791/A XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol

und Genossen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes - Verfassungsgesetz

geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes  -Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes - Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das

Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 68/1998, wird wie folgt geändert:

1. Art. 23 f lautet:

„Artikel 23 f. (1) Österreich wirkt an der Gemeinsamen Außen - und

Sicherheitspolilik der Europäischen Union aufgrund des Titels V des Vertrages

über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam mit.

Dies schließt die Mitwirkung an Aufgaben gemäß Art. 17 Abs. 2 dieses Vertrages

sowie an Maßnahmen ein, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder

mehreren dritten Ländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt

werden. Beschlüsse des Europäischen Rates zu einer gemeinsamen

Verteidigung der Europäischen Union sowie zu einer Integration der

Westeuropäischen Union in die Europäische Union bedürfen der Genehmigung

des Nationalrates in sinngemäßer Anwendung des Art. 44 Abs. 1 und 2.

(2) Für Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen - und

Sicherheitspolitik der Europäischen Union auf Grund des Titels V sowie für

Beschlüsse im Rahmen der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in

Strafsachen aufgrund des Titels VI des Vertrages über die Europäische Union in

der Fassung des Vertrages von Amsterdam gilt Art. 23 e Abs. 2 bis 5.

(3) Bei Beschlüssen betreffend friedenserhaltende Aufgaben sowie

Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender

Maßnahmen sowie bei Beschlüssen gemäß Art. 17 des Vertrages über die

Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Amsterdam betreffend die

schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und die engeren

institutionellen Beziehungen zur Westeuropäischen Union ist das Stimmrecht im

Einvernehmen zwischen dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für

auswärtige Angelegenheiten auszuüben.

(4) Eine Zustimmung zu Maßnahmen gemäß Abs. 3 darf, wenn der zu

fassende Beschluß eine Verpflichtung Österreichs zur Entsendung von Einheiten

oder einzelnen Personen bewirken würde, nur unter dem Vorbehalt gegeben

werden, daß es diesbezüglich noch der Durchführung des für die Entsendung

von Einheiten oder einzelnen Personen in das Ausland verfassungsrechtlich

vorgesehenen Verfahrens bedarf.“

2. Artikel 151 wird folgender Abs... angefügt:

,,(..) Art. 23 f tritt gleichzeitig mit dem Vertrag von Amsterdam in Kraft. Der

Bundeskanzler hat diesen Zeitpunkt im Bundesgesetzblatt kundzumachen."

Erläuterungen

Der Vertrag von Amsterdam bringt im Bereich der Gemeinsamen Außen- und

Sicherheitspolitik - insbesondere durch Art. 17 des EU - Vertrages - eine Stärkung der

sicherheitspolitischen Dimension der Europäischen Union. Die Union wird nunmehr

auch in der Lage sein, die Westeuropäische Union (WEU) für die Durchführung von

sog. Petersberg - Aufgaben (humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze,

friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung

einschließlich friedensschaffender Maßnahmen) in Anspruch zu nehmen. Dadurch

erfährt die europäische Dimension der Sicherheitspolitik eine deutliche Aufwertung.

Der Art. 23 f B - VG verweist auf den Vertrag über die Europäische Union, der durch

den Vertrag von Amsterdam geändert wird. Da dieser Verweis im allgemeinen als

statischer Verweis angesehen wird und außerdem Mißverständnisse von vornherein

ausgeschlossen werden sollen, ist es erforderlich klarzustellen, daß dieser Verweis

auf den Vertrag über die Europäische Union ein Verweis auf diesen Vertrag in der

Fassung des Vertrages von Amsterdam ist. Dabei werden mit der Nennung der sog.

Petersberg - Aufgaben und der Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen

Drittstaaten die beiden in der Praxis in diesem Zusammenhang wohl häufigsten

Anwendungsfälle angeführt.

Mit dieser Änderung ist klargestellt, daß Österreich nicht nur an Maßnahmen der

Gemeinsamen Außen - und Sicherheitspolitik auf der Grundlage des Maastrichter

Vertrages - insbesondere was die Verhängung von Wirtschaftsembargos betrifft -

teilnehmen kann, sondern vollumfänglich auch an den durch den Vertrag von

Amsterdam in den EU - Vertrag (Art 17 Abs. 2) neu eingeführten sog. Petersberg -

Aufgaben. In Entsprechung des Vertrages von Amsterdam gilt dies auch für den Fall,

daß eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des

Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ergriffen wird (Art. 51 der Satzung der

Vereinten Nationen).

Weiters wird mit dieser Änderung die Inanspruchnahme der sog. konstruktiven

Enthaltung gemäß Art. 23 Abs. 1 zweiter Unterabsatz des EU - Vertrages, die

allenfalls auch Unterlassungs - und Duldungsverpflichtungen ( wie z.B. im

Zusammenhang mit Durchfuhren und Überflügen in Durchführung einer GASP -

Maßnahme, zu der sich Österreich konstruktiv enthält) begründen kann1 ermöglicht.

Eine allfällige österreichische Zustimmung zu den in Art. 17 Abs. 1 des EU - Vertrages

in der Fassung des Vertrages von Amsterdam vorgesehenen

Integrationsperspektiven einer gemeinsamen Verteidigung bzw. der Möglichkeit einer

Integration der WEU in die EU wird durch die vorgeschlagene Änderung allerdings

nicht vorweggenommen. Im Falle einer diesbezüglichen Entwicklung in der EU

würden solche Beschlüsse des Europäischen Rates jedenfalls der qualifizierten

Genehmigung durch den Nationalrat bedürfen.

Wegen der Bedeutung von Beschlüssen betreffend friedenserhaltende Aufgaben

sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender

Maßnahmen (vgl. Art. 17 Abs. 2 des EU - Vertrages in der Fassung des Vertrages von

Amsterdam) sowie von Beschlüssen gemäß Art. 17 des EU - Vertrages betreffend die

schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und die engeren

institutionellen Beziehungen zur WEU bedarf das Stimmverhalten (einschließlich der

Stimmenthaltung) des Einvernehmens zwischen dem Bundeskanzler und dem

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten.

Für den nicht auszuschließenden Fall, daß bereits durch einen Beschluß im Rahmen

der GASP eine Verpflichtung Österreichs zur Entsendung von Einheiten oder

einzelnen Personen im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes über die Kooperation

und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland

(KSE - BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, bewirkt würde, stellt die vorliegende Regelung

sicher, daß durch die Zustimmung zu so einem Beschluß das Ergebnis des im KSE -

BVG vorgesehenen Verfahrens nicht präjudiziert wird.

Aufgrund der dargelegten Neuerungen des Vertrages von Amsterdam wird es auch

erforderlich sein, entsprechende Anpassungen in einfachgesetzlichen Regelungen (§

320 StGB, Bundesgesetz über die Ein -, Aus - und Durchfuhr von Kriegsmaterial)

vorzunehmen.