15/AE
der Abgeordneten Anschober,
Freundinnen und Freunde
betreffend Nachdenkpause Wasserkraftwerk Lambach
Auf Grund der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Vorgangsweise bei der
naturschutzrechtIichen Genehmigung, der ausständigen naturschutzrechtlichen Beurteilung
durch die EU-Kommission bzw. den EuGH sowie eines anhängigen VwGH-Verfahrens ist
ein umgehender Baustopp für das Wasserkraftwerk Lambach unumgänglich. Eine einstwei-
lige Nachdenkpause soll zur Klärung der vielen offenen Fragen genützt werden.
Im Zuge dieser Nachdenkpause muß die naturschutzrechtliche Genehmigung überprüft und
die tatsächlichen Umweltauswirküngen durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit um-
fassender Bürgerbeteiligung erhoben werden. Weiters muß die Beurteilung der EU-Kom-
mission bezüglich der Rechtmäßigkeit des Kraftwerksbaus im Hinblick auf die entstehenden
Beeinträchtigungen des benachbarten "Natura 2000',-Schutzgebietes abgewartet werden. Es
ist überdies damit zu rechnen, daß es aufgrund von Verstößen gegen die Vogelschutzricht-
linie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu einem Vertragsverletzungsverfahren vor
dem EuGH gegenüber Österreich kommen wird. Dem EuGH-Urteil sollte nicht vorgegrif-
fen werden.
Auf Grund der elektrizitätswirtschaftlichen Rahmenbedingungen muß davon ausgegangen
werden, daß ein Bau des Wasserkraftwerks Lambach die in Österreich bestehenden Kraft-
werksüberkapazitäten weiter verschärfen würde. Das Kraftwerk Lambach würde überwie-
gend in den Sommermonaten Strom liefern, zu einer Zeit, in der Österreich bereits jetzt er-
hebliche Mengen elektrischer Energie ins Ausland exportiert. Das Kraftwerk Lambach
wü rde den sommerlichen Stromüberschuß weiter verschärfen. Erst vor wenigen Wochen hat
Verbund-Vorstandsdirektor Hans Haider unmißverständlich festgestellt, daß es ". . . im Mo-
tnent aber sicher so (ist), daß wir keinen weiteren Kraftwerksbedarf haben '' (Wirtschafts-
woche, 23.11.1995).
Das 2. Verstaatlichungsgesetz schreibt im volkswirtschaftlichen Interesse die Koordination
des Kraftwerksausbaus zwischen den Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft vor.
Gemäß § 4 2. VerstaatlG 1947 besitzt die Verbundgesellschaft bei der Errichtung von
Großkraftwerken ein Mitspracherecht. Aus der ablehnenden Haltung von Verbund-Vor-
standsdirektors Hans Haider geht hervor, daß bei der Genehmigung des Kraftwerks Lam-
bach die im 2. Verstaatlichungsgesetz geforderte Rücksicht auf die energiewirtschaftlichen
Rahmenbedingungen nicht oder nicht ausreichend erfolgte.
Die hohen Baukosten des Wasserkraftwerks lassen es zudem mehr als fragwürdig erschei-
nen , ob es sich beim Bau des Kraftwerks um die kostengünstigste Option zur Bereitstellung
dieser Energiemenge handelt. Aktuelle Untersuchungen der Energieverwertungsagentur
("Least-Cost Planning in Österreich" , Wien 1995) über Einsparpotentiale und die Kosten
ihrer Erschließung zeigen, daß der Stromverbrauch durch Least Cost Planning-Maßnahmen,
- m it anderen Worten, kostengünstiger als durch Kraftwerksneubauten -, unn 5600 Mio.
Kilowattstunden veringert werden könnte. Das Regelarbeitsvermögen des Kraftwerks
Lambach beträgt im Vergleich dazu nur 71 Mio. kWh bzw. 1,3 % des kostengünstigeren
Einsparpotentials.
Die unterfertigten Abgeordneten stelIen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Umwelt sowie der Bundes-
m inister für wirtschaftliche AngeIegenheiten werden aufgefordert, auf die oberösterreichi-
sche Landesregierung sowie die Oberösterreichische Kraftwerke AG (OKA) dahingehend
einzuwirken, daß der Bau des Kraftwerks Lambach gestoppt und eine einstweilige Nach-
denkpause bis zum Vorliegen d-er Stellungnahme der EU-Kommission, des VwGH-Er-
kenntnisses, einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einer Bedarfs- und Wirtschaftlich-
keitsanalyse verhängt wird.
Die Nachdenkpause soll zur Klärung offener Fragen hinsichtlich .
. der Einhaltung der nationalen und europäischen Natur- und Umweltschutzbestimmungen
mittels Umweltverträglichkeitsp rüfung unter umfassender Bürgerbeteiligung,
. der Beurteilung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch eine Bedarfsprü-
fung unter Einbindung der Verbundgesellschaft und unabhängiger Experten, sowie
. der Wirtschaftlichkeit des Kraftwerksbaus unter Least Cost Planning-Gesichtspunkten
durch unabhängige Experten
genützt werden. "
Informeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuß vorgeschlagen.