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der Abgeordneten Dr . Kostelka , Gaal , Elmecker
betreffend ein Bundesgesetz über Organisation, Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle
der Nachrichtendienste und des Militärischen Abwehrdienstes (Dienstegesetz - DG)
.
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz über Organisation, Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle
der Nachri.chtendienste und des Militärischeu Abwehrdienstes
(Dienstegesetz - DG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
1. Teil
Nachrichtendienstliche Tätigkeit
der Sicherheitsbehörden
Staatspolizeilicher Nachrichtendienst
§ 1. Der staatspolizeiliche Nachrichtendienst umfaßt
1. die Gefahrenerforschung nach den Bestimmungen des Sicherheitspolizei-
gesetzes - SPG, BGBl.Nr. 566/l991 , zum Zwecke der Erstellung sicherheits-
polizeilicher Analysen zu
a) weltanschaulich motivierter oder politischer Kriminalität,
b) organisierter Kriminalität in den Bereichen des internationalen Waffenhandels,
des Handels mit Kernmaterial, radio aktiven S toffen oder anderen gefährIichen
G ütern, der Betriebsspio nage, der Proliferation oder der SchIepperei;
hiezu zählt die Beo bachtung und Analyse von Entwicklungen, die das Entstehen
solcher Kriminalität erwarten lassen.
2. die lnformation der Mitglieder der Bundesregierung gemäß § 2.
Information der Mitglieder der Bundesregierung
§ 2. ( 1) Der Bundesminister für Inneres hat die anderen Mitglieder der Bundes-
regierung von staatspolitisch bedeutsamen Vorgängen zu unterrichten, die für die
Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben in deren Zuständigke itsbereich von
Bede utung sind.
Verwenden personenbezugener Daten
§ 3. ( 1 ) Zur Erfüllung der Informationspflicht nach § 2 ist der B undesminister für
Inneres zur - auch auto mationsunterstützten - Ermittlung personenbezogener Daten
au s o ffenen Quellen oder durch Übermittlung von anderen in- oder ausländischen
Behörden sowie zur Verarbeitung aller Daten, die er in Vollziehung vo n Bundes- oder
Landesgesetzen ermittelt hat, ermächtigt. Im übrigen ist das Verwenden
personenbezogener Daten zur Erfüllung der Aufgabe nach § 2 nach Maßgabe der
§ § 51 bis 53 , 56 und 61 bis 63 SPG zulässig.
(2) Nach Abs. 1 dürfen Daten betreffend oberster Staatsorgane nur aufgrund u nd nach
Maßgabe ihrer ausdrücklichen Zustimmung ermittelt oder verarbeitet werden.
2. Teil
Nachrichtendienstliche Tätigkeit
des Bundesheeres
1. Hauptstück
Grundsätze
§ 4. (1) Das Bundesheer übt nachrichtendienstliche Tätigkeit unter der Befehlsgewalt
und Verantwortlichkeit des Bundesministers für Landesverteidigung aus.
(2) Das Bundesheer übt nachrichtendienstliche Tätigkeit ausschließlich zur Sicherung
der militärischen Landesverteidigung unter Bedachtnahme auf übergeordnete ver-
teidigungs- und außenpolitische Interessen der Republik Österreich aus.
2. Hauptstück
Aufgaben
Heeresnachrichtendienst
§ 5. Dem Bundesheer obliegt die Beobachtung und Analyse von militärisch oder
sicherheitspolitisch bedeutsamen Ereignissen und Entwicklungen im Ausland, die für
die Gewährleistung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres zum Zwecke der
militärischen Landesverteidigung von Bedeutung sind.
Heeresabwehrdienst
§ 6. ( 1) Dem Bundesheer obliegt die Beobachtung und Analyse von Ereignissen und
Entwicklungen innerhalb des Bundesheeres, die für die Gewährleistung der Einsatz-
bereitschaft des Bundesheeres zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben von
Bedeutung sind.
(2) Dem B undesheer obliegt die Beobachtung und Analyse der Tätigkeit ausländischer
militärischer Nachrichtendienste im Bundesgebiet, soweit sich diese Tätigkeit auf
Angehörige oder Einrichtungen des Bundesheeres bezieht.
(3) Dem Bundesheer obliegt der vorbeugende Schutz von Dienststellen und
Einrichtungen des Bundesheeres vor Spionage und Sabotage.
