282/A

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Maria Fekter, Doris Bures, Rosemarie Bauer,

Gabriele Binder, Schuster

und Genossen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche

Gesetzbuch geändert werden

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz vom ......., mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche

Gesetzbuch geändert werden.

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel I

 

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/l974, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 622/1994,

wird wie folgt geändet-t:

 

1. Im § 64 Abs. 1 wird nach der Z 4 folgende Z 4a eingefügt:

 

,,4a. Beischlaf mit Unmündigen (§ 206), Unzucht mit Unmündigen (§ 207) und

pornographische Darstellungen mit Unmündigen nach § 207a Abs.1 und 2, wenn der Täter

österreichischer Staatsbürger ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat;"

 

2. § 207a wird wie folgt geändert:

 

a) Im Abs. 1 wird die Strafdrohung ,,mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit

Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen" durch die Strafdrohung ,,mit Freiheitsstrafe bis zu zwei

Jahren" ersetzt;

 

b) Nach dem Abs. 1 wird folgender neuer Abs. 2 eingefügt:

 

,,(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat

gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht."

 

c) Der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung ,,(3)"; im bisherigen Abs. 3 , der die

Absatzbezeichnung ,,(4)" erhält, wird der Verweis auf ,,Abs. 1 und 2" durch den Verweis auf

,,Abs. 1 , 2 und 3" ersetzt.

 

Artikel II

 

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Juni 1811, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. Nr. 25/l995 , wird wie folgt geändert:

 

§ 1328 hat samt Überschrift zu lauten:

 

,,1a. an der geschlechtlichen Selbstbestimmung

 

1328. Wer jemanden durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist, Drohungen

oder Mißbrauch eines Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnisses zur Gestattung der

außerehelichen Beiwohnung bestimmt oder zu geschlechtlichen Handlungen mißbraucht, hat

ihm den erlittenen Schaden, den entgangenen Gewinn und eine angemessene Entschädigung

für die erlittene Kränkung zu ersetzen."

 

Artikel III

 

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

 

(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.

 

 

 

 

 

Es wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuß

zuzuweisen.

Begründung

 

Zu Art. I (Änderungen des Strafgesetzbuches):

 

Zu Art. I Z 1 (§ 64 StGB):

 

1. Die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Zusammenhang mit dem Phänomen des

,,Sextourismus" nimmt insbesondere in den Ländern der sogenannten ,,Dritten Welt" i mmer

mehr zu. Nach ILO-Angaben gibt es in Indien mindestens 400.000 Kinderprostituierte, wobei

nichtstaatliche Organisationen (NGOs) von einer noch höheren Zahl ausgehen. Für Thailand

wird die Zahl der Kinderprostituierten mit 600.000), für die Philippinen mit 60.000

angegeben; die Zahl der Sextouristen, die etwa aus Deutschland anreisen, wird allein für

Thailand auf 40.000) bis 120.000 pro Jahr geschätzt (vgl. BERTRAM in NJW 1996, 436).

 

In manchen Ländern gibt es kein auch nur einigermaßen ausreichendes gesetzliches

Instrumentarium zur Bekämpfung damit im Zusammenhang stehender Delikte. Es gibt

Anhaltspunkte dafür, daß ,,Sextouristen" verstärkt gerade solche Regionen aufsuchen.

Impulse für ein Tätigwerden in diesem Bereich sind zuletzt vom Weltkongreß gegen

kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern in Stockholm (August 1996) ausgegangen.

 

Andere (westliche) Länder haben zur Verbesserung des Schutzes der betroffenen Kinder auf

das Problem reagiert, indem sie  ihre nationalen Gesetze Bestimmungen aufnahmen, die

eine innerstaatliche Strafbarkeit derartiger Delikte auch bei Begehung außerhalb des

jeweiligen nationalen Territoriums vorsehen.

 

Auch für Österreich empfiehlt sich eine über § 65 StGB hinausgehende Ergänzung des

internationalen Strafrechts dahin, daß die beiden Sexualdelikte gegen Unmrmündige, nämlich

die § § 206 und 207 StGB (Beischlaf mit Unmündigen und Unzucht mit Unmündigen) bei

Begehung im Ausland unabhängig vom Recht des Tatortstaates nach östereichischem Recht

und von österreichischen Gerichten abgeurteilt werden. Dies wird durch die vorgeschlagene

Ergänzung des § 64 StGB gewährleistet, wobei in legistischer Hinsicht die Einfügung einer

neuen Z 4 a angezeigt scheint. Die Einschränkung auf österreichische Staatsbürger mit

gewöhnlichem Aufenthalt im Inland folgt einschlägigen internationalen Vorbildern und soll

dem Anliegen dieser Gesetzesinitiative - Bekämpfung des ,,Sextourismus" und Schutz der

Kinder - gerecht werden.

