497/A XX.GP
der Abgeordneten Dr. Hlavac, Dr. Kostelka
und Genossinnen und Genossen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der
Fassung von 1929 (B-VG) geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz
BGBl. Nr. ........., wird wie folgt geändert:
1 . Art. 7 Abs. 2 und 3 lauten:
"(2) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Es ist Aufgabe des Staates, auf die
tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern hinzuwirken und Benachteiligungen zu
beseitigen. Maßnahmen zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und
Männern sind zulässig.
(3) Amtsbezeichnungen können in der Form verwendet werden, die das Geschlecht des
Amtsinhabers oder der Amtsinhaberin zum Ausdruck bringen. Gleiches gilt für Titel,
akademische Grade und Berufsbezeichnungen.
2. Der bisherige Abs. 3 erhält die Bezeichnung "Abs.4"
In formeller Hinsicht wird angeregt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem
Verfassungsausschuß zuzuweisen.
Begründung
Der Europäische Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 17. Okt0ber 1995 die
"automatische" Bevorzugung von Frauen durch eine Quotenregelung im öffentlichen Dienst
zwar als nicht vereinbar mit der Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union
(76/207 EWG) erkannt, doch hat er gleichzeitig betont, daß Maßnahmen der Förderung von
Frauen zulässig sind.
Es steht auch außer Streit, daß es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen um die tatsächliche
Gleichstellung von Mann und Frau herbeizuführen und faktische Benachteiligungen zu
beseitigen.
Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten hat daher bereits vor der Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes einen Entwurf zu einer Neufassung des Art. 7 B-VG ausarbeiten
lassen, der vom Bundeskanzleramt am 18 . Mai 1995 zur Begutachtung versandt wurde.
Der nunmehrige Antrag berücksichtigt alle gegen den Ministerialentwurf erhobenen
Einwände. Er schreibt es als Aufgabe des Staates fest, auf die tatsächliche Gleichstellung von
Frauen und Männern hinzuwirken und Benachteiligungen zu beseitigen. Ausdrücklich wird
betont, daß hiezu Maßnahmen zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen
und Männern zulässig sind.
Durch diese Ergänzung wird klargestellt, daß - entgegen den Bedenken im Begutachtungs-
verfahren - durch die Novelle der Gleichheitsgrundsatz keineswegs durchbrochen werden
soll. Selbstverständlich ist eine unsachliche Diskriminierung von Männern weiterhin genauso
verboten wie eine unsachliche Diskriminierung von Frauen, doch besteht kein Zweifel, daß
angesichts der tatsächlichen Schlechterstellung von Frauen deren Förderung mit dem
Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist.
Allerdings soll es in Zukunft ausdrücklich Aufgabe des Staates sein, in allen gesellschaftlichen
Lebensbereichen, in denen Frauen benachteiligt sind, von der Kindererziehung und der
Erbringung von Pflegeleistungen über die Berufsausbildung bis hin zum beruflichen Aufstieg,
Maßnahmen zur Gleichstellung zu ergreifen.