Information der Mitglieder der Bundesregierung
§ 7. Das Bundesheer hat die Mitglieder der Bundesregierung von staatspolitisch
bedeutsamen Vorgängen zu unterrichten, die für die Wahrnehmung der gesetzlichen
Aufgaben in deren Zuständigkeitsbere ich von Bedeutung sind.
3. Hauptstück
Verwenden personenbezogener Daten
Allgemeines
§ 8. ( 1 ) Sofern im folgenden nicht ausdrücklich anderes angeordnet wird, finden die
Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 5 65/l97 8, Anwendung.
(2) Die Bestimmungen dieses Hauptstückes gelten auch für die konventionelle
Verwendung personenbezogener Daten.
. Verhältnismäßigkeit
§ 9. ( 1) Das Bundesheer darf zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben in
Rechte Betroffener nur dann und in dem Umfang eingreifen, als dies zur Erfüllung
dieser Aufgaben geeignet, erforderlich und angemessen ist. Bei der BeurteiIung der
Angemessenheit ist den schutzwürdigen Interessen Betroffener an der VertrauIichkeit
von Information besonders Rechnung zu tragen.
(2) Personenbezo gene Daten sind zu löschen, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe ,
für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden, es sei denn, ihre
Löschung wäre besonders geregelt. Jedoch dürfen Daten während eines Verfahrens
nach § 13 nur mit Zustimmung des Betroffenen gelöscht werden.
Ermittlungpersunenbezogener Daten
§ 10. ( 1 ) Zur Erfüllung seiner nachrichtendienstlichen Aufgaben ist das Bundesheer
ermächtigt, personenbezogene Daten zu ermitteln durch
1 . die Auswertung offener Quellen,
2. Anfragen an in- oder ausländische Behörden oder
3. die offene Befragung von Menschen.
(2) Nach Abs. 1 dürfen Daten betreffend oberster Staatsorgane nur aufgrund und nach
Maßgabe ihrer ausdrücklichen Zustimmung ermittelt oder verarbeitet werden.
Verarbeitung
§ 11. Zur Erfüllung seiner nachrichtendienstlichen Aufgaben ist das Bundesheer
ermächtigt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, die es in Vollziehung von
Bundes- oder Landesgesetzen ermittelt hat.
Übermittlung
§ 12. ( 1) Das Bundesheer ist zur Übermittlung personenbezogener Daten, die es zur
Erfüllung seiner nachrichtendienstlichen Aufgaben ermittelt hat, ermächtigt
1. an Sicherheitsbehörden;
2. an staatsanwaltschaftliche Behörden, Finanzbehörden und Gerichte im Rahmen
ihrer Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege;
3. an andere inländische Behörden, soweit dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen
ist oder für den Empfänger eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung
der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben darstellt;
4. mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des Betroffenen;
5. an ausländische Militärbehörden, so weit dies zur Wahrung erheblicher Vertei-
digungs- oder Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist.
(2) Im Falle der ÜbermittIung nach Abs. 1 Z 5 ist der Empfänger darauf hinzuweisen,
daß die Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen. zu dem sie übermittelt
worden sind, und daß das Bundesheer sich vorbehält, um Auskunft über die
vorgenommene Verwendung zu ersuchen.
(3 ) Erweisen sich übermittelte Daten als unvollständig oder unrichtig, so sind sie
gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger
Interessen des Betroffenen erforderlich ist.
Auskunft
§ 13. ( 1 ) § 11 des Datenschutzgesetzes findet auf alle nach diesem Hauptstück
ermittelten und verarbeiteten Daten Anwendung.
(2) In jenen Fällen, in denen
1 . das Bundesheer keine Daten des Antragstellers ermittelt oder verarbeitet hat
oder
2. das Wissen des Betroffenen um Existenz oder Inhalt des Datensatzes
verteidigungs- oder sicherheitspolitische Interessen erheblich gefährden würde,
hat die Auskunft zu lauten: ,,Es sind zu ihrer Person keine der Auskunftspflicht
unterliegenden Daten ermittelt oder verarbeitet worden". Wird eine andere Auskunft
erteilt, so hat diese mit dem Satz zu enden: ,,Im übrigen sind zu ihrer Person keine der
Auskunftspflicht unterliegenden Daten ermittelt oder verarbeitet worden".
(3 ) Der Adressat einer Auskunft kann bei der Datenschutzkommission den Antrag
stellen, die Gesetzmäßigkeit der Auskunft zu prüfen. Hat die Datenschutzkommission
gegen die Gesetzmäßigkeit der erteilten Auskunft Bedenken, so hat sie ein Verfahren
nach § 41 des Datenschutzgesetzes einzuleiten und den Antragsteller vom Ergebnis
der Prüfung zu verständigen. Dies gilt auch, wenn das Bundesheer binnen drei
Monaten keine Auskunft erteiIt.
