2824/J-BR/2011

Eingelangt am 14.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Monika Mühlwerth

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Integration von in Österreich lebenden Türken

Anfang März 2011 hat eine Delegation aus Österreich, bestehend aus Abgeordneten der ÖVP, darunter auch der ÖVP-Klubobmann Karl-Heinz Kopf, mit offiziellen Vertretern der türkischen Republik, ein Treffen organisiert. In der Tageszeitung Kurier“ wurde über das Treffen am 10. März 2011 folgendermaßen berichtet:

Streit um Sprachkurse für Türken

Integration Nach den Aussagen eines Erdogan-Beraters ("Deutschkurse sind eine Provokation") hagelt es von Blau bis Grün Kritik an den Thesen.

Die Aufregung war beträchtlich: Nachdem Gürsel Dönmez, Integrationsberater des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan, im KURIER erklärt hatte, in der Türkei zu absolvierende Deutschkurse würden in der Türkei als Provokation empfunden, regte sich am Mittwoch heftiger Widerspruch - in der innenpolitischen Landschaft wie auch unter in Österreich lebenden, türkischen Experten und Intellektuellen.

"Was wir in Österreich jetzt sicher nicht brauchen können, sind Zuwanderer, die auch noch seitens ihres Heimatlandes darin bestärkt werden, ja nicht zu viel Integrationsbereitschaft an den Tag zu legen und die deutsche Sprache als zweitrangig anzusehen", wetterte etwa FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache.

Wenn die offizielle Türkei jetzt wieder bestätige, "dass jegliche Bemühungen Österreichs, hier lebende Türken zu integrieren, torpediert werden, muss die Türkei auch klare Signale bekommen, dass ein Sesshaftwerden auf diese Art eben nicht mehr möglich ist".

Nötig wie ein Kropf

In seltener Eintracht mit den Freiheitlichen präsentierten sich gestern die Grünen - zumindest, was die Kritik an der nationalistischen Rhetorik von Erdogans Sprecher anbelangt. "Dass Premierminister Erdogan und hochrangige Vertreter der Türkei den


türkischen Migranten im Ausland regelmäßig zurufen ,lhr müsst Türken bleiben!, brauchen wir in Österreich so dringend wie einen Kropf″, sagt die Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun, zum KURIER.

Korun hat selbst türkischen Migrationshintergrund und attestiert der Regierung in Ankara, offenbar wenig Ahnung von der Lebensrealität der in Europa lebenden Türken zu haben: "Anstatt zu sagen: Die Auslandstürken können Brückenbauer sein, wenn sie in beiden Kulturen und Sprachen zu Hause sind, schürt Ankara einen dumpfen Nationalismus, der der Integrationspolitik in Österreich enorm schadet."


 

Ausnehmend kritisch bewerteten auch türkisch-stämmige Experten die Aussagen von Dönmez, der bei einer Auslandsreise einer ÖVP-Delegation nach Ankara auch Erdogans Feststellung verteidigt hat, dass Assimilation eine Menschenrechtsverletzung darstellt.

"Mich machen solche Aussagen fassungslos", sagt Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien. "Außer türkischen Politikern spricht niemand von einer Assimilation und das ist auch gut so, denn: Die Verschmelzung von Kulturen ist nur dann abzulehnen, wenn sie mit Zwang passiert." Wolle die türkische Regierung ihren Landsleuten einen Dienst erweisen, solle sie in der Türkei Sprachkurse für all jene organisieren, die ins Ausland gehen wollen. "So schafft man neue Chancen."

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

Anfrage

1.              Wurde die österreichische Vertretungsbehörde über die Auslandsreise der ÖVP-Delegation informiert?

2.      Waren Vertreter der österreichischen Vertretungsbehörde in der Türkei bei diesem Treffen dabei?

3.      Was waren die Inhalte des Treffens?

4.      Wurde das neu errichtete Ministerium seitens der Türkei für die im Ausland lebenden Türken und Türkinnen thematisiert?

5.      Wurde Ihnen mitgeteilt, dass auf österreichischem Hoheitsgebiet eine den türkischen unterstehende Behörde, samt Infrastruktur und Personal installiert wird,  welche  abseits  der   international   vereinbarten   diplomatischen Beziehungen agieren wird?

6.      Wie stehen Sie als zuständiger Minister zu den Bestrebungen des türkischen Staates, einen Staat im Staat auf österreichischem Boden zu installieren?

7.      Werden diese Fakten  von Ihnen  bei  den  kommenden  Treffen zwischen Österreich und der Türkei thematisiert?

8.      Wenn ja, welche Standpunkte und Positionen werden Sie vertreten?

9.      Wenn nein, warum beziehen Sie keine Stellung?

10.  Diese Bestrebungen stellen Österreich als Aufnahmeland von ehemaligen Gastarbeitern, insbesondere aus der Türkei, vor gewaltige gesellschaftliche Herausforderungen. Werden Sie die Innenministerin über die Bestrebungen der Türkei eine türkische Behörde und Ihrer Vertretungsorgane in Österreich zu installieren informieren?


11. Sie haben als Außenminister in der Vergangenheit konstruktive Bemühungen für Integrationsbestrebungen und Änderungsvorschläge für Österreich in der Öffentlichkeit kundgetan. Wie bewerten Sie die Bestrebungen der Türkei, eine türkische Behörde in Österreich zu installieren, im Kontext der Integrationsbemühungen, welche in den verschiedensten Maßnahmen wie dem Nationalen Aktionsplan für Integration (NAPI) festgeschrieben sind?