1038/A XX.GP
ANTRAG
der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert
werden soll
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert werden soll
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz vom 13.11.1991 über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und
die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGBl Nr 166/1998 (Arbeiterkammergesetz 1992 - AKG) wird wie folgt
geändert:
1. § 21 Abs 1 wird wie folgt abgeändert und lautet:
„(1) Wählbar in eine Arbeiterkammer sind alle kammerzugehörigen
Arbeiternehmer/innen, die am Stichtag
1. abgesehen vom Erfordernis des Wahlalters und der Staatszugehörigkeit von
der Wählbarkeit in den Nationalrat nicht ausgeschlossen sind;
2. das 19. Lebensjahr vollendet haben;
3. insgesamt mindestens zwei Jahre in Österreich in einem die
Kammerzugehörigkeit begründeten Arbeits - oder Beschäftigungsverhältnis
standen.“
Begründung:
Bei der 120. Vollversammlung der Wiener Kammer für Arbeiter und Angestellte im
November 1995 wurde der Antrag zur Verwirklichung des passiven Wahlrechtes für
alle ausländischen Arbeitnehmer/innen mehrheitlich angenommen. Dies war seit
Inkrafttreten des Arbeiterkammergesetzes 1992 der erste Antrag, der von
Wahlberechtigten selbst und nicht von Kammerräten bei der Vollversammlung
gestellt wurde. Diese Willensäußerung wurde den im Parlament vertretenen
politischen Parteien mit dem Ersuchen übermittelt, geeignete Schritte zur
Behandlung des Anliegens zu unternehmen. Im Sinne dieses Beschlusses soll der
gegenständliche Antrag im Nationalrat beschlossen werden. Bei der
parlamentarischen Beschlussfassung zum Arbeiterkammergesetz im Jahr 1998
wurde dieser Antrag wieder ignoriert, obwohl das Arbeiterkammergesetz in seiner
derzeitigen Form EU - rechtswidrig ist. Mittlerweile hat sogar die Kommission der EU
in zwei Briefen von der österreichischen Bundesregierung diesbezüglich Auskünfte
bzw. Klarstellungen eingefordert, bis jetzt jedoch ohne Antwort. Eine weitere
Verzögerung der Gesetzesanpassung ist beschämend und politisch untragbar.
Das Bundesverfassungsgesetz vom 3.7.1973 zur Durchführung des internationalen
Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierungen
verpflichtet den Gesetzgeber zu einer Gleichbehandlung aller AusländerInnen,
unabhängig ihrer Nationalität. Durch internationale Verträge wie zB EU - Vertrag
können Sonderstellungen geschaffen werden (zB für EU - BürgerInnen), jedoch nur
dann, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind. Das passive Wahlrecht zur
Arbeiterkammer stellt ein demokratisches Grundrecht dar, das eine unterschiedliche
Behandlung von AusländerInnen in keiner Weise rechtfertigt. Die dereit bestehende
Ungleichbehandlung steht daher auch im Widerspruch zum Rassendiskriminierungs -
BVG. Davon abgesehen sei darauf hingewiesen, dass Österreich aufgrund der EU -
Assoziationsabkommen verpflichtet ist, 80 % der ausländischen ArbeitnehmerInnen
hinsichtlich des passiven Wahlrechtes wie EU - BürgerInnen zu behandeln.
Ausländische Arbeitskräfte haben in Österreich und anderen mitteleuropäischen
Staaten seit etwa Mitte der 60er Jahre mit ihrer Arbeitsleistung entscheidend zum
Wirtschaftswunder und zur Sicherung des Wohlstandes beigetragen. Ihre
Entscheidung, nach Österreich zu kommen und hier zu arbeiten, haben sie in der
Regel aufgrund massiver Anwerbungskampagnen österreichischer Unternehmer
getroffen. Ihre Aufnahme in das gesellschaftliche Leben Österreichs widerspricht
häufig elementaren Grundsätzen der Menschenwürde. Unverständlich ist vor allem
auch die Ungleichbehandlung durch die österreichische Rechtsordnung.
Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger ausländischer Herkunft und
Staatsangehörigkeiten unterliegen selbstverständlich österreichischen Gesetzen wie
österreichische Staatsbürger/innen auch, ob es sich nun um Steuergesetze oder
arbeitsrechtliche Bestimmungen handelt. Eine volle Beteiligung an der Vertretung
ihrer Interessen wird ihnen jedoch immer noch verwährt. Ein erster Schritt in diese
Richtung ist überfällig.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales
vorgeschlagen sowie die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei
Monaten verlangt.