(4) Vertritt die Datenschutzkommission in ihrer Empfehlung nach § 41 des
Datenschutzgesetzes die Auffassung, daß die Auskunft des Bundesheeres dem Gesetz
nicht entspricht, und kommt der Bundesminister für Landesverteidigung der
Empfehlung der Datenschutzkommission, die Auskunft zu erteilen, nicht nach, so hat
die Datenschutzkommission nach Abwägung der in der Stellungnahme vorgebrachten
Gründe die gesetzmäß ige Auskunft zu erteilen.
(5 ) Eingaben nach dieser Bestimmung und deren Erledigungen sind von
Stempelgebühren und Verwaltungsabgaben befreit.
Aktualisierung, Richtigstellung
und Löschung
§ 14. ( 1 ) Das Bundesheer ist ermächtigt, verwendete personenbezogene Daten zu
aktualisieren, wenn es aktuellere Daten rechtmäßig ermittelt hat.
(2) Wird festgestellt, daß unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundes-
gesetzes ermittelte Daten aufbewahrt werden, so ist unverzüglich eine Richtigstellung
oder Löschung vorzunehmen. Sollen konventionell verarbeitete Daten gelöscht
werden, so sind die Datenträger zu vernichten, es sei denn, es wäre sicherge stellt, daß
die Daten nach Übergabe an das Österreichische Staatsarchiv vom Bundesheer nicht
weiter verwendet werden.
3. Teil
Geheimschutz
Geheimschutzstufen
§ 15. ( 1 ) Vertraulich ist (konventionell oder automationsunterstützt verarbeitete)
Information, die dem Amtsgeheimnis nach Art. 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz,
dem Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 Datenschutzgesetz oder sonst nach einer
bundes- oder landesgesetzIichen Regelung der Verpflichtung zur Geheimhaltung
unterliegt.
(2) Geheim ist vertrauliche lnformation, deren Preisgabe zu einer schweren Beein-
trächtigung berechtigter Geheimhaltungsinteressen führen würde: geheim ist insbeson-
dere verdeckt ermittelte vertrauliche lnformation über das Privatleben eines
Menschen, die nicht zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens geworden ist.
(3) Streng geheim sind
1 . Staatsgeheimnisse ( § 255 Strafgesetzbuch) und
2. Information, deren Bekanntwerden die körperliche Sicherheit von Menschen erheb-
lich gefährden würde.
(4) Geheime und streng geheime Information sind dem Inhaber eines Arbeitsplatzes im
öffentlichen Dienst nur zugänglich zu machen, wenn diese Information zur Wahr-
nehmung seiner Aufgaben dient und er zuvor einer angemessenen Sicherheitsüber-
prüfung ( § 55 Sicherheitspolizeigesetz) unterzogen worden ist.
Geheimschutzordnung,
Klassifizierung von Information
§ 16. ( 1 ) Unter Bedachtnahme auf § 10 Datenschutzgesetz haben die Mitglieder der
Bundesregierung jeweils für ihren Ressortbereich eine Geheimschutzordnung als
generelle Weisung zu erlassen. Diese hat jedenfalls zu regeln
1 . die Organisation der KIassifizierung von Information und deren periodische
Überprüfung;
2. Zugangsbeschränkungen, die nach Geheimschutzstufen unterscheiden.
(2) Bei der Klassifizierung von Information, die von einer ausländischen Behörde oder
einer über- oder zwischenstaatlichen Organisation übermittelt worden ist, ist darauf zu
achten, daß kein geringerer als der von der übermittelnden Stelle eingehaltene
Geheimschutz erfolgt.
Geheimschutzbeauftragte der Bundesmin ister
für Inneres und für Landesverteidigung
§ 17. ( 1 ) Die Bundesminister für Inneres und für Landesverteidigung bestimmen
jeweils für ihren Ressortbereich einen Geheimschutzbeauftragten, der ihnen in dieser
Funktion unmittelbar untersteht.
(2) Dem Geheimschutzbeauftragten obliegen
1 . die Beratung des Bundesministers bei der laufenden Fortentwicklung der
Geheimschutzordnung nach dem Stand praktischer Erfahrungen und der Technik,
insbesondere im Bereich der Datensicherheit ( § 10 Datenschutzgesetz ) und
2. die Kontrolle der Einhaltung der Geheimschutzordnung.
