2375/J-BR/2005

Eingelangt am 21.12.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesräte Prof. Konecny

und GenossInnen

an den Bundeskanzler

betreffend Errichtung eines Dollfuß-Denkmals am Ballhausplatz

Schräg gegenüber dem Eingang des Bundeskanzleramtes am Ballhausplatz, auf der anderen
Seite der Löwelstraße, dort wo diese in den Ballhausplatz mündet, befindet sich eine
rechteckige Einbuchtung im Zaun des Volksgartens.

Diese Fläche wurde 1935 vom Volksgarten abgetrennt. In diesem Jahr beschloss die damalige
autoritäre Bundesregierung unter Bundeskanzler Schuschnigg, an dieser Stelle ein Denkmal
für den im Jahr davor ermordeten Bundeskanzler Dollfuß zu errichten, der 1933 die
Demokratie in Österreich beseitigt und ein faschistisches Regime errichtet hatte.

Diese Absicht konnte bis 1938 nicht verwirklicht werden und nach 1945 wurde dieses
Vorhaben verständlicherweise nicht wieder aufgenommen.

Was verblieb, war ein Platz, der viele Jahre hindurch als Parkplatz benützt wurde. Nachdem
aus Sicherheitsgründen das Parken untersagt wurde, dient er nun überwiegend als Abstellplatz
für Absperr-Gitter, die wegen der Politik der gegenwärtigen Bundesregierung auf dem
Ballhausplatz relativ oft benötigt werden, um protestierende BürgerInnen fernzuhalten.

Diese weder städtebaulich noch politisch befriedigende Situation scheint zu einem ewigen
Provisorium zu werden.

Nun ist ja nicht völlig auszuschließen, dass jene Partei, die derzeit den Bundeskanzler stellt,
noch immer an die Errichtung eines Dollfuß-Denkmals denkt. Diese Partei betrachtet sich ja
offenbar als Nachfolgepartei der Vaterländischen Front, in die die Christlich-Soziale Partei
nach dem Verfassungsputsch und dem Verbot aller anderen Parteien umgewandelt wurde, und
ehrt Dollfuß nach wie vor mit einem Bildnis in ihren Klubräumlichkeiten im Parlament.

Andererseits wäre es ja angesichts des gerade in diesem Jahr so massiv zum Ausdruck
gebrachten Bekenntnisses zur Demokratie auch überlegenswert, an dieser Stelle ein Denkmal
für jene zu errichten, die ihr Leben im Kampf gegen die „eigenständige" österreichische
Diktatur verloren oder unter dieser gelitten haben.


 

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher zum Ausklang des von der ÖVP so genannten
„Gedankenjahres" an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1.              Hält die Bundesregierung weiter an dem Vorhaben fest, auf der vom Volksgarten
abgetrennten Fläche schräg gegenüber dem Eingang des Bundeskanzleramtes ein
Denkmal für Dollfuß errichten zulassen?

2.              Wenn nicht, ist die Bundesregierung bereit, die Fläche für ein Denkmal für jene
Personen zu nutzen, die vom austrofaschistischen Regime verfolgt und ermordet
wurden?

3.              Wenn nicht, warum nicht?

4.              Wenn Sie nicht bereit sein sollten, auch der Opfer des austrofaschistischen Regimes zu
gedenken, sind Sie dann bereit, diese Fläche wieder in den Volksgarten eingliedern zu
lassen und sie damit den Wienerinnen und Wienern, die diese von Franz Josef I. zum
Geschenk erhielten, zurückzugeben?