763/AE XX.GP

 

der Abgeordneten Haller, Aumayr, Madl, Dr. Povysil, Dl Schöggl, Dr. Krüger

und Kollegen

betreffend Verbesserung des Rechtsschutzes im Ausschreibungsverfahren

Kurz vor dem Ausscheiden von Ex - Bundesminister Dr. Rudolf Scholten im Jänner 1997 aus

der Regierung wurde die Leitung der Abteilung I/A/8, Bibliotheken für Universitäten und

Kunsthochschulen, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, neu besetzt.

Aufgrund der Ausschreibung vom 9. Februar 1996 in der Wiener Zeitung bewarben sich acht

Personen um diese Stelle. In der Folge hielt die Ausschreibungskommission, besetzt mit vier

Männern, insgesamt fünf Sitzungen ab, wobei sowohl Herr Dr. Peter Seitz als auch Frau Dr.

Elisabeth Brandstötter als für die ausgeschriebene Funktion insgesamt in hohem Maße

geeignet erachtet wurden.

Als zusammenfassendes Ergebnis der Ausschreibungskommission wurde allerdings u.a. fest -

gestellt, daß den beiden genannten Bewerbern zwar als Qualifikationskalkül "in hohem Maße"

gegeben werde, aber dies keinesfalls die Gleichwertigkeit der beiden Kandidaten bedeute,

sondern lediglich die Einordnung in ein Kalkül mit entsprechender Bandbreite, an deren

oberen Ende Dr. Seitz und am unteren Ende Dr. Brandstötter einzuordnen seien. Auf der

Grundlage diese Gutachtens wurde Dr. Seitz, übrigens der Schwager von Wiens Bürger -

meister Häupl, am 22. Jänner 1997 von Bundesminister Dr. Scholten mit der Leitung der

Abteilung I/A/8 betraut.

Über einen Antrag der Gleichbehandlungsbeauftragten wurde die Gleichbehandlungs -

kommission mit diesem Fall betraut, welche in ihrem Gutachten zu der Feststellung kommt,

daß die Auswahlentscheidung zur Bestellung der Leiterin/des Leiters der Abteilung I/A/8 im

Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr schwere Mängel aufweise und nicht nach -

vollziehbar sei. Die zugunsten von Herrn Dr. Seitz getroffene Auswahlentscheidung verletze

das Gleichbehandlungsgebot nach § 3 Z 5 B - GBG. In ihrem Gutachten merkt die Gleich -

 

behandlungskommission noch an, daß das Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung für die

vorgenommene Reihung im Gutachten der Ausschreibungskommission den Schluß zulasse,

daß offenbar sachfremde Erwägungen für die Entscheidung des Bundesministers für Wissen -

schaft und Verkehr maßgebend waren. Abgesehen von dieser fragwürdigen Punktevergabe

würde rein rechtlich schon die Einstufung der beiden Bewerber in der gleichen Kategorie

genügen, um der Frau nach dem Bundesgleichbehandlungsgesetz den Vorzug zu geben.

Die Gleichbehandlungskommission hat somit festgestellt, daß die Funktionsbetrauung auf

Grund unsachlicher Erwägungen erfolgt ist und somit das Gesetz verletzt wurde. Daraus

erwächst jedoch für die diskriminierte Bewerberin kein nachträglicher Anspruch auf die

Funktion.

Nach der derzeitigen Rechtslage haben Bewerber um ausgeschriebene Funktionen und

Arbeitsplätze nämlich gemäß § 15 Abs. 1 des Ausschreibungsgesetzes 1989 keine Partei -

stellung. Damit fehlt jede rechtliche Möglichkeit, unsachliche Begutachtungen bzw. Funk -

tionsbetrauungen erfolgreich zu bekämpfen.

Gerade der oben dargestellte Fall zeigt jedoch exemplarisch, daß hier eine Lücke im System

des Rechtsschutzes besteht, das dem Verständnis eines modernen Rechtsstaates zuwiderläuft.

Es ist nämlich nicht vertretbar, daß über Bewerbungen gleichsam in obrigkeitsstaatlicher

Manier entschieden wird, ohne daß die Bewerber auch im Falle offenkundiger Willkür die

Möglichkeit haben sollen, eine Korrektur zu bewirken.

Es ist daher dringend geboten, Bewerbern um Funktionen und Arbeitsplätze im Sinne des

Abschnittes II des Ausschreibungsgesetzes 1989 - dabei handelt es sich um Führungsfunk -

tionen verschiedener Ebenen - sowie anderer vergleichbarer Arbeitsplätze im Bundesdienst

Parteistellung sowie das Recht, gegen Funktionsbetrauungen ordentliche und außerordentliche

Rechtsmittel zu ergreifen, einzuräumen.

Dabei soll die bekämpfte Funktionsbetrauung bis zum Abschluß des Verfahrens nur provi -

sorisch sein. Durch eine derartige Regelung kann erwartet werden, daß in Zukunft unsachliche

insbesondere parteipolitische Einflußnahmen bei Funktionsbetrauungen im öffentlichen

Dienst stark minimiert werden können. Es handelt sich somit um einen wesentlichen Beitrag,

 

der einerseits die Situation der weiblichen Bewerber, die immer noch einer latenten Diskrimi -

nierung ausgesetzt sind, zu verbessern vermag, und andererseits auch den Parteieinfluß

zurück drängen wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich den Entwurf einer Novelle zum

Ausschreibungsgesetz 1989 vorzulegen, der allen Bewerberinnen und Bewerbern um ausge -

schriebene Funktionen und Arbeitsplätze im Sinne des Abschnittes II des Ausschreibungs -

gesetzes 1989 eine Parteistellung sowie das Recht, gegen Funktionsbetrauungen Rechtsmittel

mit aufschiebender Wirkung zu erheben, einräumt.

Diese Regelung soll auch für alle anderen vergleichbaren Funktionen und Arbeitsplätze im

Bundesdienst gelten."

In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.