1146/AB

 

 

ANFRAGEBEANTWORTUNG

Die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde haben an mich am 12.Juli 1996 die schriftliche Anfrage Nr. 1165/i betreffend "die Verweigerung von Aufenthaltsrecht für ausländische Familien mangels angeblich ortsüblicher Kinderzimmer" mit folgendem Wortlaut gerichtet:

1.         Seit wann werden ablehnende aufenthaltsrechtliche Bescheide mit der Formulierung begründet, daß Ortsüblichkeit insbesondere bei einem Ehepaar mit 1 Kind so zu verstehen sei, "daß außer einem Wohnraum für die ganze Familie auch ein Elternschlafzimmer und ein eigener Schlafraum für das Kind vorhanden sein muß".

 

2.         Wie beurteilen sie die "Ortsüblichkeit" eines eigenen Kinderzimmers angesichts der vom Statistischen Zentralamt ausgewiesen Wohnsituation, wonach 47.200 österreichische Staatsbürger ein Zimmer zu dritt oder mit mehreren teilen und damit offensichtlich ebenfalls über kein eigenes Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer verfügen?

3.         Werden Sie im Sinne einer einheitlichen Behandlung von Antragstellern dafür eintreten, daß die erstinstanzlichen Behörden von einer derartig rigiden und an der Lebenspraxis nachweislich vorbeigehenden Entscheidungsfindung abgehen?

a)         wenn nein, wie begründen Sie das?

 

4.         Werden Sie bereits erlassene Bescheide dieser Art in zweiter Instanz korrigieren?

a)         wenn nein, wie begründen Sie das?

 

5.         Wie beurteilen sie die "Ortsüblichkeit" von 10 m2 Wohnfläche pro Person angesichts der vom Statistischen Zentralamt ausgewiesen Wohnsituation, wonach 61.000 österreichische Staatsbürger ebenfalls über weniger als 10m2/Person verfügen?

 

6.         Werden Sie im Sinne einer einheitlichen Behandlung von Antragstellern dafür eintreten, daß die erstinstanzlichen Behörden von einer derartig rigiden und an der Lebenspraxis nachweislich vorbeigehenden Entscheidungsfindung abgehen?

a)         wenn nein, wie begründen Sie das?

7.         Werden Sie bereits erlassene Bescheide dieser Art in zweiter Instanz korrigieren?

a)         wenn nein, wie begründen Sie das?

 

8.         Ist Ihnen bewußt, daß durch die neue Praxis, von einer dreiköpfigen Familie den Nachweis einer Dreizimmerwohnung zu verlangen, ein Großteil der in Österreich ansässigen und integrierten ausländischen Wohnbevölkerung akut in ihrer Existenzgefährdet ist?

a) wenn nein, wie begründen Sie das?

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

zu Frage 1:

 

Grundsätzlich darf hiezu festgehalten werden, daß sich diese Vorgangsweise des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 62, ausschließlich auf Erstanträge und hiebei nur nach umfangreicher Prüfung der Wohn- und Familiensituation, nicht jedoch auf Verlängerungsanträge bezieht bzw. wird ein bereits erteiltes Aufenthaltsrecht aus diesem Grund nicht entzogen. Bescheide mit der von Ihnen erwähnten Formulierung wurden erstmals 1995 aufgrund der ständig gestiegenen Beschwerden der Wiener Bevölkerung über die Bildung von Massenquartieren in Kleinstwohnungen und der damit verbundenen Belastungen bestimmter Wohngebiete erlassen. Die ohnedies in manchen Wohngebieten nicht zuletzt durch die unseriöse Geschäftspraxis mancher Vermieter bedingte, angespannte soziale Situation darf nicht verschärft werden und neu Zuwandernde sollen durch entsprechende Wohnverhältnisse bessere Chancen zur Integration vorfinden.

 

zu Frage 2:

 

Die Beurteilung der Ortsüblichkeit ist eine juristische Entscheidung im Einzelfall, die insbesondere auch von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängt.

 

Die in der Anfrage angeführten Zahlen beziehen sich offensichtlich auf das gesamte Bundesgebiet.  Für ein konkretes Gemeindegebiet kann nicht von Ortsüblichkeit gesprochen werden, wenn wie etwa in Wien nach dem vorliegenden Zahlenmaterial des Statistischen Amtes der Stadt Wien nur ca. 2,65 % der in Wien lebenden österreichischen Staatsbürger ein Zimmer zu dritt oder mit mehreren teilen. Anzumerken ist, daß die durchschnittliche Wohnnutzfläche in Wien bei ca. 33 m2 pro Person liegt. Diese Fakten hat die Behörde in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen.

 

zu Frage 3:

 

Die von Ihnen eingeforderte einheitliche Behandlung von Antragstellern wurde bereits mit Rundschreiben vom 27.Juni 1995 sichergestellt, wobei im genannten Rundschreiben darauf Bezug genommen wurde, daß die Versagung einer Bewilligung mangels ortsüblicher Unterkunft bei Verlängerungsanträgen etwa durch Geburt von Kindern im Inland oder legalem Familiennachzug nicht geboten ist. Bei Erstanträgen sind jedoch die zu Frage 1 und 2 angeführten Überlegungen für die Entscheidungsfindung der Aufenthaltsbehörden maßgeblich. Dabei muß dies ergibt sich schon aus der Bezugnahme des Gesetzes auf die übliche Situation am jeweiligen Ort allerdings der Behörde 1. Instanz ein gewisser Spielraum zugestanden werden und kommt eine strikte bundesweite Bindung nicht in Betracht.

 

zu Frage 4:

 

Auf die Anworten zu den Fragen 1, 2 und 3 wird verwiesen. Eine Behebung von Bescheiden im Berufungsweg wird je nach den Umständen des Einzelfalles dann vorzunehmen sein, wenn die Ortsüblich­keit unrichtig beurteilt wurde bzw. wenn es sich um Verlängerungsanträge handelt.

 

zu Frage 5:

 

Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen und ergänzend ausgeführt, daß die durchschnittliche Wohnfläche in Wien bei ca.,-33 m2 pro Person liegt. Man kann Ortsüblichkeit bei einer deutlich darunter liegenden Wohnfläche nicht generell annehmen, wenn etwa nur ca. 3,4 % der in Wien lebenden österreichischen Staatsbürger über weniger als 10 m2 Wohnfläche verfügen.

 

zu Frage 6:

 

Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich infolge des identen Inhaltes aus den Ausführungen zu Frage 3.

 

zu Frage 7:

 

 

Auf die Anworten zu den Fragen 1 - 3 wird verwiesen.

 

 

zu Frage 8:

 

Auf die Ausführungen zu Frage 3 darf verwiesen werden. Daraus ergibt sich, daß eine existentielle Gefährdung der integrierten ausländischen Wohnbevölkerung nicht gegeben ist.