906/AE XX.GP

 

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Maria Schaffenrath, Klara Motter und PartnerInnen

betreffend Maßnahmen zur Erleichterung der Väterkarenz

 

Rund um das Karenzgeld tobt seit Sommer ein großkoalitionärer ideologischer Streit.

Ministerin Prammer und Minister Bartenstein übertreffen einander mit medialen

Ankündigungen. Ein Konsens scheint unerreichbar.

Die Klärung und Entscheidung der aufgeworfenen Fragen - Höhe und Dauer der Auszahlung

des Karenzgeldes, BezieherInnenkreis, Kompetenz - und Finanzierungsfragen - aber sind

essentielle gesellschaftspolitische Weichenstellungen für das nächste Jahrhundert.

Wir Liberale wollen eine tragfähige Lösung, die einerseits die Bartenstein‘sche

Spartengrundsicherung - bereinigt um die sozial unverträgliche Gießkanne – verwirklicht,

anderseits wollen wir eine weitgehende Aufhebung all jener Regelungen, die es Männern

erschwert, in Karenz zu gehen.

1997 waren in Osterreich 115.720 Mütter, aber nur 1068 Väter, also nicht einmal ein Prozent

der Väter, in Karenz. Ausschlaggebend für dieses eklatante Mißverhältnis ist sicherlich die

nach wie vor existierende Einkommensschere zwischen männlichen und weiblichen

Berufstätigen, da der Besserverdienende (meistens der Mann) im Job bleibt, während die

Schlechterverdienende (meistens eben die Frau) Karenz in Anspruch nimmt. Bekanntlich

hängt das Karenzgeld nicht von der Höhe des Einkommens ab, das Fixum beträgt öS 5.565

pro Monat. Vor allem finanzielle Aspekte entscheiden darüber, wer in Karenz geht. Wenn,

wie bisher, der Verzicht auf Einkommen bei den Vätern um so viel höher liegt als bei den

Müttern, wird sich an der gegenwärtigen Situation kaum etwas ändern. Das traditionelle

Rollenverständnis verstärkt die Entscheidung, daß primär Frauen die Betreuungspflichten

übernehmen.

Um diesem finanziellen Moment etwas entgegenzusetzen, wollen wir die Karenzzeit analog

der Erwerbsarbeitslosigkeit behandelt wissen. 80% des Letztgehaltes - gesockelt nach unten,

gedeckelt nach oben - während der Karenzzeit sind in dreierlei Hinsicht gerechtfertigt.

Karenzzeiten entlasten den Arbeitsmarkt und somit das Budget aus der

Arbeitslosenversicherung. Solange die Versicherungspflicht besteht, ist nicht einzusehen,

warum Karenzzeiten nicht wie Zeiten der Erwerbsarbeitslosigkeit berechnet werden. Drittens

und vor allem aber wäre das finanzielle Argument, welches die Männer (oftmals zu Recht)

auf die Frage, warum sie sich nicht in Karenz gehen, ins Treffen führen, etwas entschärft.

Wenn wir in Osterreich Gleichstellung ernst nehmen, so müssen wir zweigleisig die Weichen

stellen: Erleichterung für Frauen, gleichberechtigt am Erwerbsarbeitsleben teilzuhaben,

Erleichterungen für Männer, gleichberechtigt am Familienleben teilzuhaben. Das verlangt

neben einer Neubewertung der Arbeit, vielfältigen Betreuungsangeboten. Möglichkeiten der

Teilzeitkarenz, insbesondere eine ausgewogene Aufteilung der Karenz - Inanspruchnahme von

Vätern und Müttern, damit es für ArbeitgeberInnen kein unterschiedliches Ausfallsrisiko gibt.

Nur   so    kann   erreicht   werden,   daß    sich    die   Arbeitswelt   insgesamt   auf

Vereinbarkeitsmöglichkeiten einstellt, anstatt die Frauen zunehmend vom Arbeitsmarkt zu

verdrängen.

Und die Statistik ist alarmierend: Bei Männern in der Altersgruppe zwischen 25 und 39 ist die

Erwerbsarbeitslosenrate rückläufig, bei den Frauen der gleichen Altersstufe bleibt sie jedoch

konstant hoch.

Was den Karriereverlauf betrifft, so wirken sich Kinder einzig für Frauen nachteilig aus.

Beruflich erfolgreiche Frauen verzichten deshalb zunehmend zur Gänze auf Kinder.