4. Teil
Koordination und
Kontrolle der Dienste
Staatsschutzkommission
§ 18. ( 1 ) Zum Zwecke der Koordinierung der Dienste wird eine Staatsschutz-
kommission eingerichtet.
(2) Der Staatsschutzkommission gehören an:
3. ein vom Bundeskanzler zu bestimmender Staatssekretär im Bundeskanzleramt als
Vorsitzender der Staatsschutzkommission,
4. der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im Bundesministerium für lnneres,
5. der Generaltruppeninspektor im Bundesministerium für Landesverteidigung.
6. der Generalsekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.
7. die vom jeweils zuständigen Bundesminister mit der Leitung eines Dienstes
beauftragten Beamten.
(3) Zur Bewältigung der notwendigen administrativen Tätigkeiten stellt der
Bundeskanzler die erforderlichen personellen und Sachmittel zur Verfügung.
(4) Der Vorsitzende beruft die Staatsschutzkommission zu Sitzungen ein; er hat die
Staatsschutzkommission binnen eines Monats einzuberufen, wenn dies die Hälfte der
Mitglieder verlangt. Der Vorsitzende eröffnet und leitet die Sitzungen. Zu Beginn
jeder Sitzung ist die Tagesordnung festzulegen.
(5) Die Staatsschutzkommission faßt Beschlüsse in Gegenwart von mindestens der
Hälfte ihrer Mitglieder mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei
Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(6) Die Staatsschutzkommission gibt sich durch einstimmigen Beschluß eine
Geschäftsordnung. Diese hat auch die Vertretung der Mitglieder im Falle ihrer
Verhinderung zu regeln.
Staatsschutzrat
§ 19. (1) Dem Staatsschutzrat gehören unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers die
Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, für Inneres, für Justiz und für
Landesverteidigung an.
(2) Die Staatsschutzkommission hat dem Staatsschutzrat nach Ablauf eines
Kalenderjahres binnen dreier Monate schriftlich über die Tätigkeit der Dienste in
diesem Kalenderjahr zu berichten. Auf der Grundlage dieses Berichts und einer
mündlichen Aussprache hat der Staatsschutzrat, soweit ihm dies erforderlich erscheint,
Zielsetzungen und Schwerpunkte der Arbeit der Dienste zu empfehlen. Dies läßt die
Verantwortlichkeit der Bundesminister als oberste Organe unberührt.
(3) Zur BewäItigung der notwendigen administrativen Tätigkeiten stellt der
Bundeskanzler die erforderlichen personellen und Sachmittel zur Verfügung.
(4) Der Vorsitzende beruft den Staatsschutzrat zu Sitzungen ein; er hat den
Staatsschutzrat binnen eines Monats einzuberufen, wenn dies die Hälfte der Mitglieder
verlangt. Der Vorsitzende eröffnet und leitet die Sitzungen. Zu Beginn jeder Sitzung
ist die Tagesordnung festzulegen.
(5) Der Staatsschutzrat faßt Beschlüsse in Gegenwart von mindestens der Hälfte
seiner Mitglieder mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmen-
gleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(6) Der Staatsschutzrat gibt sich durch einstimmigen BeschIuß eine Geschäftsordnung.
Diese hat auch die Vertretung der Mitglieder im Falle ihrer Verhinderung zu regeln.
5. Teil
Schlußbestimmungen
Inkrafttreten
§ 20. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit . . . in Kraft.
(2) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits ab dem auf seine
Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen jedoch frühestens mit diesem
Bundesgesetz in Kraft treten.
Verweisungen
§ 21 . Verweisungen in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verweisen auf
deren jeweils geltende Fassung.
Übergangsbestimmungen
§ 22. Daten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes aus früheren
Ermittlungen aufbewahrt werden und die nach den Bestimmungen dieses
Bundesgesetzes nicht hätten ermittelt werden dürfen, sind spätestens ein Jahr nach
dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu löschen.
Vollziehung
§ 23. Mit der Vollziehung sind betraut :
1 . der Bundesminister für Inneres hinsichtlich des ersten Teils und des § 17.
2. der Bundesminister für Landesverteidigung hinsichtlich des zweiten Teils und des
§ 17 ,
3. die Mitglieder der Bundesregierung hinsichtlich der § § 15 und 16 ,
4. der Bundeskanzler im Einvernehmen mit den Bundesministern für auswärtige
Angelegenheiten, für Inneres, für Justiz und für Landesverteidigung hinsichtlich
des vierten Teils.
