2605/J-BR/2008
Eingelangt am 21.02.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der
Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde
an
den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend
RECS-Zertifikatehandel in Österreich
Laut dem
Stromkennzeichnungsbericht 2007/2008 der E-Control (Seite 43) haben
zahlreiche EU-Staaten die EU-Vorgaben zur Stromkennzeichnung noch nicht oder
noch nicht zur Gänze umgesetzt, was auch von der E-Control
kritisiert wird.
Ein derart umgesetztes System, in dem Herkunftsnachweise bereits ausgestellt
werden, gibt es in 11 Ländern, in 6 Ländern wurde
ein solches System zwar
umgesetzt, ist aber
noch nicht in Betrieb („umgesetzt"). 9 Länder sind gerade dabei,
die Umsetzung eines Herkunftsnachweissystems
vorzubereiten und Ungarn
schließlich hat dies noch nicht getan. Diese
Heterogenität führt zwangsläufig zu
Verzerrungen am Markt und zu potenziellen Doppelzählungen. Es
ist somit von
zentraler Bedeutung, dass die Vorschriften der Richtlinien 2001/77/EG und
2003/54/EG so bald wie möglich umgesetzt und die Systeme
koordiniert werden.
Dieser Punkt
wurde auch seitens der Kommission aufgegriffen, welche ebenfalls
einen Handlungsbedarf bei der Koordinierung der Herkunftsnachweissysteme sieht:
„Es ist allerdings erforderlich, ein absolut sicheres
System für die Einlösung
„gebrauchter" grüner Zertifikate zu vereinbaren. Ein
derartiges System gibt es bereits
in mehreren Mitgliedstaaten und es könnte
weitergehend koordiniert oder sogar
harmonisiert werden (...)." 12 Mitteilung der
Kommission „Förderung von Strom aus
erneuerbaren Energieträgern", 7. Dezember 2005,KOM(2005)627.
In Österreich können gemäß § 7 ELWOG unter anderem auch RECS-Zertifikate, die
von Stellen ausgegeben wurden, auf die die
Akkreditierungsbestimmungen von §
45a
Abs 7 EIWOG zutreffen, als Nachweis für die
Stromkennzeichnung verwendet
werden.
Die österreichischen EVU's machen von dieser Möglichkeit auch massiv Gebrauch.
Laut der auf der Homepage des Renewable
Energy Certificate Systems
(www.recs.org) veröffentlichten
Statistik war Österreich im Jahr 2006 mit einer
Menge von 4,2 Millionen GWh (bis Oktober!) zweit größter
Netto-Importeur (nach
den Niederlanden).
Die größten Netto-Exporteure sind Norwegen (51,8
Mio GWh), Schweden (6,7 Mio
GWh) und Finnland (4,3 Mio GWh). Norwegen als nicht EU-Mitglied unterliegt
nicht
der Stromkennzeichnungsverpflichtung, die
Finnische Stromkennzeichnung wird
aufgrund des nicht-ausreichenden Informationsgehalts kritisiert und in Schweden
liegt die Kennzeichnung erst als Entwurf vor.
Diese Länder können also aufgrund der fehlenden
Stromkennzeichnungsvorschriften
im Inland Zertifikate in großen
Mengen und entsprechend billig verkaufen. Mit diesen
Zertifikaten wird dann auch österreichischer
Strom unabhängig von seiner Quelle als
„Wasserkraft"
verkauft, und damit die, in Österreich an sich zufriedenstellend
umgesetzte
Stromkennzeichnung, „verwässert".
Aus diesem Grund kritisieren nicht
nur Umwelt-NGOs die Zulässigkeit des Kaufs von
RECS-Zertifikaten, in verschiedenen
Pressemeldungen äußern sich auch:
-
der Ökostromexperte der E-Control, Christian Schönbauer, kritisch
über das
europaweit nicht einheitliche System des Nachweises It. einem Bericht der
Energie Exchange Austria (http://www.exaa.at/service/news/9489252/)
-
ein Verbund-Sprecher bestätigte sogar, dass es aufgrund der
derzeitigen
Lücken im System zu europaweiten
Doppelettikettierungen kommen kann.
-
Der
Pressesprecher der EVN formulierte im Standard vom 7. Jänner seinen
Wunsch nach EU-weiter Harmonisierung der
Kennzeichnungspflicht
-
die Ökostrom AG, spricht in ihrer OTS-Meldung vom 9. 1. von Ökoschwindel
und Kundentäuschung.
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie viel Strom haben österreichische EVUs im Jahr 2006 importiert?
2.
Aus welchen 5 Ländern kamen diese Importe hauptsächlich und in
welcher
Höhe?
3. Wie hoch ist der Atomstromanteil an der Stromproduktion dieser Länder?
4.
Welche österreichischen EVUs haben wie für viele GWh Strom RECS-
Zertifikate entwertet?
5.
Wie hoch waren die durchschnittlichen Kosten für
RECS-Zertifikate im Jahr
2006?
6.
Welche Schritte werden Sie unternehmen, um den Zertifikatehandel der
Österreichischen
EVUs künftig transparent ablaufen zu lassen?
7.
Wann rechnen
Sie mit einer adäquaten Umsetzung der EU-
Stromkennzeichnungsrichtline in allen
EU-Mitgliedsstaaten?
8.
Wann rechnen
Sie mit dem Inkrafttreten einer adäquaten
Stromkennzeichnungsverpflichtung in
Norwegen?
9.
Stellt der Einsatz von RECS-Zertifikaten aus Ländern, in
denen die
Stromkennzeichnung
noch nicht so weit umgesetzt ist, wie in Österreich, eine
Wettbewerbsverzerrung dar? Wenn ja, wie
werden Sie diese künftig
verhindern?
10.
Wäre eine Beschränkung des Handels mit
Stromzertifikaten auf Länder, die
die Stromkennzeichnung in einer, mit Österreich
vergleichbaren, Form
durchgeführt haben,
durch eine Änderung des ELWOG möglich und EU-
konform?
11.
Ziehen Sie
eine derartige Änderung in Betracht? Wenn ja:
Wann? Wenn
nein: Warum nicht?