1399/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Krüger, Mag. Trattner haben an mich eine

schriftliche Anfrage, betreffend die plötzliche Beförderung von 46 Staatsanwälten zu

"Leitenden Staatsanwälten', bzw ',Oberstaatsanwälten", gerichtet und folgende Fra-

gen gestellt.

"1. Enspricht der "Kurier"-Artikel vom 8. September 1996, Seite 6, den Tatsa-

chen? Wenn nein, in welchen konkreten Punkten ist dieser Zeitungsbericht un-

zutreffend?

2. Entspricht es den Tatsachen, daß sich das Einkommen eines im Justizminister-

ium tätigen Staatsanwaltes durch die Beförderung zum Leitenden Staatsan-

walt von etwa 50.000 S auf etwa 72.000 S brutto erhöht hat?

3. Entspricht es den Tatsachen, daß im Justizministerium mit 1.Mai 1996 insge-

samt 46 Akademiker befördert wurden?

4. Wie hoch waren die jeweiligen Gehaltssprünge der 46 beförderten Akademi-

ker?

5. Entspricht es den Tatsachen, daß 14 von den beförderten 46 Akademikern zu

Oberstaatsanwälten und 32 zu Leitenden Staatsanwälten ernannt wurden?

 

6. Entspricht es den Tatsachen, daß der im Zeitungsbericht erwähnte 43jährige

Staatsanwalt Dr. S. sein Einkommen durch die Beförderung von 54.000 S auf

71 .000 S brutto erhöhen konnte?

7. Entspricht das Zitat des Leitenden Staatsanwaltes und Pressesprechers des

Justizministeriums Gerhard Litzka ',Es hat sich nur der Titel geändert. Die Ar-

beit ist aber gleichgeblieben" den Tatsachen?

8. lst lhnen bekannt, daß die wundersame Beförderungsaktion bei Standeskolle-

gen im Wiener Landesgericht für Unmut gesorgt hat?

9. lst lhnen bekannt, daß der Standesvertreter der Staatsanwälte am Wiener

Landesgericht Friedrich Matousek nahezu täglich von Kollegen am Gang über

die wundersame Beförderungsaktion angesprochen wird?

1O. Entspricht es den Tatsachen, daß der Titel "Leitender Staatsanwalt', in der Ver-

gangenheit in ganz Österreich nur 21 Juristen vorbehalten war, und zwar den

Leitern der Staatsanwaltschaften bei den 17 Landesgerichten und 4 Oberlan-

desgerichten?

11 . Entspricht es den Tatsachen, daß es jetzt mit den 32 beförderten Staatsanwäl-

ten im Ministerium insgesamt 53 Leitende Staatsanwälte in Österreich gibt?

12. Der Leitende Staatsanwalt im Landesgericht für Strafsachen Wien leitet die

Wiener Staatsanwaltschaft.

Wen leiten die Leitenden Staatsanwälte im Ministerium? Sich selbst?

13. Entspricht es den Tatsachen, daß einer der Beförderten vor der Beförderung

9.000 S Dienstzulage bezogen hat und jetzt als Leitender Staatsanwalt

26.000 S an Dienstzulage bezieht?

14. Erachten Sie die zahlreichen und plötzlichen Beförderungen in Zeiten eines

Belastungspaketes als zumutbar?

 

15. Aus welchem Grund wurde der Titel ,'Ministerialrat" abgeschafft und der Titel

"Generalanwalt', zum Auslaufmodell erklärt?

16. Aus welchen Mitteln werden die massiven Gehaltserhöhungen finanziert?

17. Wurden die mit 1. Mai 1996 schlagend gewordenen Gehaltserhöhungen bei

den Budgets 1996 und 1997 berücksichtigt?

1 8. Bestand eine rechtliche Unabwendbarkeit für die Durchführung der Beförde-

rung und Gehaltserhöhung im erwähnten Ausmaß?

1 9. Hatten die 46 von der Beförderung und Gehaltserhöhung betroffenen Mitarbei-

ter des Justizministeriums einen Rechtsanspruch auf Beförderung und Ge-

haltserhöhung?

