1411/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.
1410/J betreffend flächensparendes Bauen, welche die Abgeordneten
Johann Schuster, Jakob Auer, Karl Freund und Kollegen am 30.
Oktober 1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Über-
sichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten
mitfinanzierte Studie "Siedlungsentwicklung in Österreich" zeigt
den dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich einer gezielten
Steuerung der Siedlungstätigkeit auf. Das ordnungspolitische
Instrumentarium der für die Siedlungsentwicklung maßgeblichen
örtlichen und überörtlichen Raumordnung liegt aber überwiegend im
Zuständigkeitsbereich der Gemeinden und Länder. Die Landesraum-
ordnungsgesetze geben der Siedlungsentwicklung Rahmenbedingungen
vor, sie wird jedoch auch durch andere raumrelevante Gesetze und
Handlungen beeinflußt , z . B . durch die Wohnbauförderung oder durch
Infrastrukturinvestitionen ( Straßen, öffentlicher Verkehr,
Wasser, Abwasser, Telekommunikation etc. ) .
Was die Reform der Raumordnungsgesetze betrifft, so haben in den
letzten Jahren bereits fast alle Bundesländer mit entsprechenden
Novellierungen Vorkehrungen für eine sparsame Verwendung von
Grund und Boden und für die Eindämmung einer weiteren Zersiede-
lung getroffen. Insbesondere Maßnahmen zur Baulandmobilisierung
und zur Reduzierung des Überhanges an gewidmetem Bauland, Infra-
strukturabgaben, verbindliche örtliche Entwicklungskonzepte und
restriktive Regelungen für Zweitwohnsitze sind in diesem Zusam-
menhang zu nennen. Die künftige Siedlungsentwicklung könnte dem-
zufolge auch bereits durch eine konsequentere Anwendung des be-
stehenden Instrumentariums der Raumordnung wirksam beeinflußt
werden .
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Mit der Förderung der erwähnten Studie wollte das Wirtschaftsmi-
nisterium zunächst die Größenordnungen und die Folgen des Flä-
chenverbrauchs aufzeigen und das öffentliche Bewußtsein auf die-
ses Problem lenken. Es ist auch beabsichtigt, den Forschungs-
schwerpunkt Siedlungsentwicklung im Rahmen der Wohnbauforschung
mit weiteren Untersuchungen zur Quantifizierung der Folgewir-
kungen ( Infrastruktur- und Energiekosten, Umweltbelastungen) und
mit der Ausarbeitung realistischer Handlungsalternativen im Wohn-
bau zu vertiefen.
Gemäß den Ergebnissen der Studie kann flächensparendes Bauen
jedoch nicht mit einzelnen Maßnahmen allein erreicht werden. Das
Ziel einer flächensparenden und nachhaltigen Siedlungsentwicklung
muß vielmehr in allen raumrelevanten Politikbereichen und auf
allen Entscheidungsebenen der öffentlichen Hand verankert werden.
Benötigt werden aufeinander abgestimmte Maßnahmenpakete, insbe-
sondere in den Bereichen Raumordnung und Wohnbauförderung, aber
auch in der Boden-, Infrastruktur- und Fiskalpolitik.
Im Bereich des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angele-
genheiten zu "betreuenden" Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes
wurden durch die Verstärkung der Aufgaben der gemeinnützigen
Bauvereinigungen im Bereich der Sanierung und Stadterneuerung
sowie zuletzt im 3. Wohnrechtsänderungsgesetz durch die Erleich-
terung der " Nachverdichtung " bestehender Bauten ( § 13 Abs.7 WGG )
Impulse gesetzt .
In eine ähnliche Richtung geht auch die in das Wohnbauförderungs-
gesetz 1984 aufgenommene Bestimmung, daß bei Gewährung einer
Förderung innerhalb von 6 Monaten nach Bezug des geförderten
Objekts die Rechte an der bisherigen Wohnung aufzugeben sind,
sowie jene des - in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für
Justiz fallenden - Mietrechtsgesetzes, die den Kündigungsgrund
der Nichtbenützung eines Mietobjektes normiert.
