998/AE XX.GP

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Gaugg

und Kollegen

betreffend Kontrolle des ÖGB

 

Der österreichische Gewerkschaftsbund befindet sich in der Krise. Als wesentlicher Teil des

österreichischen Modells der Sozialpartnerschaft hat er deren Erfolge und Mißerfolge

mitzuverantworten.

In den letzten Jahren werden die Sozialpartnerschaft insgesamt sowie die sie tragenden

Arbeitgeber - und Arbeitnehmerorganisationen von den Bürgerinnen und Bürgern im

zunehmenden Maße als strukturkonservative Institutionen wahrgenommen, die immer

weniger imstande sind, die wahren Anforderungen unserer Zeit zu erkennen geschweige denn

adäquate Problemlösungen innerhalb angemessener Frist zu erarbeiten und umzusetzen. So

vermittelt der ÖGB nicht den Eindruck einer Kampforganisation, die bereitsteht, die

wichtigen Errungenschaften zu verteidigen, sondern erscheint als relativ unflexible Gruppe,

die neu auf die Arbeitnehmer zukommende Entwicklungen “sicherheitshalber” zurückweist.

 

Dazu kommen noch die personellen Verflechtungen, insbesondere im Bereich der

Führungsebenen, deren Auswirkungen nicht zuletzt für das enorme Glaubwürdigkeitsdefizit

der sozialpartnerschaftlichen Organisationen verantwortlich sind. So ist es kaum

argumentierbar, wenn Spitzenrepräsentanten dieser Organisationen im Parlament genau gegen

jene Beschlüsse auftreten und stimmen, die sie zuvor in den Gremien ihrer jeweiligen

Organisation mitbeschlossen haben.

 

Als mitgliederstärkste Arbeitnehmerorganisation Österreichs ist der als Verein nach dem

Vereinsgesetz 1951 organisierte ÖGB von diesem Glaubwürdigkeitsdefizit am stärksten

betroffen. Dies zeigt sich unter anderem auch am Mitgliederschwund. So verlor er allein im

Jahr 1997 insgesamt 37.500 Mitglieder, das sind rund 2 % des gesamten Mitgliederstandes

und hält nunmehr bei weniger als 1,500.000 Mitgliedern. Auf Grund dieser immer noch

beachtlichen Mitgliederzahl erwachsen ihm jährliche Mitgliedsbeiträge von rund 2,4 Mrd.

Schilling. Sein Vereinsvermögen umfaßt mehrere Milliarden S, darunter zahlreiche

Liegenschaften und Beteiligungen an beachtlichen Unternehmen. Hervorzuheben sind die

Beteiligungen im Ausmaß von 8,3 % an der Oesterreichischen Nationalbank und im Ausmaß

von rund 45 % an einer der größten Geschäftsbanken Österreichs, der BAWAG, sowie das

Firmengeflecht um den ÖGB - Verlag.

 

Ein Spezifikum stellt der sogenannte Solidaritätsfonds, auch Streikfonds, dar, über dessen

Volumen und Gebarung nur Gerüchte im Umlauf sind. Allerdings wurde sein Volumen

bereits 1986 mit bis zu 7,5 Milliarden Schilling geschätzt (vgl. Profil Nr. 41/1986, Seite 48);

damals wurde auch eine unmittelbare Beteiligung dieses Solidaritätsfonds an der BAWAG im

Ausmaß von 16,5 % kolportiert. Da der Fonds seither jährlich mit 25 Mio. Schilling dotiert

wird und die Dauer von Streiks in Österreich in Nanosekunden zu messen ist, ist er gewiß seit

1986 noch beachtlich gewachsen.

 

Die Gebarung des ÖGB wird von einer Kontrollkommission überprüft, die aus sieben

Mitgliedern und vier Ersatzmitgliedern besteht; diese Kontrollore sind ihrerseits verdiente

Funktionäre, die in den einzelnen Fachgewerkschaften an führender Stelle tätig sind.

Die Kontrolle des viele Milliarden Schilling umfassenden Vermögens und der Gebarung

erfolgt somit nur durch Funktionäre der Organisation (§ 12 der Statuten).

 

Die Gebarung der ÖGB hat in der letzten Zeit immer wieder Anlaß zu Kritik und sogar

polizeilichen Ermittlungen gegeben. So sollen bei den einzelnen Gewerkschaften

Sparguthaben existieren, von denen nur wenige Eingeweihte wüßten und die “für dubiose

Zahlungen” verwendet würden (vgl. SN vom 27. März 1996).