B e g r ü n d u n g
I. Allgemeines
1 . Bereits in der XVII. Legislaturperiode hat der ,,Lucona-Untersuchungsausschuß" in
seinem dem Nationalrat erstatteten Bericht ( 1000 der Blg. zu den Sten. Prot. Des NR,
XVII. GP) folgende Empfehlung ausgesprochen:
,,Die Befugnisse der Staatspolizei und der militärischen Nachrichtendienste zur
Überwachung von Personen müssen genau determiniert werden ; dabei ist auf
die Achtung der einschlägigen Bestimmungen im Bereiche der Grundfreiheiten
und Menschenrechte Bedacht zu nehmen. "
Das Bundesministerium für Inneres hat diese Empfehlung zum Anlaß genommen, die
Aufgaben der Staatspolizei im Gesamtrahmen der Sicherheitspolizei einer eingehenden
gesetzlichen Regelung zuzuführen, die mit dem 1. Mai 1993 in Kraft getreten ist.
Zudem sind - auf der Grundlage der zugleich geschaffenen Regelung des Art 5 2a
B-VG - zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutze der verfassungsmäßigen
Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von nachrichtendienstlichen
Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung ständige Unter-
ausschüsse der beiden zuständigen Ausschüsse des Nationalrates eingerichtet worden.
Solange eine gesetzliche Regelung der militärischen Dienste aussteht, fehlt dem
ständigen Unterausschuß zu deren Kontrolle jedoch ein gesetzlicher Maßstab.
Im Hinblick auf die besondere Sensibilität nachrichtendienstlicher Tätigkeit für die
Grundrechte der BürgerInnen einerseits sowie für die Funktionsfähigkeit einer
freiheitlich-pluralistisch verfaßten Demokratie andererseits kommt der Schaffung einer
klaren Regelung der Aufgaben und Befugnisse der im militärischen Bereich tätigen
Dienste hohe Dringlichkeit zu.
Das Sicherheitspolizeigesetz hat den Weg beschritten, die staatspolizeiliche Tätigkeit
innerhalb des Gesamtrahmens der Sicherheitspolizei zu regeln. Auch für die beiden
militärischen Nachrichtendienste würde dieser Weg naheliegen. Damit würde die
nachrichtendienstliche Tätigkeit in den beiden großen Materien der Sicherheitspolizei
und der militärischen Landesverteidigung aufgehen. Dieser Weg hat auch Nachteile :
Aus demokratiepolitischer Sicht bedürfen die Nachrichtendienste einer besonders
engen politischen Führung , einer sinnvollen Koordination und vorallem einer
besonders eingehenden und zugleich vertraulichen parlamentarischen Kontrolle. Das
letztgenannte Bedürfnis findet schon gegenwärtig in der Einrichtung zweier ständiger
Unterausschüsse einen - allerdings unzureichenden - Niederschlag. Mithin spricht
mehr dafür, in der Bundesgesetzgebung künftig auf die Besonderheiten und
Gemeinsamkeiten nachrichtendienstlicher Tätigkeit stärker Bedacht zu nehmen.
Dieses Vorhaben kann sich mithin nicht damit begnügen, den vorgefundenen status
quo gesetzlich abzubilden, so ndern muß den aktuelIen Rahmenbedingungen und
Bedürfnissen Rechnung tragen:
. Da staatliche Politik in immer stärkerem Ausmaß auf internatio nale Gegeben-
heiten Bedacht zu nehmen hat, kommt der Information der Mitglieder der
Bundesregierung über ausländische Entwicklungen in ihrem Zuständig-
keitsbereich wachsende Bedeutung zu. Dem hat die Regelung der Tätigkeit der
Staatspolizei und des Heeresnachrichtendienstes Rechnung zu tragen.
. Der politischen Steuerung und Koordination der Dienste kommt eine wichtige
Funktion zu. Nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung muß eng an die
staatspolitischen Bedürfnisse der Mitglieder der Bundesregierung angebunden
bleiben, damit sie zum einen ihre Servicefunktion für diverse Felder staatlicher
Politik effizient erfüllen kann und zudem vor der Entwicklung einer
Eigendynamik und der Gefahr einer überschießenden Tätigkeit bewahrt wird. Es
ist daher in unmittelbarer Unterstellung unter die primär zuständigen Mitglieder
der Bundesregierung ein koordinierendes Gremium mit Controlling-Funktion
einzurichten.
