16.58

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Lohn- und Sozialdumping ist einfach kein Kavaliersdelikt, sondern etwas, das großen Schaden anrichtet. Es richtet großen Schaden für die Beschäftigten an, die nicht kollektivvertragsgerecht entlohnt werden, großen Schaden für uns als Gesellschaft, für unsere Systeme, weil nicht richtig eingezahlt wird, und großen Schaden für unsere Betriebe, die ordentlich zahlen, die sich an unsere Regeln halten, die sich an die Kollektivverträge halten und durch dieses Unterbieten in den Zahlungen einfach in eine riesige Konkurrenz geraten und es dadurch zu einer Wettbewerbsverschiebung kommt.

Das Problem des grenzüberschreitenden Arbeitens ist ja in Österreich ein sehr großes. Wir sind eines der Hauptzielländer für grenzüberschreitendes Arbeiten. Wir haben über 220 000 Beschäftigte, die grenzüberschreitend arbeiten. Darum ist es so wichtig, dass hier ordentliche Regelungen bestehen und dass man jenen Unternehmen, die da ein Körberlgeld machen wollen, und zwar kein geringes, sondern ein ganz großes, auf verschiedensten Ebenen das Handwerk legt.

Die vorliegenden Gesetzesänderungen sind Reparaturen, sind kleine Anpassungen, treffen aber nicht den nötigen Kern. Man muss Strafen einführen, die wirklich abschreckend sind. Man muss schauen, dass jene Unternehmen nicht darin eine attraktive Form sehen, indem sie einfach minder zahlen, es dann auf ein Verfahren ankommen lassen und sagen: Ja, wir sind eh bereit, dass wir zusammenarbeiten! – Sie fassen dann nur sehr geringe Strafen aus und haben im Endeffekt mit diesem Modell einen Gewinn.

Daher stellt die sozialdemokratische Fraktion folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „wirksame Strafen bei Unterentlohnung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung vorzulegen, mit der die zu verhängende Geldstrafe keinesfalls hinter dem Vorteil, den der/die Arbeitgeberin aus der Unterentlohnung zog, zurückbleiben und die Summe der festgestellten Unterentlohnung daher nicht unterschreiten darf und im Falle der Kooperation des/der Arbeitgeberin als weitere Voraussetzung für den milderen Strafrahmen jedenfalls der Nachweis der mittlerweile erfolgten Nachzahlung der noch offenen Lohn- und Abgabenforderungen vorliegen muss."

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Es wäre ganz wichtig, auch eine Regelung zu finden, dass vor Annahme der Arbeit die Unterlagen schon bereitgestellt werden. Es ist auch gesamteuropäisch zu sehen. Wir wollen, dass auch in den Nachbarländern einfach ein Lohnniveau herrscht, das nicht dieses System des Lohn- und Sozialdumpings noch einmal bestärkt. Ich glaube, das ist wichtig, und es ist hinzuschauen, dass wir ein Europa mit guten Arbeitsplätzen für alle Beschäftigten in allen Ländern haben. Wir haben teilweise Lohnniveaus, die es natürlich attraktiv machen, grenzüberschreitend zu arbeiten. Trotzdem wäre es aber wichtig, faire Bedingungen und faire Bezahlung in allen europäischen Ländern zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil es uns und auch den Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaft besonders im Magen liegt, darf ich noch darauf hinweisen: Es gab eine Erklärung, es wurde gemeinsam in zähen Verhandlungen eine Erklärung von La Hulpe zur Zukunft der europäischen Säule der sozialen Rechte verhandelt. La Hulpe ist ein Vorort von Brüssel, und das wurde sozusagen als gemeinsames Bekenntnis im Rahmen der Ratspräsidentschaft von Belgien postuliert. Es war wichtig, das zu sagen. Es war wichtig, festzustellen, wie ganz, ganz entscheidend die soziale Frage in einem zukünftigen Europa sein wird, das sich in einem unglaublichen Wandelprozess befindet – sei es durch die Herausforderungen des Klimawandels, sei es auch durch die Veränderungen in den Industriestrukturen, sei es durch die künstliche Intelligenz, die Einzug in allen Arbeitsfeldern hält.

Wir brauchen also ein soziales Europa, damit die Menschen Vertrauen in die Regelungen haben, damit sie Vertrauen darauf haben, dass Wandelprozesse begleitet werden. Wenn das nicht von Europa ausgestrahlt wird, dann wird man all jenen, die die Feinde Europas sind und die nicht wollen, dass Europa stark und kräftig ist, das Wort reden.

Diese Erklärung enthält viele wichtige Punkte, wie die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wie die Frage der Stärkung der Sozialpartnerschaft, wie die Frage der Stärkung guter Arbeitsbedingungen und Lebensbedingungen für alle Menschen. Es ist eine Erklärung, die nicht einmal bindenden Charakter hat, sondern einfach nur eine Grundlagenerklärung gewesen wäre, wie ein soziales Europa zukünftig auszusehen hat oder aussehen soll. Die Enttäuschung war umso größer, als 25 Länder zugestimmt und zwei Länder nicht zugestimmt haben, und ein Land davon war Österreich. (Bundesrat Schennach: Eine Schande!) Ich glaube, es ist schon ein bisschen beschämend, dass die Zustimmung Österreichs nicht erfolgt ist.

Österreich ist ein Land, das auf seine starken sozialstaatlichen Leistungen stolz sein kann, in dem viele darum kämpfen, dass wir diese erhalten. Sie wissen, wie wichtig es ist, dass wir eine Sozialpartnerschaft haben, die funktioniert, die eine kollektivvertragliche Abdeckung von 98 Prozent haben, die schauen – darauf müssen wir alle gemeinsam schauen –, dass Beruf und Familie für Frauen und für Männer gut vereinbar sind. Dann zu sagen: Wir unterzeichnen diese Erklärung nicht!, ist kein Ruhmesblatt für diese Regierung. Ich weiß, dass dafür in der Regierung keine Einigkeit bestanden hat. Ich weiß – es ist auch nach außen gedrungen –, dass Bundesminister Rauch sehr gerne zugestimmt hätte, Bundesminister Kocher hat seine Zustimmung nicht erteilt.

Ich glaube, das war kein guter Schritt, denn wir müssen die Menschen mitnehmen und wir müssen ihnen die Sicherheit geben, dass die sozialen Systeme halten werden und dass sie bei diesen großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, gute Arbeits- und Lebensbedingungen haben werden. Es wurde nicht klug gehandelt, aber leider scheint das jetzt schon zum allgemeinen Handlungsmuster der Regierung zu gehören. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.

Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „wirksame Strafen bei Unterentlohnung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Philipp Kohl. Ich erteile ihm das Wort.