 

Das Firmengeflecht um den ÖGB - Verlag und die ÖGB - Druckerei Elbemühl ist in der letzten

Zeit wegen verschiedener Praktiken ins Gerede gekommen. So wurde etwa der ehemalige

Vorstand der Elbemühl wegen illegaler Beschäftigung von Ausländern verurteilt. Die zur

Elbemühl Medienholding zählende Kärntner Mediamarketing GesmbH steht unter dem

massiven Verdacht der Steuerhinterziehung. Nach Angaben des Präsidenten der

Finanzlandesdirektion für Kärnten wurde auf Grund einer Anzeige eine Hausdurchsuchung

angeordnet, wobei sich der Verdacht der Steuerhinterziehung erhärtete.

Im ÖGB - Verlag zeigt man sich überrascht. “Die Elbemühl - Tochter Inovarnedia hält zehn

Prozent an der Mediamarketing. Eigentlich ist die Firma ein Inseraten - Lieferant, dessen

Lieferungen wir durch eine Beteiligung abgesichert haben. Wenn sich der Verdacht erhärtet,

werden wir die Zusammenarbeit sofort beenden”, sagt Elbemühl - Chef Rudolf Rathbauer

(WirtschaftsBlatt, S 11, 1998).

Ganz unbeteiligt scheint der ÖGB - Verlag aber nicht zu sein. Über ein Netz von Beteiligungen

hat der Konzern nämlich weit größeren Einfluß auf die betroffene Firma. Weitere zehn

Prozent hält nämlich die zu 50 Prozent der ÖGB - Verlagstochter Printex gehörende RIP

Media, die auch die selbe Adresse hat, wie die Inovamedia. Weitere 30 Prozent hält die M.T.

Medienbeteiligungs GesmbH, die bereits einmal die Druckerei Elbemühl in die Schlagzeilen

brachte. Elbemühl - Mitarbeiter sollen über die MT durch Beteiligungen, interne

Verrechnungen und Absprachen der Elbemühl einen Schaden in der Höhe von 30 Mio. S

verursacht haben (WirtschaftsBlatt, 28.8.1998) MT soll unter anderem nach Angaben des

Branchenmagazins Print & Publishing eine Wartungsfirma gegründet haben, die gegen ein

leistungsunabhängiges Fixhonorar von 3,2 Millionen Schilling pro Jahr Wartungsarbeiten für

die Elbemühl durchführte.

 

Derartige Vorkommnisse beweisen, daß die derzeitige Kontrolle der Gebarung des ÖGB,

eines Vereins mit Geldflüssen in Milliardenhöhe und einem Vermögen ebenfalls in

Milliardenhöhe nicht den Anforderungen entspricht, die an eine derartige Großorganisation zu

stellen sind. Dazu kommt die oben erwähnte bedeutende Rolle in der Sozialpartnerschaft, die

auch in der Kollektivvertragsfähigkeit ihren Ausdruck findet. Letztere hat, und dadurch wird

die Notwendigkeit einer entsprechenden Kontrolle noch unterstrichen, auch zur Begünstigung

des § 5 Z 13 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 geführt.

 

Die Qualifikation des ÖGB als kollektivvertragsfähige Körperschaft erfordert daher eine

Gebarungskontrolle, die für vergleichbare Institutionen wie die gesetzlichen beruflichen

Vertretungen in Form der Rechnungshofkontrolle gemäß Art. 127 b B  -VG besteht. Es

erscheint nämlich sachlich nicht gerechtfertigt, die Rechnungshofkontrolle diesbezüglich

allein mit der gesetzlichen Fundierung der Körperschaften zu begründen. Selbstverständlich

soll diese Regelung für alle kollektivvertragsfähigen Körperschaften, somit z.B. auch für die

Insutriellenvereinigung oder den Bankenverband gelten.

Darüber hinaus sollen für Vereine und sonstige juristische Personen des privaten Rechts,

deren Vermögen die Grenze von 50 Mio. Schilling überschreitet, die für Aktiengesellschaften

geltenden Rechnungslegungsbestimmungen Anwendungen finden

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse einer rechtsstaatlichen und

nachvollziehbaren Gebarungskontrolle ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der

vorsieht,

 

1. alle Körperschaften, denen als Berufsvereinigung im Sinne des § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs.

    1 des Arbeitsverfassungsgesetzes die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde, in die

    Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof gemäß Art. 127 b B-VG einzubeziehen und

 

2. alle Vereine und sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts, deren

    Vereinsvermögen die Grenze von 50 Mio. Schilling übersteigt, den für

    Aktiengesellschaften geltenden Rechnungslegungsbestimmungen zu unterwerfen.

 

 

Es wird ersucht, diesen Antrag dem Rechnungshofausschuß zuzuweisen.