110/AE

 

 

 

der Abgeordneten Hans Helmut Moser, Dr. Frischenschlager und Partner/ innen

 

 

betreffend Vollbeitritt Österreichs zur Westeuropäischen Union (WEU)

 

 

 

 

Im Vertrag über die Europäische Union (unterzeichnet in Maastricht am 7. Februar 1992) ist

vorgesehen, eine eigene Sicherheits- und VerteidigungspoIitik der Europäischen Union zu

entwickeln und eine größere Verantwortung in Sicherheits- und Verteidigungsfragen zu

übernehmen (Titel V: Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik). Die

Westeuropäische Union (WEU) wird als integraler Bestandteil des Prozesses der Entwicklung

der Europäischen Union (EU) bezeichnet und soll schrittweise zur Verteidigungskomponente

der Union aufgebaut werden (vgl. vor allem Art. J 4 EUV). Als solche soll sie Beschlüsse und

Aktionen mit verteidigungspolitischen lmplikationen planen und ausführen. BeschIüsse zum

Einsatz von Einheiten werden im Einklang mit der UN- Charta vom WEU- Rat getroffen, über

die konkrete Teilnahme entscheiden die Mitgliedsländer, gemäß der Petersberger- Erklärung

von 1 992, als souveräne Staaten gemäß ihrer Verfassung.

 

Auch wenn Österreich seit 1995 den Status eines Beobachters in der WEU einnimmt und somit

gewisse Rechte und Verplichtungen übernommen hat, kommen die Bestimmungen des Artikel

V des BrüsseIer Vertrages von 1948 in der geänderten Fassung von 1954 (WEU- Vertrag), in

dem es heißt, daß sich die Vertragsparteien verpflichten, bei einem Angriff auf ein

MitgliedsIand in Europa ''alIe in ihrer Macht stehende militärische und sonstige Hilfe und

Unterstützung zu leisten'', nicht zur Anwendung. Gerade eine solche Beistandsgarantie würde

die Sicherheit Österreichs wesentlich erhöhen.

 

Für eine aktive und gleichberechtigte Mitwirkung Österreichs bei der Entwicklung einer

gemeinsamen Verteidigungspolitik und Verteidigung im Rahmen der EU ist ein Vollbeitritt zur

WEU unumgänglich. Dadurch können die sicherheits- und verteidigungspolitischen lnteressen

Österreichs bestmöglich gewahrt und ein weiterer Schritt in Richtung einer Vertiefung der

europäischen lntegration erreicht werden. Durch die besonderen Beistandsverpflichtungen

gegenüber den Mitgliedstaaten kann auch Österreich im Falle einer Bedrohung von außen mit

dem solidarischen Beistand der anderen Mitgliedstaaten rechnen, muß aber auch seIbst bereit

sein, einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Ein VolIbeitritt zur WEU verpflichtet Österreich

jedoch nicht, die Stationierung fremder Streitkräfte auf österreichischem Territorium zuzulassen

oder bei "out- of- area'' Einsätzen der WEU teilnehmen zu müssen.

 

Nicht zuletzt die Ergebnisse der Beratungen der Reflexionsgruppe zur Vorbereitung der

Regierungskonferenz 1996 sowie Aussagen prominenter europäischer Sicherheitspolitiker in

den vergangenen Monaten zeigen, daß die bislang zögerliche Haltung Österreichs in der

Frage eines VolIbeitritts zur WEU zunehmend auf Unverständnis innerhalb der EU stößt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

EntschIießungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschIießen:

 

''Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit der Westeuropäischen Union (WEU) in

Verhandlungen bezüglich eines Vollbeitritts Österreichs zu treten und bis spätestens zu Ende

der im März 1996 beginnenden EU- Regierungskonferenz die Beitrittsverhandlungen

abzuschließen, damit die sicherheits- und verteidigungspolitischen lnteressen des Landes

bestmöglichst gewahrt werden können.

lnfolge des Vollbeitritts wird das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die

Neutralität Österreichs (BGBl. 1955/211 ) aufzuheben sein.''

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, den Antrag dem Außenpolitischen Ausschuß zuzuweisen.