Zur Eindämmung der Zersiedelung im ländlichen Raum könnte ein
Abgehen von der offenen Bebauung eingeleitet werden, und der
verdichtete Flachbau, wie Reihenhaus - bzw. Atriumssiedlungen,
forciert werden. In den städtischen Gebieten könnte durch Auf-
stockung und Dachgeschoßausbau sowie Schließung von Lücken und
Hofbildung bei der früher üblichen Zeilenbauweise eine höhere
Bebauungsdichte erzielt werden.
Weiters wird angemerkt, daß den Wohnbaubanken grünes Licht gege-
ben wurde, Wandelschuldverschreibungen auch für Stadterneuerungs-
maßnahmen im Sinne des WGG zu vergeben.
Abschließend wird darauf hingewiesen, daß im Bereich der ÖROK im
Unterausschuß " Siedlungswesen" von Vertretern des Bundes gemein-
sam mit Vertretern der Länder sowie von Städte- und Gemeindebund
die Probleme des flächensparenden Bauens ausführlich diskutiert
und Aufträge zur Ausarbeitung entsprechender Studien gegeben
wurden und werden, die den Ländern bei Erlassung und Vollziehung
der Raumordnungs- und Wohnbauförderungsgesetze wichtige Impulse
und Anregungen geben sollen.
Hinsichtlich des Vorschlages, Raumkapazitäten auf Bauernhöfen für
die Wohnungsversorgung zu nutzen, wird darauf verwiesen, daß im
Rahmen der Wohnbauförderung prinzipiell auch Bestandssanierungen
sowie Zu- und Umbauten durchgeführt werden können. Darüber hinaus
bestehen Förderungsmöglichkeiten für die Schaffung von Privat-
quartieren bei touristischem Nebenerwerb. Ob die Kapazitäten auf
Bauernhöfen für die Wohnungsversorgung geeignet sind, ist aus
kleinräumiger Sicht zu beurteilen: In den für den Tourismus
attraktiven Gebieten, ebenso wie in den Stadtumländern (d.h. in
den Gebieten mit der größten Siedlungsdynamik) gibt es kaum leer-
stehende oder untergenutzte landwirtschaftliche Gebäude. In den
übrigen Gebieten sollte eine Neunutzung ländlicher Bausubstanz
und Bestandsverdichtung nur innerhalb der Ortskerne bzw. dort, wo
eine kosteneffiziente Erschließung gewährleistet ist, befürwortet
werden.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Die Koordinierung für den Bereich der Raumordnung fällt in den
Bereich des Bundeskanzleramtes und hier insbesondere in jenen der
bei ihm eingerichteten Österreichischen Raumordnungskonferenz
( ÖROK ). Über mögliche Gespräche zur Reform der Raumordnungsge-
setze und deren Inhalt ist seitens des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Angelegenheiten nichts bekannt.
Es wird jedoch bezweifelt, daß eine Einschränkung des Eigentums-
rechtes durch Vermietung oder Verkauf ( zwangsweise ) von Wohnraum
an Nicht-Familienmitglieder im Interesse des Inhabers des Bauern-
hofes liegt .
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten liegen
keine deartigen Berechnungen auf . Es stellt sich aber die Frage,
ob derartige finanzielle Quantifizierungen überhaupt möglich sind
bzw. welche Aussagekraft ihnen zukommen würde.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Im Bereich der Raumordnung kommt Österreich und auch der Bundes-
republik Deutschland eine Art " Vorreiterrolle " zu .
Vergleichende Daten sind nicht vorhanden. Es wäre aber möglich,
daß die ÖROK - vor allem im Zuge von vergleichenden Studien -
über derartiges Vergleichsmaterial verfügt.