7224 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten
über den Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2005
betreffend eine Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt
Anhang
Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass Österreich auf allen Ebenen (Schüler, Lehrer, Inspektoren) in den Betrieb der – derzeit zwölf (je eine weitere in Brüssel und Luxemburg sind in Vorbereitung) – Europäischen Schulen integriert ist, ohne bisher der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen beigetreten zu sein.
Da der vorliegende Staatsvertrag Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG. Die in dessen Art. 1, 2, 3, 10 und 11 enthaltenen Bestimmungen sind zudem verfassungsändernd und bedürfen daher überdies gemäß Artikel 50 Absatz 3 B-VG in Verbindung mit Art. 44 Absatz 2 B-BVG der Zustimmung des Bundesrates.
Art. 1, 2 und
3 sind verfassungsändernde Bestimmungen, da es sich bei den Europäischen
Schulen um Einrichtungen handelt, die nach der österreichischen
Bundesverfassung weder als rein öffentliche Schule i.S.d. Art. 14
Abs. 6 B-VG, noch als reine Privatschule i.S.d. Art. 14 Abs. 7
B-VG qualifiziert werden können. Es werden Elemente sowohl der öffentlichen
Schule (insbesondere durch Einbindung von „gesetzlichen Schulerhaltern“) als
auch der Privatschule (Einrichtung von Vertragsorganen als „Schulerhalter“ bzw.
Verleihung von Rechtspersönlichkeit nach Art. 6 der Vereinbarung)
miteinander verschränkt, sodass eine von der Verfassung nicht vorgesehene
Einrichtung vorliegt. Die Europäischen Schulen bedürfen daher einer besonderen
verfassungsrechtlichen Grundlage, zumal diese Schulen i.S.d. Art. 14
Abs. 6 B-VG nicht allgemein zugänglich sind und auch die bloß
privatrechtliche Einbindung des Bundes oder des Landes als Schulerhalter einer
nicht allgemein zugänglichen Privatschule einer verfassungsrechtlichen Absicherung
bedarf.
Die
Beschlussfassung im Verfassungsrang ist weiters notwendig, weil gemäß
Art. 2 und 3 der Vereinbarung die Länder als Schulerhalter nach
Art. 14 Abs. 6 B-VG und als Kindergartenerhalter nach Art. 14
Abs. 4 lit. b B-VG aufgrund eines Beschlusses des Obersten Rates
verpflichtet werden könnten, eine Pflichtschule bzw. einen Kindergarten zu
erhalten, die nicht allgemein zugänglich sind. Ein solcher Beschluss stünde in
einem Spannungsverhältnis zu Art. 9 Abs. 2 B-VG, weil nach dieser
Bestimmung nur Hoheitsrechte des Bundes einfachgesetzlich bzw. durch
gesetzändernden Staatsvertrag übertragen werden dürfen.
Schließlich sind
auch Art. 10 und 11 der Vereinbarung als verfassungsändernd zu
beschließen. Gemäß Art. 10 der Vereinbarung kommen dem Obersten Rat alle
erforderlichen pädagogischen Entscheidungsbefugnisse zu; gemäß Art. 11
Z 2 sorgt der Oberste Rat für die Aufsicht über den Unterricht durch
Einsetzung von Inspektionssausschüssen. Dies steht in einem Spannungsverhältnis
zur staatlichen Unterrichtshoheit sowie zu den Befugnissen der Schulbehörden
des Bundes (Art. 81a B-VG), etwa zur Inspektion des Unterrichts durch
Schulaufsichtsbeamte sowie die Ausführungsbestimmung des § 18
Bundes-SchulaufsichtsG betreffend die Schulinspektion.
Dem Nationalrat
erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages
die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen im Sinne des Artikel 50 Absatz 2
B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung
nicht erforderlich.
Der Nationalrat hat anlässlich der Beschlussfassung im Gegenstand beschlossen, dass der gegenständliche Staatvertrag gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen ist, dass die dänische, englische, französische, griechische, italienische, niederländische, portugiesische und spanische Sprachfassungen, hinsichtlich der französischen Sprachfassung mit Ausnahme des Anhangs, zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 15. März 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B‑VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,
3. den in Art. 1,2,3,10 und 11 enthaltenen verfassungsändernden Bestimmungen gemäß Artikel 50 Absatz 3 B‑VG in Verbindung mit Artikel 44 Absatz 2 B‑VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Wien, 2005 03 15
Karl Bader Albrecht Konecny
Berichterstatter Stv. Vorsitzender