. Große Bedeutung kommt einer umfassenden und streng vertraulichen parlamen-
tarischen Kontrolle der Gesetzmäß igkeit der nachrichtendienstliche n Tätigkeit
zu. Zur Gewährleistung der Einheitlichkeit und Effizienz dieser Kontrolltätigkeit,
sollte die inhaltliche Kontrolle aller Dienste auf einen ständigen Ausschuß
konzentriert werden. Daneben ist jedoch der Notwendigkeit einer ebe nso ein-
gehenden .und vertraulichen Haushaltskontrolle durch einen st ändigen
Unterausschuß des Budgetausschusses Rechnung zu tragen. Diesen legistischen
Bedürfnissen ist jedoch in einem abgesonderten Antrag Rechnung zu tragen.
2. Im ö sterreichischen Recht fehlt eine angemessene Regelung der Geheimhaltung von
hochsensibler Information im Bereich der Verwaltung, zumal die Regelung de s § 10
Datenschutzgesetz über die Datensicherheit nur automationsunterstützte (Information
betrifft. Dieser Mangel berührt die Tätigkeit der Geheimdienste in besonderem Maße,
die wesensgemäß auf die Sicherung der Vertraulichkeit ihrer Information - auch im
Interesse betroffener Privater - besonders angewiesen sind. Daneben hat auch die
Diskussion über die notwendige Einführung neuer Ermittlungsinstrumente der
Sicherheits- und Justizbehörden zur Abwehr organisierter Kriminalität die Wichtigkeit
der vertraulichen Behandlung von Ermittlungsergebnissen deutlich gemacht.
Letztlich zeigt der Vergleich mit den Rechten anderer EU- Mitgliedsstaaten, daß diese
ganz überwiegend entsprechende Geheimschutzregelungen kennen. Mit dem
vorliegenden Initiativantrag soll insoferne auch die Kompatibilität der österreichischen
Verwaltung hergestellt werden.
In budgetärer Hinsicht ist zu bemerken, daß der vorliegende Initiativantrag insgesamt
zu einer Senkung der Kosten führen wird. Zwar werden mit dem Staatsschutzrat und
der Staatsschutzkommission neue Gremien geschaffen, die einen gewissen
Verwaltungsaufwand bedingen werden. Andererseits zielt jedoch gerade die po1itische
Kontrolle sowie die Bündelung und Koordination der Dienste auf eine Steigerung der
Effektivität und Effizienz - durch eine engere Anbindung an die staatspolitisch
maßgeblichen Ziele, durch die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und durch die
Nutzung möglicher Synergieeffekte - ab. Auf diesem Wege sind erhebliche
Einsparungspotentiale zu realisieren.
II. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu § 1:
Nach geltendem Recht ist die Staatspolizei eine Teilmenge der Sicherheitspolizei,
wo bei die Zäsur nicht bundesgesetzlich, sondern nur durch innerorganisatorische
Maßnahmen gezogen wird: Bestimmte sicherheitspolizeiliche Agenden, die im
wesentlichen einen Bezug zu politisch motivierter Kriminalität aufweisen, werden aus
Gründen der Zweckmäßigkeit von den Geschäftseinteilungen der Sicherheitsbehörden
eigenen Organisationseinheiten zur Besorgung zugewiesen.
Davon weicht der vorliegende Antrag in doppelter Hinsicht ab. Zum einen wird eine
Teilfunktion der Staatspolizei, nämlich die Analysetätigkeit, erstmals bundesgesetzlich
verankert. Zum anderen wird - als zweiter Teil der nachrichtendienstlichen Tätigkeit
der Sicherheitsbehörden - mit der Informationspflicht nach § 2 der Staatspolizei eine
Aufgabe zugewiesen, die nicht zur S icherheitspolizei ( § 3 SPG) und überhaupt nicht
zur Sicherheitsverwaltung ( § 2 SPG ) zählt. Näheres wird zu § 2 erläutert werden.
Die nachrichtendienstliche Analysetätigkeit wird von § 1 Z 1 als ein Fall der
sicherheitspolizeilichen Gefahrenerforschung erfaßt. Dieser Begriff wird von § 16
Abs 4 SPG legaldefiniert als ,.Feststellung einer Gefahrenquelle und des für die
Abwehr einer Gefahr sonst maß geblichen Sachverhaltes". Der Gegenstandsbereich der
zu erstellenden Lagebilder orientiert sich am Zuständigkeitsbereich der EBT zufolge
§ 3 der Sondereinheiten-Verordnung (SEV) , BGBl Nr 267/1993.
