1371/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Schuster und Kollegen haben am
30. Oktober 1996 unter der Nr. 1391/J an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
"1. Sind Ihnen die Zahlen aus der WHO-Studie über Jugendliche
Raucher in Österreich bekannt?
2. Was tun Sie, um diesem Trend der immer jünger werdenden
Raucher entgegenzuwirken?
3. Gerade bei jungen Frauen steigt die Zahl der Raucherinnen.
Was unternehmen Sie speziell dagegen?
4. Jugendliche können von der gesundheitsschädigenden Wirkung
des Rauchens schwer überzeugt werden, wenn ihnen in den
Medien ( Fernsehen, Kino usw. ) immer wieder das Rauchen und
das unfreiwillige Mitrauchen als etwas Selbstverständliches
vor Augen geführt wird. Welche rechtliche Handhabe gibt es
gegen diese Selbstverständlichkeit des Rauchens im Bereich
der Medien?
5. In Deutschland gibt es Initiativen von Eltern, Lehrern und
Ärzten, welche Schauspieler dazu auffordern, künftig nicht
mehr als rauchende Darsteller in Erscheinung zu treten.
Würden Sie eine solche Initiative unterstützen?
6. In Amerika schlagen Anti-Rauchkampagnen neue Wege ein: Um
das Image zu ändern, das die Tabakindustrie aufgebaut hat,
wird erstmals die Profitgier der Tabakindustrie auf kosten
der öffentlichen Gesundheit als Angriffspunkt gewählt. Was
sind Ihre Initiativen, um das Image der Tabakindustrie zu
ändern?
7. Welche Wirkung hat das österreichische Tabakgesetz und
dessen Bestimmungen zur Einschränkung der Werbung für
Tabakprodukte auf das Rauchverhalten der Jugendlichen?
8. Welche generellen Erfahrungen haben Sie mit dem Vollzug des
Tabakgesetzes?
9. Empirische Studien in Ländern wie Neuseeland, Norwegen,
Kanada usw. zeigen einen deutlichen Rückgang des
Tabakkonsums nach Inkrafttreten eines Tabakwerbeverbots.
Wie hoch ist der Rückgang des Tabakkonsums in Österreich
seit Inkrafttreten des Tabakgesetzes?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Die internationale Studie, "Gesundheitsverhalten von
Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren" ( The Health of
YOUTH; A Cross-National Survey) wurde von der
Weltgesundheitsorganisation/Regionalbüro für Europa in den
Jahren 1993 und 1994 europaweit durchgeführt.
Die Erhebungen in Österreich führte - im Auftrag und aus
Budgetmitteln des Gesundheitsressorts sowie mit Unterstützung
durch das Unterrichtsressort - das Ludwig Boltzmann Institut
für Medizin- und Gesundheitssoziologie durch. Die Zahlen der
nunmehr von der WHO veröffentlichten Studie sind mir daher
bekannt .
Zu Frage 2:
Das österreichische Tabakgesetz verwirklicht in einem vordring-
lichen Ansatz den Aspekt der Primärprävention des Rauchens.
Diesem Präventionsgedanken dienen Regelungen betreffend
Rauchverbote in der Schule, in ganz besonderem Maße aber auch
die Regelungen zur Beschränkung der zulässigen Tabakwerbung.
Zu Frage 3:
Zunächst habe ich das Ludwig Boltzmann Institut für Medizin-
und Gesundheitssoziologie beauftragt, eine fundierte
Interpretation der Erhebungsdaten nicht nur isoliert bezüglich
Rauchen, sondern im Gesamtkontext der erhobenen Daten - vor
allem auch unter Bedachtnahme auf die psychosozialen
Komponenten - zu erstellen, die in den nächsten Monaten zur
Verfügung stehen wird.
Auf dieser Basis wird über weiterführende Maßnahmen - im
besonderen auch im Zusammenwirken mit dem Unterrichts- und
Jugendressort - hinsichtlich der männlichen und weiblichen
Jugend zu diskutieren sein.
Zu Frage 4:
Die Beseitigung des jahrzehntelang auch über eine
diesbezügliche Film- und Fernsehtradition aufgebauten positiven
Raucherimages ist ein wesentliches Anliegen der
Primärprävention, kann in diesem Zusammenhang aber in einem
rein nationalen Ansatz nicht befriedigend gelöst werden. Hier
muß durch gemeinsames Vorgehen im Rahmen international
akkordierter Aktionsprogramme eine Änderung dieses Klischees
herbeigeführt werden. Diesbezügliche Vorstöße scheiterten
jedoch bisher leider vielfach an noch vorhandenen Widerständen
vor allem von Seiten der Industrie.
