2954/J-BR/2013

Eingelangt am 26.06.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der BundesrätInnen Marco Schreuder, Efgani Dönmez; Heidi Reiter; Nicole Schreyer

an den Bundeskanzler

betreffend Vertretung angefochtener Bundesgesetze vor dem Verfassungsgerichtshof

BEGRÜNDUNG

Gemäß Art. 140 B-VG ist der Verfassungsgerichtshof dazu berufen, über die Verfassungswidrigkeit von Bundes- oder Landesgesetzen zu entscheiden.

Zur Vertretung eines angefochtenen Bundesgesetzes vor dem Verfassungsgerichtshof ist ausschließlich die Bundesregierung berufen (Art. 148 B- VG; § 63 Abs. 1 VfGG), die ihren diesbezüglichen Willen zwingend als Kollegialorgan und einstimmig zu bilden hat (VfSIg. 5573, 7593, 10.598, 10.937, 11.166). Gemäß Art. 18 B-VG darf die gesamte Verwaltung nur auf Grundlage der Gesetze ausgeübt werden.

In den aktuell beim VfGH anhängigen Verfahren G 16/13 und G 44/13 (betreffend den Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von der künstlichen Befruchtung) hat der Verfassungsgerichtshof dementsprechend die Bundesregierung zur schriftlichen Äußerung zu den Aufhebungsanträgen des Obersten Gerichtshofs bzw. eines betroffenen Frauenpaares aufgefordert.

Die Bundesregierung hat in beiden Verfahren keine Äußerung abgegeben.

In beiden Verfahren ist jedoch eine Äußerung im Namen der Bundesministerin für Justiz eingegangen (BMJ-Z3.509/0006-I 1/2013 und BMJ-Z3.509/0010-I 1/2013), die weder durch den Verfassungsgerichtshof zur Äußerung aufgefordert worden ist noch zur Vertretung von Bundesgesetzen vor dem Verfassungsgerichtshof berufen ist und die dementsprechend keine Verfahrenspartei ist. In dieser Äußerung werden die angefochtenen bundesgesetzlichen Bestimmungen verteidigt und sogar VertreterInnen des Bundesministeriums für Justiz für eine allfällige mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof nominiert.


Die unterfertigenden Bundesrätlnnen stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Erachten Sie die im Namen der Bundesministerin für Justiz an den Verfassungsgerichtshof erstatteten Äußerungen in den Verfahren G 16/13 und G 44/13 (BMJ-Z3.509/0006-I 1/2013 und BMJ-Z3.509/0010-I 1/2013), in Umgehung der Abstandnahme von einer solchen Äußerung durch die zur Vertretung von Bundesgesetzen berufene Bundesregierung, für verfassungs- und gesetzeskonform?

2.   Falls Sie die Frage 1 . mit „Ja“ beantworten: Wie begründen Sie diese Ansicht, insbesondere im Hinblick auf die Art. 18, 140, 148 B-VG und § 63 Abs. 1 VfGG?

3.   Falls Sie die Frage 1. mit „Nein“ beantworten: Welche Konsequenzen werden Sie aus dieser Umgehung der Bundesregierung, die von einer solchen Äußerung Abstand genommen hat, durch ein einzelnes Regierungsmitglied ziehen?

4.        Waren die im Namen der Bundesministerin für Justiz an den Verfassungsgerichtshof erstatteten Äußerungen in den Verfahren G 16/13 und G 44/13 (BMJ-Z3.509/0006-I 1/2013 und BMJ-Z3.509/0010-I 1/2013) mit Ihnen abgesprochen?

5.     Wussten Sie von den im Namen der Bundesministerin für Justiz an den Verfassungsgerichtshof erstatteten Äußerungen in den Verfahren G 16/13 und G 44/13 (BMJ-Z3.509/0006-I 1/2013 und BMJ-Z3.509/0010-I 1/2013)?