67/AE
der Abgeordneten Mag. Stadler
und Kollegen
betreffend umfassende Bürokratiereform
Di.e österreichische Verwaltung besaß einst einen hervorragenden Ruf:
sie galt als kompetent, effizient und sparsam.
Mittlerweile verbindet der Bürger diese Attribute nicht mehr mit der Verwaltung unseres Staates:
sie gilt heute als ineffizient, langsam und teuer.
Diese Entwicklung hat verschiedene Ursachen, wobei der Politik der letzten Jahr ehnte wohl die
Hauptverantwortung zukommt. Einerseits ergriffen die Parteien Besitz an der Verwaltung und
teilten die verschiedenen Behörden proporzmäßig unter sich auf, wobei auch über die Bediensteten
ein Netzwerk politischer Abhängigkeiten gestülpt wurde.
Andererseits wurde die Verwaltung mit immer neuen Aufgaben und Regelungen überfrachtet, was
wiederum zu einem raschen Wachstum der Zahl der Bedietsteten bei gleichzeitigem Sinken der
Effizienz und zu Verzögerungen bei der Erbringung der Verwaltungsleistungen führte.
Wiederholt wurde versucht, diese allgetnein erkannten Fehlentwicklungen durch
Verwaltungsreformen in den Griff zu bekommen: alle diese Bemühungen mußten scheitern weil sie
entweder halbherzig in Angriff genommen wurden oder nicht den nötigen Rückhalt der politischen
Führung besaßen. Die große Koalition hat es lediglich zustandegebracht, für eine sogetannte
Verwaltungsreform mehr als 100 Mio. S zu verschwenden, ohne daß dadurch ein nennenswerter
Effekt erzielt wurde.
Heute ist ein Zustand erreicht, der eine echte Reform unserer Verwaltung dringend erfordert.
Die Verwaltung erfüllt ihre Aufgaben nämlich tatsächlich nicht zufriedenstellend:
a) sie ist langsam, die Verfahren sind umständlichen, bürokratischen Regeln unterworfen und
dauern oftmals sehr lange;
b) sie ist ineffizient;
weite Bereich der Verwaltung weisen Vollzugsdefizite auf;
c) sie ist zu teuer; dies zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Personalkosten und
Personalstände des Bundes seit 1986.
Die Legitimität des Gemeinwesens hängt nicht allein von seinen demokratischen Strukturen ab,
sondern mindestens ebetso von seinen Leistungen. Wenn der öffentliche Sektor von der Politik
versprochene Leistungen nicht erbringt oder nicht erbringen kann, verliert das politische System an
Legitimität. Staatliche Leistungsfähigkeit ist eine entscheidende Voraussetzung demokratischer
Stabilität.
Der moderne Staat braucht eine moderne Verwaltung, die mehr leistet und weniger kostet.
Ihre Aufgabe ist es, gesellschaftliche Aktivitäten und Innovationen anzuregen und zu
ermöglichen, statt einzuschränken und zu behindern. Ein schlanker Staat, dessen Verwaltung
weniger kostet, wird auch seinen finanziellen Spielraum für öffentliche Investitionen nicht
unwesentlich erweitern und auf diese Weise eine effizientere Beschäftigungspolitik betreiben
können. Zielvorstellung ist ein umfassender Bürokratieabbau, der im Endeffekt zu einer
einschneidenden Reduktion der Zahl der öffentlich Bediensteten führen soll.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher folgenden
E N T S C H L I E S S U N G S A N T R A G
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine umfassende Bürokratiereform einzuleiten, die die
Leistungsfähigkeit und die finanzielle Situation des Staates verbessern und auf diese Weise
dazu beiträgt, den Spielraum für öffentliche Investitionen zu erweitern und dadurch die
Beschäftigungssituation zu verbessern und zumindest folgenden Anforderungen genügt:
1 . Es müssen die Bereiche, die vom Staat allein oder besser besorgt werden könnten, von
jenen getrennt werden, die von anderen Rechtsträgern besser besorgt werden können, und
von jenen, deren Leistungen überhaupt entbehrlich sind. Letztere Bereiche sind sodann aus
der staatlichen Verwaltung zu entfernen. Es hat somit gleichsam ein ''reinventing
government'' (Neuerfinden des Staates) zu erfolgen.
2. Die beim Staat verbleibenden Bereiche müssen einem umfassenden Bürokratieabbau
unterzogen werden. Dabei sind alle bestehenden Organisationen und Regelungen mit Ziel
einer bürgernahen, raschen, nachfrageorientierten, effizienten und kostengünstigen
Verwaltung zu hinterfragen.
3. Für jede Aufgabe der Verwaltung sind die Kosten zu ermitteln sowie, soweit möglich, ein
eigener Kosten-Nutzenvergleich anzustellen, wobei hierbei sowohl die Personal-, Sach-,
Raum-, sonst. Kosten sowie die Verwaltungsgemeinkosten einzubeziehen sind (''lean-
management'').
4. Dies erfordert eine klare Zielvorgabe der politischen Führung. Die Modernisierung der
Verwaltung muß einer der Schwerpunkte der Regierungsarbeit sein. Ein pauschaler
Sparappell oder Sparbeschluß, die Zahl der Bundesbediensteten solle in den nächsten Jahren
um einen mehr oder weniger großen Prozentsatz reduziert werden, wie von der derzeitigen
Bundesregierung verkündet, ist keineswegs ausreichend. Er verkörpert im Gegenteil
exemplarisch die ganze Einfallslosigkeit und Misere der derzeitigen Verwaltungspolitik.
In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.