 

2. Verschiedene alarmierende Vorfälle der jüngsten Zeit, aber auch die Ergebnisse des bereits

erwähnten Weltkongresses gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern lassen

auch im Bereich der Kinderpornographie ein verstärktes Vorgehen im grenzüberschreitenden

Bereich angezeigt erscheinen. Auch in bezug auf die Kinderpornographie geht es nicht an,

daß Östereicher im Hinblick auf das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit im § 65

StGB allfällige Strafbarkeitslücken im Ausland nützen, um dort straflos Aktivitäten

nachzugehen, die in Österreich verpönt sind und damit insbesondere Geschäfte zu treiben.

Wie bei entsprechenden Tätigkeiten in Österreich sollen daher Österreicher, auch wenn sie im

Ausland pornographische Darstellungen mit Unmündigen herstellen oder solche verbreiten,

unabhängig von den Gesetzen des Tatorts nach österreichischem Recht bestraft werden.

 

Es wird daher vorgeschlagen, neben den § § 206 und 207 StGB auch § 207a Abs. 1 und den

neuen Abs. 2 (vgl. dazu unten zu Z 2) in den § 64 StGB aufzunehmen, wodurch jegliche

Herstellung und Verbreitung von ,,Kinderpornos" also sowohl die kommerzielle als auch die

nichtkommerzielle, im Rahmen der Z 4a von der österreichischen Gerichtsbarkeit erfaßt

werden.

 

Zu Art. I Z 2 (§ 207a StGB):

 

Vor Inkrafttreten des § 207a StGB am 1.10.1994 waren die Herstellung und Verbreitung

pornographischer Darstellungen mit Unmündigen nur strafbar, wenn der Täter in

,,gewinnsüchtiger Absicht" handelte. Mit der Einfügung des § 207a in das Strafgesetzbuch

wurden erstmals auch die nichtkommerzielle Herstellung bzw. Verbreitung von Kinderpornos

sowie auch der Besitz solcher pornographischer Darstellungen strafbar.

 

Verschiedene alarmierende Vorfälle der jüngsten Zeit lassen nunmehr neuerlich ein

energischeres Vorgehen gegen diese Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern angezeigt

erscheinen. Neben der vorstehend dargestellten Erweiterung der östereichischen

Strafgerichtsbarkeit zur besseren Erfassung von Auslandstaten in diesem Bereich sollen eine

erhöhte Präventivwirkung, aber auch eine verstärkte sozialethische Mißbilligung, dadurch

bewirkt bzw. zum Ausdruck gebracht werden, daß die Grundstrafdrohung für Herstellung und

Verbreitung pornographischer Darstellungen mit Unmündigen verdoppelt und für gewerbs-

oder bandenmäßige Begehung eine Verdreifachung des bisherigen Strafsatzes vorgesehen

wird.

 

Wer sohin pornographische Darstellungen mit Unmündigen künftig herstellt oder zum Zweck

der Verbreitung einführt, befördert oder ausführt, oder einem anderen anbietet, verschafft,

überläßt, vorführt oder sonst zugänglich macht (oder einen anderen zu einem solchen Delikt

 

bestimmt oder sonst, etwa durch eine entsprechende Vermittlungstätigkeit, zu seiner

Ausführung beiträgt), soll als Grundstrafdrohung Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre zu

gewärtigen haben (sofern nicht ohnehin die Bestrafung etwa wegen der Beteiligung an der

dargestellten Unzuchtshandlung zum Tragen kommt). Die bisherige Alternativstrafdrohung

von Geldstrafe bis zu 360 .Tagessätzen soll wegfallen, sodaß die Verhängung einer Geldstrafe

wegen dieses Delikts nur mehr im Wege des § 37 StGB in Betracht kommen kann.

 

Handelt der Täter gewerbsmäßig (d.h. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende

Begehung eine fot.tlaufende Einvernahme zu verschaffen) oder bandenmäßig (d.h. als

Mitglied eines Zusammenschlusses von mindestens drei Personen zu dem einschlägigen

kriminellen Zweck), so soll das Delikt nach dem vorgeschlagenen neuen Abs. 2 mit

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen sein.

 

Die nunmehr vorgeschlagene Strafverschärfung bewirkt auch, daß § l Pornographiegesetz

dem § 207a StGB grundsätzlich nicht mehr vorgeht. Künftig ist die Strafbarkeit (auch) nach

§ 207a StGB sohin lediglich gegenüber sonstigen, noch strenger bestraften Tatbeständen

ausgeschlossen, insbesondere etwa im Hinblick auf die § § 206 und 207 StGB.