Da es sich bei der staatspolizei1ichen Analysetätigkeit um einen Teil der
Sicherheitspolizei handelt, finden auf diese Tätigkeit die Bestimmungen des SPG
Anwendung; der Text des § 1 Z 1 weist darauf hin.
Die begriffliche Erfassung und Sonderung der staatspolizeilichen Analysetätigkeit hat
einzig die Funktion, spätere Anknüpfungen zu ermöglichen. Insbesondere unterliegt
diese Tätigkeit der Koordination und Kontrolle nach dem 4. Teil des Antrags.
Zu § 2:
Die Information nach § 2 dient der Erfüllung von Aufgaben - nicht des
Bundesministers für Inneres, sondern - anderer Mitglieder der Bundesregierung.
Kompetenzgrundlage dieser Regelung ist daher jeweils jener Tatbestand, der der
Regelung der Wahrnehmung der Aufgabe zugrundeliegt, jedenfalls jedoch kein
Kompetenztatbestand aus dem Bereich der S icherheitsverwaltung. Mithin handelt es
sich um eine Form der Mitwirkung an der Erfüllung ,,ressortfremder" Aufgaben.
Ziel der Regelung ist es, den Mitgliedern der Bundesregierung Informationen nutzbar
zu machen, die auf dem Wege nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung
gewonnen werden können.
Wegen der besonderen politischen Sensibilität dieser Agende wird sie dem
Bundesminister für Inneres als oberster Sicherheitsbehörde vorbehalten.
Zu § 3:
Da es sich bei - der Information nach § 2 nicht um eine sicherheitspolizeiliche
Aufgabenstellung handelt, ist auf die Wahrnehmung dieser Funktion das SPG nicht
unmittelbar anwendbar. Im übrigen sollen Methoden verdeckter Datenermittlung, wie
sie von § 54 SPG normiert werden, zur Erfüllung der Informationspflicht nicht
offenstehen. Im übrigen sollen jedoch zentrale datenrechtliche Normen des SPG auch
auf diese Tätigkeit Anwendung finden, mittelbar - über den Verweis des § 51 Abs 2
SPG - die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.
Der Begriff der obersten Staatsorgane ist in dem Umfang zu verstehen, den ihm der
fünfzehnte Abschnitt des besonderen Teils des StGB gibt.
Zu § 4:
Die Regelung des § 4 knüpft an die Bestimmungen der § § 3 und 4 Wehrge setz an, die
Befehlsgewalt und Verantwortlichkeit gegenüber dem Bundesheer regeln und
insbesondere die verfassungsgesetzlichen Vorgaben des Art 80 B-VG umsetzen.
Zu § 5:
Damit das Bundesheer auf einen Anlaßfall rasch und effizient militärisch reagieren
kann, ist bereits im Frieden eine ständige Beobachtung der militärischen und
sicherheitspolitischen Lage erforderlich. Die nachrichtendienstliche Aufklärung dient
mithin der dauernden Einsatzbereitschaft des Bundesheeres zur militärischen
Landesverteidigung ( § 2 Abs 1 lit a Wehrgesetz). (Insoferne entspricht sie der
staatspolizeilichen Gefahrenerforschung nach § 1 Z 1 des Antrags. )
Die Tätigkeit des Heeresnachrichtendienstes ist strikt auf die Beobachtung und
Analyse von Vorgängen im Ausland beschränkt.
Zu § 6:
Auch die nachrichtendienstliche Abwehr dient der Einsatzbereitschaft des
Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung. Während sich jedoch die
nachrichtendienstliche Aufklärung mit der militär- und sicherheitspolitisch relevanten
,,Umwelt" des Bundesheeres, also mit den äußeren Anforderungen an das Bundesheer
befaßt, widmet sich die nachrichtendienstliche Abwehr der ,,Innenwelt" des
Bundesheeres, also den internen Voraussetzungen der Einsatzbereitschaft. Sie hat
ernsten Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des Bundesheeres zu begegnen, die
insbesondere durch Infiltration, Spionage und Sabotage entstehen können.
Die Regelung ist besonders darauf bedacht, keine Überlappungen zur Tätigkeit der
Sicherheitsbehörden entstehen zu lassen. Insbesondere kann dem Bundesheer die
Aufgabe eines vorbeugenden Schutzes gegenüber strafbaren Handlungen nur in einem
Umfang zukommen, der die Zuständigkeiten der Sicherheitsbehörden nach § 22 SPG
unberührt läßt. Darauf wird auch bei der Auslegung dieser Bestimmungen Bedacht zu
nehmen sein.