Zu Frage 5:
Vor allem wegen der Beispiels- bzw. Vorbildwirkung der
Erwachsenen sind Initiativen von Eltern, Lehrern und Ärzten in
dem erwähnten positiven Sinn ein wesentlicher Beitrag zum
angestrebten Ziel .
Zu Frage 6:
Wesentlich erscheint, gerade bei Jugendlichen die soziale
Kompetenz zu stärken und auf diesem Wege die Nachfragereduktion
zu forcieren. Dieser Zielsetzung folgt auch das EU-
Aktionsprogramm zur Gesundheitsförderung, das künftig ebenfalls
einen Schwerpunkt auf Alkohol- und Nikotinprävention setzen
wird.
Zu den Fragen 7 bis 9:
Die in der in den Jahren 1993 und 1994 durchgeführten WHO-
Studie angesprochenen strukturellen Gegebenheiten waren
wesentlicher Beweggrund für eine weitere Tabakgesetzesinitia-
tive, die im Unterschied zu den früheren diesbezüglichen
Bemühungen zu einer Regelung auf gesetzlicher Ebene geführt
haben. Dieses am 1. Juli 1996 in Kraft getretene Tabakgesetz
hat zwar in der politischen Diskussion einige Einschränkungen
gegenüber dem von meinem Ressort vorgelegten Entwurf erfahren.
Nichtsdestoweniger wird durch dieses Gesetzeswerk dem von Ta-
bakrauch passiv Betroffenen die Möglichkeit, sich in der
Durchsetzung seines Interesses auf ein gesetzlich vorgegebenes
Ordnungssystem zu berufen, erstmals in dieser umfassenden Weise
eingeräumt. Weisen diese Rauchverbotsbestimmungen auch keine
unmittelbaren Sanktionsmöglichkeiten auf, so definieren sie
doch vor allem auch auf gesellschaftspolitischer Ebene die in
der Gemeinschaft zulässigen Verhaltensweisen und verankern
damit den Schutzanspruch des Nichtrauchers als allgemeine
Selbstverständlichkeit in einer von Toleranz und Nachsicht
unabhängigen Form .
Sind auch die Regelungen des Nichtraucherschutzes im
Tabakgesetz als erster Schritt zu verstehen, der die Basis für
weiteres aktives Vorgehen bilden soll, haben die Erfahrungen
seit dem Inkrafttreten doch gezeigt, daß mit der durch die
erlassenen Rauchverbotsbestimmungen eingeleiteten
Sensibilisierung für die Anliegen der Nichtraucher große
Fortschritte im Hinblick auf die Passivraucherproblematik
erzielt werden konnten.
Die unter dem Ansatz " Schutz des Rauchers " vor unverhältnis-
mäßigen vermeidbaren Gefahren zusammengefaßten Regelungen über
Schadstoffe, Qualitätssicherung und Etikettierung sind zum Teil
an einschlägigen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts orientiert
und waren von Beginn an in ihrer Zielsetzung und Ausgestaltung
durchgehend positiv bewertet worden.
Was den durch Werbebestimmungen eingeleiteten Bereich primär-
prävention betrifft, so hat sich eine allgemeine Akzeptanz
hinsichtlich der im Tabakgesetz enthaltenen Restriktionen ge-
zeigt. Insbesondere wird mein Ressort vielfach um Inter-
pretation der Bestimmungen bzw. Beurteilung von geplanten
Werbetexten etc. ersucht. Unabhängig von den diesbezüglichen
Plänen auf EU-Ebene, die bis jetzt leider nicht erfolgreich
abgeschlossen werden konnten, hat Österreich auch in diesem
Bereich ein angemessenes Regulierungsniveau erreichen können.
Ein Verdienst der gesetzlichen Werbebeschränkungen, die im
übrigen auch durch entsprechende Strafsanktionen abgesichert
sind, ist neben der tatsächlichen qualitativen und quantita-
tiven Einschränkung der Tabakwerbung insbesondere auch eine
allgemein wesentlich erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den
Strategien der Tabakwerbung.
Da das Inkrafttreten des Tabakgesetzes noch nicht allzu lange
zurückliegt und vor allem die in der politischen Diskussion
geforderten Übergangsbestimmungen das Wirksamwerden einzelner
Bestimmungen hinauszögern, erscheint es insbesondere auch im
Hinblick auf den zweckmäßigen Einsatz der notwendigen Ressour-
cen zur Erlangung repräsentativer Ergebnisse sinnvoll, eine
Erhebung der sich im Zusammenhang mit dem Tabakgesetz ergeben-
den Auswirkungen in einer umfassenden Studie nach vollem Wirk-
samwerden der gesetzten Maßnahmen zu veranlassen.