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

lch schicke zunächst voraus, daß die in Rede stehenden Ernennungsvorgänge ihre

gesetzliche Grundlage in der mit den Berufsvertretungen der Richter und Staatsan-

wälte akkordierten Bestimmung des § 153a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 ha-

ben, die vom Nationalrat als Teil der Besoldungsreform im öffentlichen Dienst be-

schlossen wurde. Ziel dieser Regelung war und ist es, die Laufbahnen für Akademi-

ker in der Zentralleitung des Bundesministeriums für Justiz an vergleichbare Lauf-

bahnen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften anzupassen und dadurch die Mobi-

lität zwischen Richtern und Staatsanwälten im Bereich der Justizbehörden in den

Ländern einerseits und Bediensteten der Zentralleitung des Bundesministeriums für

Justiz andererseits zu erleichtern. Seit der Neuordnung des Besoldungsrechts der

Richter und Staatsanwälte durch die 34. Gehaltsgesetz-Novelle im Jahr 1979 haben

sich nämlich im Bundesministerium für Justiz im Hinblick auf die unterschiedlichen

Besoldungsverhältnisse erhebliche Schwierigkeiten ergeben, geeigneten akademi-

schen Nachwuchs aus dem Bereich der Justizbehörden in den Ländern für die viel-

 

fältigen und oft anspruchsvollen Aufgaben in der Zentralstelle, deren Bewältigung

nicht zuletzt auch für ein Funktionieren der Rechtspflege wichtig ist, zu gewinnen.

Die oben zitierte Bestimmung lautet auszugsweise:

§ 1 53a. (1 ) ln der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz können die Plan-

stellen der Verwendungsgruppe A 1 nach Maßgabe der folgenden Zuordnung mit

Staatsanwälten besetzt werden:

1. Funktionsgruppe 6: Leitender Staatsanwalt nach § 44 Abs 2 Z 3 des Ge-

haltsgesetzes 1956,

2. Funktionsgruppe 5: Leitender Staatsanwalt nach § 44 Abs 2 Z 2 des Ge-

haltsgesetzes 1956,

3. Funktionsgruppe 4: Oberstaatsanwalt,

4. Funktionsgruppe 3: Staatsanwalt,

5. Funktionsgruppe 2: Staatsanwalt.

(2) .....

(3) Auf die Ausschreibung der Planstellen nach Abs 1 sind § 16 Abs 1 und 2,

die §§ 17 bis 19, § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1, 5 und 6 Z 1, § 22, § 24, § 25, § 27 und

§ 28 des Staatsanwaltschaftsgesetzes anzuwenden.

(4) (5) .....

Gemäß § 247a BDG 1979 konnten die Ausschreibungen und Besetzungen von

Planstellen nach § l53a BDG 1979 ab 20.11.1995 erfolgen; Besetzungen konnten

frühestens mit 1.1.1996 wirksam werden.

Zu den Anfragepunkten im einzelnen:

Zu 1 und 7:

Der angesprochene "Kurier"-Artikel vom 8. September 1996 entspricht im wesentli-

chen den Tatsachen, doch ist die dem Leser dabei vermittelte zentrale Aussage, die

Leitenden Staatsanwälte im Bundesministerium für Justiz würden lediglich "sich

selbst" leiten, unzutreffend.

Zu Leitenden Staatsanwälten nach § l53a BDG 1979 können nämlich nur Abtei-

lungsleiter, und zwar nur solche, deren Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 5 oder 6

der Verwendungsgruppe A 1 zugeordnet ist, ernannt werden. Bedenkt man, daß in

den in Betracht kommenden Organisationseinheiten auch Referenten tätig sind, und

zwar in der Regel neben Mitarbeitern des Gehobenen Dienstes und des Fachdien-

stes jeweils auch ein oder mehrere Akademiker, so haben die im Bundesministerium

für Justiz ernannten Leitenden Staatsanwälte Leitungsaufgaben wahrzunehmen, die

 

sowohl hinsichtlich der übertragenen aufgabenmäßigen Verantwortung als auch in

Bezug auf die Erfordernisse einer modernen Personal- und Mitarbeiterführung mit

der Leitung einer Staatsanwaltschaft im Bereich der Justizbehörden in den Ländern

zu vergleichen sind. Daran hat sich, und so ist auch die zitierte Aussage meines

Pressesprechers zu verstehen, seit lnkrafttreten der Besoldungsreform bzw des

§ 153a BDG 1979 nichts geändert.