Zu § 7:
Die Bestimmung entspricht der staatspolizeilichen Informationspflicht nach § 2 des
Antrags. Zur Frage der Gesetzgebungskompetenz darf auf die Erläuterungen zu dieser
Bestimmung verwiesen werden.
Zum 3. Hauptstück :
Die Regelung der Eingriffe der Heeresnachrichtendienste in grundrechtliche Po sitionen
nach § 1 DSG und Art 8 EMRK durch das Verwenden personenbezogener Daten
bilden ein Kernstück des Antrags; andere Grundrechtseingriffe stehen diesen Diensten
nicht zu.
lnsgesamt orientiert sich dieses Hauptstück stark an den für den staatspolizeilichen
Nachrichtendienst geltenden Bestimmungen hinsichtlich des Ermittlungsdienstes
(2. Hauptstück des 4. Teils des SPG).
Zu § 10:
Das Schwergewicht der nachrichtendienstlichen Tätigkeit soll auf der Auswertung
offener Quellen - etwa der Berichte in- und ausländischer Medien oder der
Militärattaches - liegen. Besondere Bedeutung kommt daneben der Kooperation und
dem Informationsaustausch mit ausländischen Diensten zu, wofür § 10 Z 2 eine
Grundlage schafft. Darüber hinaus eröffnet § 10 Z 3 die Möglichkeit, Informanten zu
befragen, allerdings nur offen, also ohne Verdeckung der amtlichen Funktion des
Fragenden.
Zu § 12:
Auch diese Bestimmung hat ein Pendant im SPG, nämlich dessen § 56. Die wichtige
Regelung des § 12 Abs 1 Z 5 in Verbindung mit Abs 2 soll eine Kooperation mit
ausländischen militärischen Diensten ermöglichen.
Zu § 13:
Diese Regelung entspricht im wesentlichen der Bestimmung des § 62 SPG.
Zu § 14:
§ 14 des Antrags faßt Regelungen zusammen, die sich für den Bereich der
Sicherheitspolizei in den § § 61 und 63 SPG finden.
Zu § 15:
§ 15 führt die Geheimschutzstufen ,,vertraulich", ,,geheim" und ,,streng geheim" ein.
Die Regelung trägt auch Bedürfnissen Rechnung, die im Kontext der Diskussion der
Ermittlungs instrumente zur Abwehr und Verfolgung organisierter Kriminalität deutlich
geworden sind. Zum einen soll Information, die etwa durch kriminalpolizeiliche
Abhörmaßnahmen ermittelt worden ist, zufolge Abs 2 be sonderen Geheim-
schutzmaß nahmen zugeführt werden, um den Schutz der Privatsphäre von Menschen,
die am kriminellen Geschehen nicht beteiligt sind, vor Indiskretionen bestmöglich zu
gewährleisten. Zum anderen trägt Abs 3 Geheimhaltungsbedürfnissen Rechnung, die
im Zusammenhang des Schutzes beso nders gefährdeter Zeugen oder verdeckter
Ermittler entstehen.
Zu den § § 16 und 17:
Der Antrag versucht nicht zu regeln, welche Geheimschutzmaßnahmen im einzelnen zu
treffen sind; dies bedarf keiner gesetzlichen Regelung, die im übrigen laufend den
aktuellen Gegebenheiten angepaßt werden müßte. Vielmehr geht es dem Antrag um
eine Normierung von Zuständigkeiten und Verantwortungen.
Bei der Bestimmung des Geheimschutzbeauftragten wird im übrigen darauf zu achten
sein, daß die Nachrichtendienste auch insofern einer externen Kontrolle unterliegen
sollen.
Zu den §§ 18 und 19:
Der Antrag geht davon aus, daß eine dichte Kooperation der Dienste und deren enge
Anbindung an wechselnde staatspolitische Erfordernisse wesentlich zur Effektivität
und Effizienz der nachrichtendienstlichen Tätigkeit beitragen können. Im Rahmen des
verfassungsrechtlich Möglichen soll eine kooperative Anleitung und Kontrolle der
Dienste Gewähr dafür bieten, daß diese ihre Servicefunktion gegenüber der politischen
Führung optimal erfüllen können.
In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1. Lesung die Zuweisung an den
Ausschuß für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.