3215/J-BR/2017

Eingelangt am 16.02.2017
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ANFRAGE

 

des Bundesrates Arnd Meißl

und weiterer Bundesräte

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Einstellung eines Verfahrens gegen einen Arzt wegen des Verdachts des Vergehens einer gefährlichen Drohung gegen eine Wahlbeisitzerin durch die Staatsanwaltschaft Leoben (GZ 6 St 9/17p-1)

 

Die Kleine Zeitung Steiermark berichtete in ihrer Ausgabe vom 8.12.2016 darüber, dass ein Arzt bei der Wahl zum Bundespräsidenten am 4.12.2016 in einem Mürzzuschlager Wahllokal eine Wahlbeisitzerin der Freiheitlichen Partei Österreichs massiv bedroht hat. (Quelle: Kleine Zeitung, 8.12.2016)

 

Der Mann hat sich darüber geärgert, dass die Wahlbeisitzer einen Ausweis verlangten. Beim Verlassen des Wahllokals hat der Arzt laut Aussage der bedrohten Wahlbeisitzerin, die im Zivilberuf Polizistin ist, gesagt, er hoffe, dass die Wahl richtig ausgehen werde, er andernfalls nämlich noch eine Schusswaffe zu Hause habe. Dann erkundigte er sich, ob jemand von der FPÖ im Wahllokal anwesend sei. Als sich die Wahlbeisitzerin der FPÖ meldete, streckte der Mann seine Hand aus und gestikulierte so, als würde er auf die Frau schießen. Die Wahlbeisitzerin erstattete Anzeige. Da der Arzt tatsächlich einen registrierten Revolver besitzt, wurde dieser von der Polizei eingezogen und von der zuständigen Behörde ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen.

 

Das Verfahren gegen den Beschuldigten wurde von der Staatsanwaltschaft Leoben mit folgender Begründung eingestellt: „..weil der Beschuldigte unmittelbar nach der Geste zur Bedrohten sagte: „Sie brauchen keine Angst zu haben, sie werden noch gebraucht – zum Kochen“, wodurch er die Drohung relativierte, sodass der Tatbestand des § 107 StGB nicht erfüllt ist.“

 

Die Staatsanwaltschaft konnte dabei nicht davon ausgehen, dass die Bedrohte diese Form der Relativierung der Drohung auch tatsächlich gehört hatte, da er diese Äußerung offenbar nicht in Richtung der bedrohten Wahlbeisitzerin tätigte.

 

Weitere im Wahllokal anwesende Personen, die ihr Wahlrecht zum Zeitpunkt dieser Aussage noch nicht wahrgenommen hatten, könnten durch diese Drohung in der Ausübung ihres freien Wahlrechtes beeinflusst worden sein.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Bundesräte an den Bundesminister für Justiz folgende

 

                                                           Anfrage

 

1.    Werden Sie sich für die Schaffung von Regelungen einsetzen, mit denen Wahlbeisitzer und sonstige Mitglieder von Wahlkommissionen stärker geschützt werden?

2.    Wenn ja, wie werden diese aussehen und wann werden die diesbezüglichen Entwürfe vorliegen?

3.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Kann eine herabwürdigende sexistische Äußerung bezüglich einer unmittelbar zuvor gefährlich bedrohten Frau – im gegenständlichen Fall zusätzlich Beamtin und erkennbar Wahlbeisitzerin – die begangene Straftat derart relativieren, dass Straffreiheit eintritt (insbesondere, wenn das Opfer die sexistische Äußerung nicht zweifelsfrei gehört hat)?

5.    Wenn ja bei Frage 4, warum und unter welchen Umständen?

6.    Wenn nein bei Frage 4, werden Sie die Staatsanwaltschaft anweisen, das Verfahren gegen den Beschuldigten wiederaufzunehmen?

7.    Wenn nein bei Frage 6, warum nicht?

8.    Wird in vergleichbaren Fällen die Ärztekammer von der Staatsanwaltschaft informiert?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Warum wird die Staatsanwaltschaft nicht von Amts wegen tätig, wenn ihr ein Sachverhalt wie die Drohung mit dem Gebrauch einer Schusswaffe zur Kenntnis gelangt?

11. Welche Hilfe bieten Sie Opfern von gefährlichen Drohungen vor, während und nach einem allfälligen Gerichtsverfahren an?