Zu 2, 6 und 13:

Auf Grund einer für alle Leitenden Staatsanwälte (auch für jene im Bereich der Ju-

stizbehörden in den Ländern) geltenden Ergänzungszulagenregelung (§ 42 Abs. 5

Gehaltsgesetz 1 956) hat die Ernennung zum Leitenden Staatsanwalt bei einigen

wenigen jüngeren Abteilungsleitern zum Teil sehr deutliche Bezugsanhebungen be-

wirkt. Diese - in der angesprochenen Höhe allerdings nur in wenigen Einzelfällen

zum Tragen kommenden - Steigerungen sind eine Konsequenz aus der mit der Be-

soldungsreform verfolgten Zielsetzung einer Funktions- und leistungsgerechten und

damit nicht (ausschließlich) vom Dienstalter abhängigen Besoldung.

Zu 3 bis 5:

Mit Wirkung vom 1.5.1996 wurden insgesamt 53 Akademiker zu Staatsanwälten im

Bundesministerium für Justiz nach § 153a BDG 1979 ernannt, davon 31 zu Leiten-

den Staatsanwälten und 11 zu Oberstaatsanwälten; seither wurden noch ein weite-

rer Leitender Staatsanwalt, drei Oberstaatsanwälte und ein Staatsanwalt ernannt.

Die Ernennungen haben bei den betreffenden Mitarbeitern ganz unterschiedliche

Bezugsanhebungen bewirkt. Eine Aufzählung der jeweiligen Gehaltssprünge im ein-

zelnen kommt aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in Betracht.

Zu 8 und 9:

Wie bereits erwähnt fußen die den Ernennungen zugrundeliegenden gesetzlichen

Bestimmungen auf dem Einvernehmen mit den Berufsvertretungen der Richter und

Staatsanwälte. Weder anläßlich der Beschlußfassung im Nationalrat noch bei der

Durchführung der Ernennungsvorgänge haben die genannten Gremien die vorlie-

gende Regelung in Kritik gezogen. lch kann allerdings nicht ausschließen, daß die

Bestimmungen bei einzelnen Mitarbeitern, für die auf Grund ihres Arbeitsplatzes aus

rechtlichen Gründen keine vergleichbaren besoldungsrechtlichen Maßnahmen wirk-

 

sam werden konnten, keine Zustimmung gefunden haben. Ich bin allerdings be-

strebt, auch bei diesen Kolleginnen und Kollegen um ihr Verständnis für die Notwen-

digkeit und Zweckmäßigkeit dieser Maßnahmen im Interesse einer verbesserten

Mobilität zwischen Gerichten, Staatsanwaltschaften und Zentralleitung zu werben.

Zu 10 und 11:

Zum 1.11.1996 waren im Bereich des Justizressorts insgesamt 49 Leitende Staats-

anwälte (davon 32 in der Zentralleitung des Bundesministeriums für Justiz) ernannt.

Der Amtstitel ',Leitender Staatsanwalt" war bis zum Inkrafttreten des § 1 53a BDG

1979 den 17 Leitern der Staatsanwaltschaften bei den mit Strafsachen befaßten Ge-

richtshöfen 1. Instanz vorbehalten. Der von den Leitern der vier Oberstaatsanwalt-

schaften (Wien, Graz, Linz und lnnsbruck) geführte Amtstitel ,'Leitender Oberstaats-

anwalt', ist nach der geltenden Gesetzeslage für die im Bereich der Zentralleitung tä-

tigen Staatsanwälte nicht vorgesehen.

