrat Spanring: Eine unqualifizierte Aussage! ...!) – zuerst zuhören, dann sprechen!; dazu braucht es aber Kinderstube, die nicht jeder hat – sehen wir: Über 80 Prozent der Väter sind voll erwerbstätig (Bundesrat Spanring: Unqualifiziert! Unqualifiziert!), und gleichzeitig sind es nur 16 bis 20 Prozent der Frauen. (Bundesrat Spanring: Wir sind da nicht in der Mittelschule, Frau Kollegin! So was können Sie in der Schule machen, aber nicht im Bundesrat!) Das ist nicht die viel gepriesene Gleichstellung der Geschlechter, die auch die ÖVP immer proklamiert und versucht, uns als Erfolg zu verkaufen.

Wir wissen auch, was eine über Jahre hinweg gepriesene Teilzeit bedeutet, nämlich weniger Einkommen für die Frauen. Das setzt sich über Jahre, Jahrzehnte hinweg fort, bedeutet unter Umständen ein Risiko von Armut arbeitender Frauen und später auch ein Risiko von Armut in der Pension, denn nach der vollen Durchrechnung bleibt den Frauen einfach weniger Geld übrig, weil sie viel zu lange in Teilzeit sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Tatsache ist besonders skurril, weil die ÖVP ja eigentlich auf der einen Seite zugibt: Es gibt zu wenige VIF-konforme Betreuungsplätze, und es braucht da noch ein zusätzliches Angebot. Gleichzeitig haben wir aber von Frau Ministerin Edtstadler gehört, dass es jetzt unbedingt eine 41-Stunden-Woche braucht. (Bundesrat Himmer: Das hat sie aber nicht gesagt! Das hat sie aber nicht gesagt!) Also skurriler und eigentlich zynischer als das geht es nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.) Aber wen wundert es? Ich erinnere nur an die verhinderte Kinderbildungsmilliarde von einem gewissen Herrn Kurz vor einigen Jahren.

Dass es anders geht, sehen wir auch. Die SPÖ Niederösterreich hat 2022 ein sehr ausgeklügeltes Konzept entwickelt, was die Kinderbetreuung betrifft, das 3G-Modell: ganzjährig, ganztägig, gratis. Die Eltern haben uns recht gegeben, die Expert:innen haben uns recht gegeben. Die ÖVP hat uns belächelt. Siehe da! Zwei Wochen vor der Landtagswahl im Jahr 2022: Ah! Da hat die SPÖ doch recht gehabt, und plötzlich ist ein bisschen etwas umgesetzt worden.

Unterm Strich gibt es allerdings ein Problem. Wenn man das Kleingedruckte betrachtet, sieht man, es ist nach wie vor kein Kindergarten für alle, denn nach wie vor kostet der Kindergarten etwas in Niederösterreich – der Nachmittag ist nach wie vor zu bezahlen –, und das stellt die Familien einfach vor große Herausforderungen.

Das weitere Kleingedruckte: Auch die Gemeinden werden damit alleingelassen, denn die müssen die Gebäude zur Verfügung stellen, bauliche Maßnahmen einleiten, Räume zur Verfügung stellen, haben das Personal nicht, müssen darauf vertrauen, dass das Personal zur Verfügung gestellt wird, können es aber nicht aus dem Hut zaubern. Also da ist noch viel, viel zu tun.

Es geht auch darum, die Arbeitsbedingungen für die Elementarpädagog:innen zu verbessern. Wir sehen, dass nach wie vor nur zwei Drittel der Bafep-Absolvent:innen tatsächlich im Beruf bleiben. Ein Drittel verändert sich beruflich und wählt eine andere Richtung. Also von dem Aspekt aus gesehen gibt es die Notwendigkeit, qualitätsvolle bundesweit einheitliche Rahmen zu schaffen. Davon sind wir aber auch noch meilenweit entfernt.

Das heißt kurzum und zusammengefasst: Ein Schönreden der Situation macht noch keinen einzigen qualitätsvollen zusätzlichen Kinderbildungsplatz, und die brauchen wir ganz, ganz dringend. Jetzt müssen wir also vom Schönreden wegkommen, hin zum Tun. Es braucht für alle Kindern alle Chancen, wenn nicht morgen, dann übermorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.16

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.