Möglichkeiten der Teilzeitkarenz für beide Elternteile sowie die 80% - Regelung würden auch

diesbezüglich Abhilfe schaffen. Eine Aufhebung der eingeschränkten Möglichkeiten für

Väter, in Karenz zu gehen sowie finanzielle Abhilfen würden vielen Paaren Alternativen zum

herkömmlichen Familienmuster eröffnen.

Derzeit besteht eine ganze Reihe von Hürden, die die Väterkarenz erschweren. Die Tatsache,

daß Vaterkarenz nur einen abgeleiteten Anspruch darstellt, d.h., daß dem Vater nur dann

Karenz gewährt wird, wenn die Mutter schriftlich auf ihren Karenzanspruch verzichtet, hat

zweierlei psychologische Effekte: die damit staatlicherseits zum Ausdruck gebrachte

Rollenzuordnung setzt die Mutter psychologisch unter Druck und stärkt dem Vater den

Rücken in seiner Argumentation zur Nichtinanspruchnahme. Bis 1990 konnte das Karenzgeld

überhaupt nur von der Mutter in Anspruch genommen werden. Das trägt sicher auch dazu bei,

daß nur 0,9 Prozent der Väter in Karenz gehen. Eine weitere Hürde besteht darin, daß in

Österreich während der Karenzzeit nur einmal zwischen den Eltern gewechselt werden kann.

Noch dazu muß die genaue Aufteilung der jeweiligen Bezugsdauer bis spätestens vier

Wochen nach der Entbindung mit dem/der ArbeitgeberIn abgeklärt und festgelegt werden.

Auch die Möglichkeit der Teilzeitkarenz ist sehr unflexibel geregelt. Erstens gilt auch hier die

gleiche Regelung von der Festlegung von spätestens vier Wochen nach der Entbindung und

zweitens gibt es keine Möglichkeit der Aufteilung mit zeitlicher Unterbrechung. Wollen

Eltern in Österreich Teilzeitkarenzgeld beziehen, können sie dies nur durchgehend ohne

zeitliche Unterbrechung bis längstens zum vollendetem vierten Lebensjahr des Kindes tun.

 

Die Teilung der Karenzzeit aber ist eine Grundvoraussetzung, daß sich die traditionelle

Rollenverteilung ändert und partnerschaftliche Teilhabe am Erwerbsleben wie an der

Betreuungstätigkeit nicht länger eine Utopie bleibt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und

Konsumentenschutz sowie der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, werden

aufgefordert, im Rahmen der anstehenden Neuregelung der Karenz in einer

Regierungsvorlage Maßnahmen zur Erleichterung der Väterkarenz vorzusehen, die folgenden

Erfordernissen Rechnung tragen:

 

-           Beide Elternteile haben einen eigenständigen Anspruch auf Karenz.

-           Das Karenzgeld für unselbständig Erwerbstätige soll analog der

            Arbeitslosenversicherung mit 80% des Letztgehaltes ausbezahlt werden. Eine Sockelung

            nach unten und eine Deckelung nach oben ist vorzusehen. Die Dauer der Auszahlung in

            dieser Höhe ist mit einem Jahr zu begrenzen, für weitere Monate ist eine degressive

            Regelung vorzusehen.

-           Diese Regelung gilt für die Dauer der Beibehaltung des Versicherrungsprinzips. Allerdings

            soll der BezieherInnenkreis für ein Karenzgeld erweitert werden: Neben den


 

            unselbständig Erwerbstätigen und Erwerbsarbeitlosen sollen auch

            NotstandshilfebezieherInnen und jene, die wegen eines zu hohen PartnerInnen -

            Einkommens aus der - Notstandshilfe fallen Karenzgeld erhalten.

     -      Nicht erwerbstätige Frauen und Männer (Hausfrauen/männer, StudentInnen und in

            Ausbildung Befindliche). Bauern/Bäuerinnen und Selbständige erhalten eine

            Spartengrundsicherung.

     -      Das Karenzgeld kann von Geburt an bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr aliquot mit

            entsprechender Arbeitszeitverkürzung oder mit Unterbrechungen in Anspruch genommen

            werden.

     -      Spätestens drei Monate vor der Inanspruchnahme der Karenzzeit ist mit dem/der

            ArbeitgeberIn das Einverständnis herzustellen.

     -      Die Eltern sollen sich bei der Kinderbetreuung, unter Einhaltung der Meldefrist, mehrfach

             abwechseln können.

     -      Voll -  und Teilkarenz dürfen im Rahmen der Meldefrist variiert werden.

      -     AlleinerzieherInnen haben den Anspruch auf die gesamte Karenzzeit."

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuß beantragt.