Zu 12:

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Wien ist, was seine Dienstzulage betrifft, dem Lei-

ter einer Oberstaatsanwaltschaft und dem Stellvertreter des Leiters der Generalpro-

kuratur gleichgestellt (§ 44 Abs. 2 Z 4 Gehaltsgesetz 1 956). Eine Dienstzulage in der

für diese Staatsanwälte vorgesehen Höhe kann nach der geltenden Gesetzeslage

von keinem der Leitenden Staatsanwälte im Bundesministerium für Justiz bezogen

werden.

Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Frage 1 .

Zu 14, 18 und 19:

Alle in der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz ernannten Staatsanwälte

leisten ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung. Wie bei den Richtern und Staatsan-

wälten im Bereich der Justizbehörden in den Ländern wurden auch bei den Staats-

anwälten in der Zentralleitung (Leitende Staatsanwälte, Oberstaatsanwälte und

Staatsanwälte sowie Generalanwälte) die Dienstzulagen mit Wirkung vom 1.6.1996

(in einer weiteren Kürzungsetappe nochmals mit 1.1.1997) in dem vom Gesetzgeber

im Strukturanpassungsgesetz 1996 festgelegten, durchaus nicht unerheblichen Aus-

maß gekürzt.

 

Wenn auch nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf eine Er-

nennung kein Rechtsanspruch besteht, so ist doch zu bedenken, daß etwa im Be-

reich der Allgemeinen Verwaltung ein Wechsel in die neue Besoldungsgruppe des

Allgemeinen Verwaltungsdienstes durch Abgabe einer bloßen ,'Optionserklärung"

(vgl. § 254 Abs. 1 BDG 1979) erfolgen kann. Hingegen sind die nach § 153a BDG

1979 vorgesehenen Ernennungsmöglichkeiten nicht durch bloße ,'Option", sondern

nur im Wege öffentlicher Ausschreibungsverfahren und nachfolgender Ernennungen

zugänglich (vgl. den Abs. 3 dieser Bestimmung). Um die in der Zentralleitung des

Bundesministeriums für Justiz tätigen Richter und Staatsanwälte nicht gegenüber

dem Bereich der Allgemeinen Verwaltung zu benachteiligen, habe ich, zumal die

Richter und Staatsanwälte nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996 einen Beitrag

zur Budgetkonsolidierung leisten, die Durchführung der in Rede stehenden Maßnah-

men als vertretbar angesehen.

Zu 15:

Keiner der in der Zentralleitung des Bundesministeriums für Justiz bereits ernannten

Ministerialräte oder Generalanwälte ist dazu verhalten, um eine Ernennung zum

Staatsanwalt gemäß § 153a BDG 1979 einzukommen. Die auf Grund dieser Bestim-

mung bestehenden Ernennungsmöglichkeiten, die auf vergleichbare Laufbahnen im

Bereich der Staatsanwaltschaften bei den Justizbehörden in den Ländern abge-

stimmt sind, erlauben jedoch eine flexiblere Handhabung bei der Umsetzung von

ressortinternen Personalbewegungen zwischen den Gerichten, Staatsanwaltschaf-

ten und der Zentralleitung, welche nicht zuletzt auch den bei den Gerichten und

Staatsanwaltschaften tätigen Richtern und Staatsanwälten zugute kommt.

Zu 16 und 17:

Die Bezüge der im Bundesministerium für Justiz ernannten Staatsanwälte werden

aus Haushaltsmitteln des Bundes getragen und bei Kapitel 30: Justiz, VA-Ansätze

1/30000 Bundesministerium für Justiz: Personalausgaben und 1/30008 Bundesmini-

sterium für Justiz: Aufwendungen, verrechnet.

Die insgesamt durch das schrittweise Wirksamwerden der Besoldungsreform anfal-

lenden Mehrausgaben werden aus den in den Bundesvoranschlägen 1996 und1997 zur

Verfügung  stehenden Mitteln sowie durch Mehreinnahmen des Justizressorts bedeckt.