455/A XX.GP
ANTRAG
der Abgeordneten Ing. Matthias Reichhold, Mag. Dr. Grollitsch, Rossmann
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975, BGBI. Nr. 440, zuletzt geändert mit
BGBI. Nr. 970/1993, neuerlich geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1997).
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz vom ............., mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Forstgesetz-Novelle
1997).
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Das Forstgesetz 1975, BGBI. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. Nr.
970/1993 wird geändert wie folgt:
1. § 6 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:
"Hierbei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, daß der Wald ein wichtiger Teil des
Lebensraumes freilebender Tiere, insbesondere des Wildes ist."
2. § 33 Abs. 2 ist folgende lit. d anzufügen:
"d) Waldflächen im Ausmaß bis zu 25 % des jeweiligen Waldeigentumes, die als
Wildeinstandsgebiet gekennzeichnet sind."
3. § 33 Abs. 3 lautet:
"(3) Eine über Abs. 1 hinausgehende Benützung wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten.
Befahren oder Reiten, ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers und der
dinglich Nutzungsberechtigten, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener
Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. Das Abfahren mit
Schiem im Wald ist im Bereich von Aufstiegshilfen nur auf markierten Pisten oder
Schirouten gestattet. Schilanglaufen ohne Loipen ist unter Anwendung der nötigen
Vorsicht gestattet; eine darüber hinaus gehende Benützung des Waldes, wie das
Anlegen und die Benützung von Loipen, ist jedoch nur mit Zustimmung des
Waldeigentümers und der dinglich Nutzungsberechtigten gestattet. Eine Zustim-
mung kann auf bestimmte Benutzungsarten oder -zeiten eingeschränkt und an die
Entrichtung eines Entgelts gebunden werden. Sie gilt als erteilt, wenn die
Zulässigkeit der Benützung und deren Umfang im Sinne des § 34 Abs. 10
ersichtlich gemacht wurde. Die Benützung erfolgt auf eigene Gefahr. In Verträgen
zwischen Waldeigentümern, dinglich Nutzungsberechtigten und Fremden-
verkehrsverbänden ist zu regeln, daß Haftungsansprüche einschließlich der
Haftungsansprüche Dritter, die sich aus der Benützung des Waldes und der
Forststraßen ergeben, von den Fremdenverkehrsverbänden zu tragen sind."
4. § 34 Abs. 2 sind folgende lit. f und g anzufügen:
"f) Wildwintergatter von maximal 10 ha Grundfläche, die dem Schutz des Waldes vor
Wildschäden dienen;
g) Waldflächen, die der notwendigen Jagdausübung dienen, ausgenommen Forst-
straßen und markierte Wanderwege, während der Hauptjagdzeit für Reh- und
Rotwild, jedoch eingeschränkt auf die Zeit von 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis
1 Stunde nach Sonnenaufgang."
5. In § 34 Abs. 5 lit. a ist nach den Worten "des § 33 Abs 2 lit. b" einzufügen:
"'und lit. d"
6. § 34 Abs. 7 hat zu lauten:
"(7) Ist die Benützung einer Waldfläche zu Erholungszwecken aus den in den Abs. 2
und 3 sowie im § 33 Abs. 3 lit. a, b und d angeführten Gründen nicht zulässig, so
erstreckt sich die Sperre
a) in den Fällen des Abs. 3 lit. a bis d, f und g sowie des § 33 Abs. 2 lit. a und
d auch auf alle durch die Waldflächen führenden nichtöffentlichen Wege,
b) in den Fällen des Abs. 2 lit. e, des Abs. 3 sowie des § 33 Abs. 2 lit. b auf
nichtöffentliche Wege, jedoch unbeschadet bestehender Benützungs-
rechte."
7, § 34 Abs. 8, erster Halbsatz hat zu lauten:
"(8) Im Falle einer Sperre gemäß Abs 2 sowie gemäß Abs. 3 hat der Waldeigentümer die
Umgehung der gesperrten Fläche zu ermöglichen,"
Artikel 11
(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1.6.1997 in Kraft.
(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft betraut.
Begründung:
Das geltende Forstgesetz zählt in § 6 Abs 2 die Funktionen des Waldes taxativ auf: Nutzwirkung,
Schutzwirkung, Wohlfahrtswirkung und Erholungswirkung. Die Tatsache, daß eine der ursprüng-
lichsten und ältesten Funktionen des Waldes darin besteht, Lebensraum freilebender Tiere, vor
allem des Wildes, zu sein, wird mit keinem Wort erwähnt. Obwohl das Wild als freilebendes Tier
genauso ein Teil der Natur ist wie Bäume, Sträucher und sonstige Pflanzen, wird auf seine Existenz
lediglich in § 16 ("Waldverwüstung"), Abs. 5 und 6, und dies noch dazu in einer undifferenzierten,
absolut negativen Weise hingewiesen. Eine solche Einstellung ist des Kulturstaates Österreich
unwürdig; dies um so mehr, als die nicht unberechtigten Klagen der Forstwirtschaft über durch
Wild verursachte Forstschäden zum Großteil auf die durch das Forstgesetz selbst verfügte weite
"Öffnung" des Waldes zurückzuführen sind: Denn es ist wissenschaftlich erwiesen, daß viele dieser
Forstschäden, vor allem Schälschäden, durch Stress-Situationen beim Wild (infolge häufiger
Beunruhigung durch den Menschen sogar in den Einstandsgebieten) hervorgerufen werden. Sicher
haben durch Wild entstandene Forstschäden in vielen Fällen auch ihre Ursache in einer unver-
nünftigen Überhege, d.h. in einer dem Biotop unangemessenen Wilddichte, dies rechtfertigt aber
nicht, in einem Forstgesetz das Wild ausschließlich als Waldschädling zu behandeln.
In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, darauf hinzuweisen, daß der volkswirt-
schaftliche Nutzen der Jagdwirtschaft (insgesamt) jährlich auf 9 - 10 Milliarden Schilling geschätzt
wird. Die Bedeutung der Jagdwirtschaft für die Volkswirtschaft liegt nicht nur in den
Wildbreterlösen, Abschußtaxen und Jagdpachteinnahmen (einschließlich der damit verbundenen
Deviseneingänge), die den Waldeigentümern zugute kommen, sondern vor allem in den positiven
Auswirkungen für die Bereiche der Fremdenverkehrswirtschaft, des Handels, des Gewerbes und
der Industrie (Jagdausrüstung, -bekleidung und -zubehör), wo sie die Grundlage für viele tausend
Arbeitsplätze darstellt.
Durch den vorliegenden Initiativantrag soll
erstens der Tatsache, daß der Wald ein wichtiger Teil des Lebensraumes freilebender Tiere ist,
Rechnung getragen werden (§ 6 Abs. 3),
zweitens der Schutz des Waldes vor Wildschäden wesentlich verbessert werden (§ 33 Abs 2 und 3,
§ 34 Abs. 2, Abs. 5 und Abs. 7), wozu auch gehört, daß der Jagdausübungsberechtigte ohne
mögliche Gefährdung von Waldbesuchern seiner Abschußpflicht nachkommen kann (§ 34 Abs. 2
lit. g), und
drittens die Ausübung des Freizeitsports unter Berücksichtigung der Funktionen des Waldes
gesetzlich geregelt werden.
Das althergebrachte freie Wegerecht für Fußgänger wird nicht angetastet.
In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft
zuzuweisen.