 

Zu Art. II (§ 1328 ABGB):

 

Eine angemessene Entschädigung der Opfer sexueller Mißbräuche kann im

Schadenersatzrecht bisweilen Probleme bereiten. Vor allem ist nicht immer gesichett, daß die

Leiden der Opfer auch immateriell entsprechend kompensiert werden. Zwar wird der

Mißbrauch eines Kindes, der physische und in deren Gefolge auch psychische

Beeinträchtigungen oder auch schwerwiegende psychische Schäden allein nach sich zieht, als

Körperverletzung im Sinn des § 1325 ABGB zu beurteilen sein. In solchen Fällen wird der

Täter dem Opfer Schadenersatz einschließlich allfälliger Therapiekosten und einschließlich

eines angemessenen Schmerzengeldes zu leisten haben. Lassen sich aber die Folgen des

Mißbrauchs - noch - nicht als Körperverletzung qualifizieren, so kann das Opfer gemäß

§ 1328 ABGB nur den materiellen Schaden (also etwa die Kosten einer psychologischen oder

psychotherapeutischen Behandlung), nicht aber ,.Schmerzengeld" verlangen. Wie der Oberste

Gerichtshof nämlich wiederholt ausgesprochen hat, können auf der Grundlage dieser

Bestimmung - die Fälle der Vergewaltigung oder des sonstigen gewaltsamen Mißbrauchs

ausgenommen - die immateriellen Beeinträchtigungen des Opfers nicht entschädigt werden.

 

Diese Rechtslage ist in hohem Maße unbefriedigend. Daher empfiehlt es sich, die derzeit

geltende Beschränkung von Schadenersatzanspt.üchen bei Beeinträchtigung der

geschlechtlichen Selbstbestimmung zu ändern. Die Neuregelung soll es ermöglichen, auch

 

den Mißbrauchsopfern zu einem angemessenen Schadenersatz zu verhelfen. Darüberhinaus

geht es darum, die Folgen einer Beeinträchtigung der sexuellen Entscheidungsfreiheit, eines

wesentlichen Bestandteils der Privatsphäre, umzugestalten.

 

Im einzelnen empfiehlt es sich zunächst, die geltende Regelung, die nach ihrem Wortlaut nur

einer ,,Frauensperson" zugute kommen kann, ,,geschlechtsneutral" zu formulieren und

dadurch - dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend - jeden Zweifel auszuschließen, daß von

ihrem Schutzbereich auch die sexuelle Selbstbestimmung eines Mannes erfaßt wird. Dies

wird insbesondere für diejenigen Fälle Bedeutung haben, in denen Buben Opfer der in §§ 1328

ABGB verpönten Handlungen werden.

 

Weiters soll nicht nur die mißbräuchliche Ausnützung eines ,,Abhängigkeitsverhältnisses",

sondern auch der Mißbrauch eines ,,Autoritätsverhältnisses" erfaßt werden. Diese Neuet-ung

dient der Klarstellung und zielt auf diejenigen Fälle ab, in denen nicht von vornherein

gesichert ist, daß das Opfer vom Schädiger im eigentlichen Sinn des Wortes faktisch oder

auch rechtlich ,,abhängt".

 

Gerade in den Fällen des sexuellen Mißbrauchs von Kindern muß es nicht immer zu einem

Beischlaf kommen, weit häufiger werden ,,bloße" unzüchtige Handlungen vorgenommen. Für

die Folgen und insbesondere die psychischen Schäden des Opfers kann es aber keinen

Unterschied machen, in welcher Weise die Freiheit zur Selbstbesti mmung der

geschlechtlichen Sphäre beeinträchtigt worden ist. Daher sollen in Hinkunft auch

mißbräuchliche geschlechtliche Handlungen explizit erfaßt werden. Auch insoweit wird die

geltende Rechtslage also klargestellt.

 

Letztlich wird vorgesehen, über das bisherige Recht hinaus in den Fällen des § 1328 ABGB

einen immatet.iellen Schadenersatz zuzulassen. Wie bereits erwähnt, sind die geltenden

Beschränkungen unbillig. Es ist weiters nicht recht einzusehen, daß zwar die sexuelle

Diskriminierung am Arbeitsplatz allfällige (der Höhe nach beschränkte) immaterielle

Schadenersatzansprüche rechtfertigt, nicht aber andere Beeinträchtigungen der

geschlechtlichen Selbstbestimmung und der sexuellen Würde. Die vom Gesetzgeber der

dritten Teilnovelle getroffenen Wertungsentscheidungen erscheinen nicht mehr zeitgemäß.

Eine allenfalls befürchtete ,,Ausuferung" immaterieller Schadenersatzansprüche ist mit der

vorgesehenen Regelung nicht verbunden, zumal sich diese auf einen vergleichsweise doch

eingeschränkten Bereich bezieht.

 

Klargestellt sei schließlich, daß die Neuregelung andere Fälle der Verpflichtung zur Leistung

immateriellen Schadenersatzes nicht berührt. Im besonderen gilt das für die einleitend

 

 

erwähnte Bestimmung des § 1325 ABGB, die bei Vorliegen der entsprechenden

 

Voraussetzungen nach wie vor anwendbar sein soll.